Nach Die Wolken von Sils Maria ist Personal Shopper die zweite Zusammenarbeit von Olivier Assayas mit Kristen Stewart. Der Film wird zwar oft als Mysterydrama gelabelt, ist aber eigentlich das beste Beispiel für einen genreübergreifenden Film. Er schafft den Spagat zwischen Drama, Mystery und Krimi. Personal Shopper beginnt mit Maureen, gespielt von Kristen Stewart, die vor Kurzem ihren Zwillingsbruder Lewis verloren hat. Beide hatten denselben Herzfehler und schworen sich, dass derjenige, der zuerst geht, dem anderen aus dem Jenseits eine Nachricht zukommen lässt. Und Maureen wartet. Dabei geht sie soweit, dass sie Nächte in Lewis‘ Haus verbringt und jedes Knarzen und Klopfen in Frage stellt. Bis sie eines Tages seltsame SMS von einem Unbekannten erhält. Ist es Lewis?
Obwohl der Anfangskonflikt und das Grundszenario sehr konventionell und eher nach Gefühlskino klingen, traut sich Personal Shopper viel und ist anders als man erwarten könnte. Dass es Geister gibt, daraus macht das Drehbuch keinen Hehl. Es dauert nicht lange bis Maureen welchen begegnet. Mit Zweiflern muss sich Maureen ebenfalls nicht rumschlagen – die meisten Menschen in ihrem Umfeld glauben an die Existenz von Geistern, sind spirituell veranlagt oder verstricken sich zumindest nicht in existenzielle „Glauben-oder-nicht“-Diskussionen mit Maureen. Ob es Geister gibt oder nicht ist ganz klar nicht Fokus des Films. Für zweifelnde Zuschauer ist es unter Umständen schwierig soviel Verständnis zu begegnen 😉 Vielmehr ist Maureens Sinnsuche Gegenstand des Films. Sie verdient sich als Personal Shopper – das erklärt auch den Filmtitel. Das heißt, dass sie für andere einkaufen geht. Für andere wäre es wohl ein Traum sich mit teuren Kleidern und Luxuswaren zu umgeben, die ein Star bezahlt. Maureen ödet der Job allerdings an und sie verachtet die Prominente, für die sie arbeitet.
Wer oder was auch immer ihr Textnachrichten schreibt, weiß was Maureen im Inneren antreibt und ermutigt sie dazu ein bisschen zu rebellieren bis etwas unvorhersehbares passiert und sich der Film zu einem Krimi entwickelt. Bereits die Nachrichten, die Maureen erhält, schrauben die Spannungskurve hoch. Jemand oder etwas beobachtet sie, scheint sie gut zu kennen und in ihrer Nähe zu sein. Maureens Sinnsuche mündet in ein beklemmendes Stalker-Drama. Eine anziehende und aufrüttelnde Mischung, die Kristen Stewart fast alleinig meistert. Aber Indie-Kino stand ihr schon immer besser als Popcorn-Kino – und das ist ein Kompliment. Personal Shopper fängt beklemmend ein wie hoffnungslos das Warten auf eine Antwort sein kann. Und stellt die Frage: Wie lange soll man warten? Letztendlich macht sich Maureen durch das Warten verwundbar. Das Ende von Personal Shopper bleibt lange im Hinterkopf genauso wie die ungewöhnliche Mischung des Indie-Streifens.
Personal Shopper, Frankreich/Deutschland/Belgien/Tschechien, 2016, Olivier Assayas, 106 min
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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