Horrorctober 2022 – Woche 5 („Hatching“, „Katzenmenschen“, „The Call“ & „Malignant“) & Fazit

Das war’s! 🙂 Ich habe geschafft alle Filme zu schauen, die ich mir vorgenommen habe. Fatalerweise war ich so neugierig, dass ich mir für Halloween selber keinen übrig gelassen habe. Aber da draußen gibt es ja noch eine Menge mehr schaurige Filme, Serien und Bücher, die ich gern lesen oder sehen würde. Zumindest kann ich so recht pünktlich berichten, welche Filme vielleicht für euren Halloweenabend taugen oder welche man lieber meiden sollte… . Besprechungen sind spoilerfrei.

Hatching

Das junge Mädchen Tinja (Siiri Solalinna) lebt in einer dauernden Social-Media-wirksamen Kampagne ihrer Influencer-Mutter (Sophia Heikkilä). Alles perfekt hier. Ehe perfekt. Familie perfekt. Zuhause perfekt. Tinjas Karriere als Gymnastin perfekt. Oder? Als Tinja „nicht performt“, reagiert ihre Mutter aber nur mit unter der Oberfläche brodelndem Zorn statt Empathie. Außerdem entdeckt sie, dass ihre Mutter eine Affäre hat. Das Bild löst sich langsam auf. Tinja findet derweil ein Vogel-Ei, das zuerst größer und größer wird. Und als es schlüpft, bahnen sich darin Tinjas dunkelste Gedanken einen Weg an das Tageslicht.

Hatching überlässt wenig der Fantasie, was auch einer der einzigen Kritikpunkte an dem Film für mich ist. Kein Platz für Interpretation und Subtilität. Die ganze Umgebung des Familienhauses und der Nachbarschaft ist enorm stark durchgestylt und Eindruck einer perfekten Scheinwelt, was für das Sinnbild auf Influencer-getränkte Bilderwelten sicherlich gerade richtig ist. Aber hätte es wirklich soviel davon gebraucht? Dann noch alles in rosa und Rosenwandtapeten? Die Botschaft wäre auch verstanden worden, wenn sie etwas subtiler gewesen wäre. Auch die schiere Masse an Themen ist sehr dick aufgetragen. Neben der blutigen Satire auf Perfektionismus, Selbstoptimierung, Leistungsdruck, toxische-Mutter-Tochter-Beziehungen mischt sich natürlich auch noch das Projizieren der verlorenen Profisportlerinnen-Karriere von Tinjas Mutter auf Tinja, die natürlich hart angetrieben werden muss, um den Traum ihrer Mutter zu erfüllen. Uff. Wirkungsvoll, stark gemacht, aber auch viel. Ansonsten bleibt da aber auch enorm viel Sympathie für die Animatronik hinter dem, was da aus dem Ei schlüpft. Ebenso für die metaphernreiche Bildwelt, den Designwillen und einen Influencer-Horrorfilm. 😉 War überfällig.

Hatching (OT: Pahanhautoja), Finnland, 2022, Hanna Bergholm, 89 min, (8/10)

Sternchen-8


HATCHING Trailer German Deutsch (2022), KinoCheck Horror, Youtube


Katzenmenschen – Jetzt auf Blu-ray und DVD! – von Jacques Tourneur – Filmjuwelen, Film- und Fernsehjuwelen, Youtube

Katzenmenschen

Irena (Simone Simon) ist eine aus Serbien eingewanderte Modezeichnerin, die bisher wenig Anschluss in New York City gefunden hat. Als sie im Central Park die Panther skizziert, wird sie von Oliver (Kent Smith) angesprochen. Beide verlieben sich schnell ineinander. Doch selbst nach der Hochzeit ist Irena nachdenklich und geht auf Distanz. Sie denkt, dass sie von den Katzenmenschen abstammt. Einer einst verhexten Volksgruppe, die sich in Raubkatzen verwandelt, sobald sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Jacques Tourneurs Filmklassiker ist dabei die Tragödie einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Dadurch, dass sie ihren Mann schützen will, schürt sie eben gerade all die Emotionen, die sie vermeiden wollte. Insbesondere als Eifersucht in’s Spiel kommt, stellt sich bald schon die Frage, ob an Irenas Aberglauben nicht doch etwas dran ist.

Katzenmenschen wurde unter allen möglichen Einschränkungen ins Leben gerufen. Begrenztes Budget, begrenzte Zeit. Und ist dabei ein Meisterwerk der Suspense und des Spiels mit Licht und Schatten. geradezu ein Musterbeispiel. Die Geräuschkulisse der jammernden Großkatzen im Central park ist bis zu Irenas Appartement zu hören. Nicht selten ist ein Schatten zu sehen, der vielleicht von einem Menschen, vielleicht aber einem Raubtier kommt. Der ikonische jump scare in einer Szene hat sogar seinen eigenen Namen: den Lewton Bus (nach Produzent Val Lewton) – eigentlich entwickelt von Cutter Mark Robson. Katzenmenschen ist in allem wahnsinnig gut. Auch die freudschen Aspekte der Angst vor der eigenen Leidenschaft per Hypnose zu ergründen und das Bestreben Irena einen Psychiater zur Seite zu stellen, erscheint mir als relativ zeitgenössischer und dankbarerweise naheliegender Move für einen Film der 1940er Jahre. Was letzten Endes etwas schal schmeckt ist, dass die Geschichte der Katzenmenschen einen xenophoben Touch hat, der die (pseudo-)serbische Folklore romantisiert und exotisch labelt. Google ich Katzenmenschen und Serbien, finde ich nur den Film. Alles ausgedacht? Nichtsdestotrotz – ein großartig gemachter Film voll Gefahr, schwelgerischen Momenten und dunklem Foreshadowing.

Katzenmenschen (OT: Cat People), USA, 1942, Jacques Tourneur, 73 min, (8/10)

Sternchen-8

The Call

Manchmal geht man besser nicht ans Telefon. Seo-yeon (Park Shin-hye) kehrt in ihr Elternhaus in einer ländlichen Gegend zurück, um ihrer kranken Mutter (Kim Sung-ryung) beizustehen. Da klingelt das Festnetz-Telefon. Am anderen Ende ist eine junge Frau, Young-sook (Jeon Jong-seo), die offenbar in Schwierigkeiten steckt. Außerdem behauptet sie in derselben Adresse zu wohnen wie Seo-yeon. Nach ein bisschen Recherche findet sie heraus, dass Young-sook vor Jahren mit ihrer Stiefmutter in dem Haus wohnte. Wie auch immer es möglich ist, scheint das Telefon ein Draht in die Vergangenheit zu sein. Seo-yeon beschließt Young-sooks Leben zu retten und die Vergangenheit zu ändern.

Obwohl der Film auch „1001 Twists“ heißen könnte, nehme ich mal einen vorweg: Dass Seo-yeon ihre Freundin aus den 90ern rettet, wird sie noch bereuen. Young-sook ist nämlich kein Kind von Traurigkeit. Ihre Handlungen in der Vergangenheit beeinflussen ab da Seo-yeons Leben und sorgen für den eigentlichen Horroraspekt im ansonsten eher als Thriller einzuordnenden The Call. Seo-yeon kann sich nie in Sicherheit wiegen, wo sie sich in kurzer Zeit wiederfindet und ihr Leben ist plötzlich alles andere als selbstbestimmt. Die Szenen in denen sich die Gegenwart durch Änderungen in der Vergangenheit anpasst, sind allerdings trotz relativ „okayer“ Effekte höchst gewöhnungsbedürftig. Optisch liegen sie irgendwo zwischen Sci-Fi und Surrealismus – hier hat man sich nicht so recht entscheiden können. Für das Zeitreise-Telefon gibt es letzten Endes keine Erklärung. Im Grunde braucht es das auch nicht. The Call hat ein interessantes Gedankenexperiment, das ist alles. Warum Energie an Erklärungen verschwenden, die eh nur hanebüchene Stilbrüche werden können? Aber die Masse der Twists überspannt letzten Endes den Bogen und die Geduld. V.A. die letzte hätte es nicht gebraucht. Obwohl man dem Film soviel lassen muss: storytechnisch geht es innerhalb der Grenzen des Films logisch auf.

The Call (OT: 콜 „Call“), Südkorea, 2020, Lee Chung-hyun, 112 min, (5/10)

Sternchen-5


The Call | Official Trailer | Netflix, Netflix Asia, Youtube

Malignant

Nachdem Madisons (Annabelle Wallis) Mann von einem Einbrecher getötet wurde, verliert sie auch noch ihr Baby. Ihre Welt liegt in Scherben. Zwar will sie nicht auch noch ihr Zuhause verlieren, aber die Rückkehr in das Haus ist erwartungsgemäß emotional und verunsichernd. Und dann noch viel mehr als das. Sie hat Albträume, in denen sie bewegungslos Zeugin blutiger Morde wird. Bald schon kommt sie zu zwei furchtbaren Erkenntnissen: 1. die Morde geschehen tatsächlich und 2. der Mörder ist auch der ihres Mannes.

Malignant scheint so ziemliches alles zu verbinden, was das Horrorgenre zu bieten hat. Schaurige Momente, Jump Scares, Experimente an Menschen (zumindest kann man das vermuten), übernatürliche Fähigkeiten, Home Invasion, Splatter und blutige Morde und eine handvoll Twists. Der große Twist um die Auflösung wie alles zusammenhängt und wo Madison in dieses Spiel reinpasst ähnelt einem Stephen King Roman – ich verrate nicht welchen. So habe ich mich daran erinnert gefühlt und den großen Twist leider kommen sehen. Trotzdem macht James Wans Regiearbeit und Akela Coopers Skript eine fantastische Arbeit Spuren zu legen ohne das ganze Ausmaß zu früh erkennen zu lassen. Malignant ist eine Feier auf das Horrorgenre. Je nachdem wie die Zuschauenden gestrickt sind, kann es aber sicherlich auch überwältigend und ein touch too much sein. Ob ich nun die Fähigkeit des Mörders Elektrizität zu beeinflussen gebraucht hätte, weiß nicht. Hätte auch nicht geschadet, wenn es fehlt. Ein deutsches Filmportal titelte, dass Malignant die Geburtsstunde eines neuen Kult-Killers sei – und da gebe ich recht! was aber auch Fakt ist: wäre das ganze mit einem Hauch weniger Fingerspitzengefühl umgesetzt worden, wäre es purer Quatsch geworden. Und für viele ist es das sicherlich auch.

Bei all dem kultigen Verneigen vor Subgenres des Horrors ist da auch dieser nicht mehr besonders leichte Anflug von Drama, der Zuschauende regelmäßig rausreißt. Der Bruch in den Szenen und der Atmosphäre entsteht v.A. durch den wenig subtilen Einsatz von Musik an unpassenden Stellen, manchen Jump Scares (Stichwort Schwester und Fenster) oder auch den zugespitzt überdramatisierten Szenen in denen die Polizei Madisons Haus umstellt. Blaulicht, Regen, viele Beamte, mit viel Tränen und Geschrei, mit dramatischer Musik – in den Szenen ist es schwer zu entscheiden, ob Malignant auch versucht Satire zu sein. Und wenn schon, dann entweder ganz oder gar nicht. Aber besser gar nicht, wenn es schon soviele Eindrücke und Subgenres gibt. Trotzdem ist Malignant ein Gesamtpaket, das in seiner konsequenten Verneigung vor Horror-Tropen und cleveren Kompositionen überzeugt, nur vielleicht nicht in allen Teilen seiner Summe.

Malignant, USA, 2021, James Wan, 111 min, (8/10)

Sternchen-8


MALIGNANT – Offizieller Trailer #1 Deutsch German (2021), Warner Bros. DE, Youtube

Und sonst so?

Nichts! Da ich gerade an einem etwas längeren Leseprojekte sitze, bin ich gar nicht dazu gekommen die Bücher zu lesen, die ich mir einst vorgenommen habe. D.h. weder der Vogelgott, noch Berge des Wahnsinns von Gou Tanabe nach H.P. Lovecraft. Vielleicht klappt es heute oder morgen noch, mal sehen. Ähnlich lief es für mich mit Serien. Ich schaue immer noch Mike Flanagans The Midnight Club aka Gänsehaut zur Mitternacht. Finde das zwar okay, aber nicht spannend genug, um mich zu motivieren es schneller weiterzuschauen. Entsprechend habe ich es auch noch nicht zu Ende gesehen.

The Best, The Worst, The Weird 😈

War ein cooler Horrorctober. And friendly sponsored by film bloggers. Ich als Horrorfan habe das nicht auf mir sitzen lassen, dass ich selber wenige Filme in meinem Horrorctober 2021 mochte. Jedes Mal, wenn mir von der freundlichen Blogosphäre 2021-2022 ein Film empfohlen wurde oder einfach für mich interessant klang, habe ich mir den notiert und quasi dank euch dieses Mal wirklich einen spannenden Horrorctober erlebt. 😉 Vielen Dank!

Meine Top 5 Filme waren His House, Fresh, Maligant, Fright Night (1985) und Hatching in eben dieser Reihenfolge. Dicht gefolgt von Katzenmenschen. Fresh mag zwar nicht direkt der klassische Horrorfilm sein, aber erstens ist das Gefühl von Gefahr in dem Film real 🙂 und zweitens mochte ich es sehr als Horrorsatire auf (Online) Dating. Something Wicked This Way Comes ist ein angenehm schauriger, familientauglicher Film. The Innkeepers ist cool, wenn man bis zum Ende durchhält, entsprechend anfangs etwas langatmig. Hausu ist eher eine als Horrorfilm verkleidete Satire. Sehenswert, keine Frage. Aber zu Recht v.A. interessant für Liebhaber:innen des japanischen Films. The Call übertreibt da wo Mr. Harrigan’s Phone untertreibt. After Midnight verheddert sich in einem sehr länglichen Ende. Wegen Sandra Oh wollte ich Umma sehr gern mögen, aber der Film funktioniert für mich kaum. Konzentriert sich gefühlt auf alles nur nicht auf das, was spannend gewesen wäre. Die Liste gibt es natürlich auch auf Letterboxd und die vorherigen Besprechungen sind unten verlinkt. Happy Halloween!

Zu den bisherigen Artikeln des Horrorctobers 2022
Ankündigung
Woche 1-2 „His House“, „After Midnight“, „Fresh“
Woche 3 „Hausu“, „Something Wicked This Way Comes“, „The Innkeepers“
Woche 4 „Fright Night“, „Umma“ & „Mr. Harrigan’s Phone“

Wie begeht ihr „Halloween“? Ist das für euch überhaupt ein Ding? Wird bei euch geklingelt oder geht ihr selber klingeln? 🙂 Und gehört ein Horrorfilm zur Abendplanung dazu? Auf welchen fällt dieses Jahr die Wahl? Und gibt es für euch DEN Halloween-Film? 

6 Antworten

  1. Dein Horroctober hat wieder einiges auf meine Watchlist gespült – danke dafür 🙂 Hatching mochte ich auch sehr! Gruselige Grüße 😉

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Haha, freut mich, wenn ich behilflich sein kann! Deine Leseliste hat ähnliches mit meinem SuB bzw meiner Wunschliste gemacht!

  2. Avatar von BoomHoschi
    BoomHoschi

    Ich habe mit viel Interesse Deinen Horrorctober verfolgt und konnte so einige Filme von meiner Liste streichen, die ich eigentlich schauen wollte, aber habe dafür „The Innkeepers“ und „Fresh“ entdeckt.
    „Katzenmenschen“ und „Fright Night“ gelten bei mir schon lange als kultig und empfehlenswert.
    Ach, und Halloween habe ich mit „Guillermo del Toros Cabinet of Curiosities“ verbracht und muß sagen, daß es sich bis auf Folge 2 & 7 wirklich gelohnt hat. Für HP Lovecraft Fans ist ein reinschauen auch lohnenswert.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Oha, was hast du denn u.a. von der Liste gestrichen? Gestrichen im Sinne von „muss ich nicht mehr schauen, weil Besprechung macht klar, dass es nicht meins ist“ oder im Sinne von „habe ich gesehen“.
      Ja, auf Guillermo del Toros Cabinet of Curiosities bin ich auch sehr gespannt. Eben weil darin so ein Mix aus Lovecraft bzw Literaturadaptionen und eigenen Drehbüchern ist. Dass nicht bei jeder Episode del Toro mitgewirkt hat, finde ich aber wiederum auch ganz gut.

  3. […] AnkündigungWoche 1-2 „His House“, „After Midnight“, „Fresh“Woche 3 „Hausu“, „Something Wicked This Way Comes“, „The Innkeepers“Woche 4 „Fright Night“, „Umma“ & „Mr. Harrigan’s Phone“Woche 5 „Hatching“, „Katzenmenschen“, „The Call“ & „Malignant&… […]

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