Es ist ja so: zu manchen Serien gibt es vielleicht nicht soviel zu sagen oder zu analysieren wie bei anderen. Oder manchmal ist es eine schöne Übung sich kurz zu fassen. Es heißt also wieder „challenge accepted“. 😀 Ziel ist es die gesehenen Serienstaffeln in nicht mehr als fünf Sätzen zu besprechen. Schachtelsätze sind dabei verboten. Das ganze funktioniert (wie immer) spoilerfrei für die Staffel, die ich reviewe. Nicht spoilerfrei für vorangegangene Staffeln. In fünf Sätzen auch ich ja auch gar keine Zeit viel zu spoilern! Das inoffizielle Thema ist heute: „die besten und die schlechtesten!“
„Mr. Mercedes“ Season 2
Anders als in der Kontinuität der Buch-Trilogie knüpft die zweite Staffel um den emeritierten Ermittler Bill Hodges (Brendan Gleeson) direkt an die erste Staffel an. Während es bei den Büchern noch ein Zwischenspiel um einen anderen Mordfall gibt, wird Hodges und der Zuschauer hier direkt mit Freak-Accidents und Selbstmorden konfrontiert, die im Umfeld des komatösen Brady Hartsfield (Harry Treadaway) aka des Mercedes-Killers stattfinden. Könnte daran liegen, dass im Krankenhaus an Hartsfield nicht zugelassene Medikamente ausprobiert werden, die ihn befähigen Gedankenkontrolle auszuüben und damit den einstigen Krimi in Richtung klassischen Stephen-King-Horrors verschieben, was damit dann das Ende aller Kreativität ist. Wurde die Reihe vorher dafür gelobt, dass sie ganz andere Wege geht, ist hier alles beim Alten und dazu noch unverschämt banal, langatmig und hanebüchen. Dank vieler Red Herings und nicht aufgegriffener Behauptungen, sind die verbliebenen drei Sternchen einzig und allein den tollen Darstellern zu verdanken. (3/10)
„MR. MERCEDES Season 2 Official Trailer | Stephen King Audience Network Series“, via Film Freaks by FilmIsNow (Youtube)
„Mr. Mercedes“ Season 3
In der dritten und so wie es aktuell aussieht vorerst letzten Staffel kommt die Serie auch zu einem akzeptablen, aber leider wenig spannenden Abschluss. Anders als in der Chronologie der Buchreihe, geht es nun hier um den Mord an einem in Bill Hodges (Brendan Gleeson) Stadt ansässigen Kult-Buchautor namens John Rothstein (gespielt von niemand geringerem als Bruce Dern!) und den Verbleib seines Geldes und seiner Notizbücher. Gleichzeitig ist die Staffel auch ein Gerichtssaal-Drama, indem der Fall von Lou (Breeda Wool) verhandelt wird. Beide Parallelhandlungen dienen dem übergreifenden Thema „das Erbe des Mercedes-Killers“, was an sich ein schöner Kniff ist. Trotz guter schauspielerischer Leistungen (was würde die Serie ohne Brendan Gleeson tun!), sind die einzelnen Handlungsfäden lähmend in die Länge gezogen und der Kriminalfall um Rothstein, seinen Mörder und dessen Komplizin ist ein wirrer Bullshit, den man kaum anschauen kann. (3/10)
„The Americans“ Season 5
In der fünften Staffel arbeiten „Philip“ (Matthew Rhys) und „Elizabeth“ (Keri Russell) am Fall einer sowjetischen Überläufer-Familie, der ihnen die Sehnsucht nach der Heimat vor Augen führt und gleichzeitig wie grausam ihre Einmischung sein kann. Andererseits haben sie mit den Auswirkungen der Episode mit William und dem Lassa-Fieber zu kämpfen, begegnen einem verblendeten und überraschend kaltblütigen Spion-Nachwuchs und merken, dass sie keinen Elan und kein Interesse mehr haben Fälle mittels Verführung aufzuziehen. Da inzwischen beide sehr ähnlich empfinden, scheint die Zeit gekommen zu sein, wo sie versuchen sich zurückzuziehen? Ganz nebenbei müssen sie sich mit einigen Veränderungen in ihrem Umfeld rumschlagen und werden so offensichtlich wie selten zum Spielball von Mother Russia, die nicht so sauber und gerecht ist wie man ihnen vorher weismachen wollte. Damit wiederholt sich The Americans doch erneut stark selber und sollte jetzt endlich zum Abschluss finden (was es in Staffel 6 dankabrerweise tut), bleibt aber trotzdem immer noch eine der besten Serien, die ich bisher gesehen habe. (8/10)
„The AMERICANS (Trailer Season 5)“, via Nikola Matthew (Youtube)
„Biohackers | Offizieller Trailer | Netflix“, via Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz (Youtube)
„Biohackers“ Staffel 1
In der neuen deutschen Netflix-Serie kommt Mia nach Freiburg (Luna Wedler), um dort Medizin zu studieren und trifft auf eine recht bunte Biohacker-Szene. Eigentlich will sich aber Mia an der berühmt-berüchtigten Professorin Tanja Lorenz (Jessica Schwarz) rächen, mit der sie eine Vergangenheit hat. Eins der großen Probleme der Serie ist, dass sie daraus keinen Hehl macht und den ach so geheimen Plan quasi von der ersten Sekunde an offenlegt und die Spannung rausnimmt. Auch ansonsten verliert sich die Serie in einem allzu beliebig gewürfelten Storytelling ohne Biss und mit blassen Charakteren (mal abgesehen von der sehr coolen WG von Mia) und viel zu beliebigem Tech-Talk-Dropping. Zwischen den Bullshit mischt sich dann auch noch die Frage was zur Hölle das eigentlich für ein Grundstudium ist voller Genfähren, hoch-ansteckende Viren, fluoreszierende Pflanzen, Bio-Orchester, wo man doch eigentlich mit Dingen anfängt wie „Analysis I“ … aber naja.(5/10)
„Sherlock“ Season 1 (Rewatch)
Kaum zu glauben, dass ich bisher nie über die Sherlock-Holmes-Adaption und -Modernisierung aus dem Jahr 2010 geschrieben habe, obwohl es eine meiner Lieblingsserien ist!? 🙂 Die Geschichte ist bekannt: Benedict Cumberbatch schlüpft hier in die Rolle des Sherlock Holmes und Martin Freeman ist als Dr. Watson zu sehen. In drei spielfilmlangen Episoden produziert von Steven Moffat und Mark Gatiss lösen sie Fälle, die u.a. auf Sir Arthur Conan Doyles Eine Studie in Scharlachrot basieren, aber stets im modernen London spielen. Hier schreibt Watson einen Blog über Sherlocks Fälle und der recherchiert nicht selten mit dem Smartphone. Dabei ist die erste Staffel v.A. die „Origin-Story“ der Freundschaft, die sowohl Sherlock als auch John aus einem mit Fassung getragenen Jammertal holt und nachdem ich sie neulich nochmal geschaut habe, finde ich die Staffel immer noch grandios! (9/10)
„Sherlock“ Season 2 (Rewatch)
In der zweiten Staffel der BBC-Neuinterpretation des Sherlock-Holmes-Stoffs haben sowohl der (Benedict Cumberbatch) als auch John Watson (Martin Freeman) nach der Armut (Staffel 1) mit plötzlicher Berühmtheit zu kämpfen. Inzwischen kennt jeder den Detektiv und seinen Assistenten, was sowohl Fluch und Segen ist. Im Hintergrund lauert die stetige Gefahr durch Sherlocks Counterpart, den Consulting Criminal Jim Moriarty (Andrew Scott). Die zweite Staffel enthält eine ausgeprägte Menge an Kinkyness (Stichwort Irene Adler als Domina) und Fanservice, aber auch fabelhafte Auslegungen des doyleschen Stoffes wie die Adaption von Der Hund der Baskervilles. Für mich so ziemlich die perfekte Serie bzw Serienstaffel, zumal sie es auch schafft über das Case of the Week Schema hinaus zu erzählen. (10/10)
„Sherlock – Staffel 2 Trailer [HD] Deutsch / German“, via polyband (Youtube)
„Sherlock“ Season 3 (Rewatch)
Wie heißt es so schön in der Serie: es ist nicht der (Reichenbach) Fall, der dich umbringt, sondern die Landung. 😉 Leider haben sich die Serienschöpfer die überwältigend positiven Meinungen zur zweiten Staffel zu sehr zu Kopf steigen lassen und übermäßig eingesetzt, was dort so gut funktioniert hat: zu viel Fanservice. Nachdem Sherlock also wieder da ist und bei John einiges wieder gut zu machen hat, setzt die Handlung deutlich mehr auf Comedy und rühriges als auf Crime und auch das Bemühen um Twists mündet hier in zu hanebüchenen Auflösungen und zu krassen Aktionen der Figuren (Stichwort Heiratsantrag, Exil). Dass der Fokus stark verloren geht, sieht man u.a. daran, dass hier mehr vierte Staffel vorbereitet wird als den eigentlichen Bösewicht der dritten Staffel zu platzieren, obwohl Lars Mikkelsen eine wirklich schaurig-widerliche Performance abgeliefert hat, so wie man es sich wünscht. Das Special Die Braut des Grauens ordne ich mal der dritten Staffel zu, macht wirklich Laune und nochmal ein paar Sternchen auf der Skala gut. (8/10)
Das ist ja ein schönes Auf und Ab bei den Bewertungen, oder? Erst jetzt fällt mir auf, dass fast alle heute besprochenen Serien mehr oder weniger Krimis sind. Wie passend zum „Noirvember“. Fast so, als ob ich das geplant hätte. (Habe ich aber dieses Mal nicht.) Fun-Fact übrigens: ich bin die ganze Zeit davon ausgegangen, dass die fünfte Staffel von „The Americans“ die letzte ist. Und nicht nur so als „Ahnung“, sondern felsenfest überzeugt. XD Dementsprechend war ich sehr enttäuscht von dem „Serien-Ende“, das ganz offenkundig keines ist. Als ich dann nachlas und feststellte, dass erst die sechste die letzte Staffel ist, musste ich erstmal meine Meinung und Wahrnehmung korrigieren … vielleicht ist das der Grund, warum ich so lange mit der Besprechung gewartet habe. Die finale Staffel ist übrigens wirklich großartig – die Besprechung folgt. Aber irgendein großer Mensch hat mal gesagt, dass es wichtig ist seine Irrtümer zugeben zu können oder so.
Apropos Irrtümer: in „Mr Mercedes“ nerven die ständigen falschen Literaturverweise wie das Brady Hartsfield Frankenstein wäre, wobei allgemein bekannt ist, dass Frankenstein der Doktor und nicht das Monster ist. Aber vermutlich ist das ein überstrapazierter Hinweis auf die großartige Serie Penny Dreadful, wo Treadaway tatsächlich den Doktor spielt. Welche der hier besprochenen Serien habt ihr auch gesehen? Und wo ist unsere Wahrnehmung gleich? Wo nicht?
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
Schreibe einen Kommentar