Horrorctober 2016 – Woche 1 (Starry Eyes, It Follows, Sightseers, Blutgletscher)

Ich war fleißig! Da ich jetzt schon weiß, dass es im Oktober einige Abschnitte gibt, bei denen ich absolut nicht zum Filme schauen kommen werde, habe ich etwas Vorarbeit geleistet. Und ich war auch sehr enthusiastisch! Die Filme, von denen ich das positivste gehört habe, mussten zuerst geschaut werden. Meine Wertung kommt aber mit dem anfänglichen Enthusiasmus eher nicht mit. Aber seht selbst.

Starry Eyes

Sarah (Alex Essoe) ist Schauspielerin, sucht aber händeringend nach echten Jobs. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Kellnerin in einer Fast-Food-Kette ähnlich Hooters. Sie hat Vorsprechen, aber meistens ohne Zusage. Wenn sie nach einem Termin merkt, dass es nicht geklappt hat, kann sie ihre Impulse nicht mehr zügeln, schlägt um sich. Sie leidet außerdem an Trichotillomanie und reißt sich sogar die Haare aus. Die Frustration übermannt sie. Ihre Freunde, die in den Tag hinein leben, sind dabei keine große Hilfe. Vor Allem das Rumgezicke der Frauen, die teilweise mehr Konkurrentin als Freundin sind. Dann wird sie eines Tages zu einem Vorsprechen für den Film The Silver Scream eingeladen und scheint erst durch ihre Impulskontrollschwäche die Produzenten auf sich aufmerksam zu machen. Desto mehr sie an die Produktion gebunden wird, desto mehr ändert sich ihr Gemüt. Der Anfang des Films ist groß: man sieht zu wie Sarah schleichend bösartig wird und ihr destruktives Verhalten zugunsten eines Jobs über Hand nimmt. Anfangs wünschte man ihr alles Glück, dann sieht man zu wie sie Moral und Anstand über den Haufen wirft – der Verfall der Werte. Ab dann wird es ein touch too much und der Film rutscht in Body Horror und Gore ab. Was an sich im Sinne eines Horrorfilms ist, aber der Zuschauer wird im dunkeln darüber gelassen, was passiert. Man ahnt zwar, was genau an dem einen Abend noch alles passiert sein könnte, als sie im Haus des Big Boss ist, aber das wirkt irgendwie zu wenig um ihre Gewalteskalation zu erklären. Manchmal ist es ein guter Kniff bei einem Film, wenn man als Zuschauer nicht alles weiß und nicht alles sieht. Es kurbelt die Fantasie an. Hier wirkt es etwas ideenlos und inkonsequent. Man wollte den unangenehmen Teil vielleicht rauslassen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich als Zuschauer das sehen möchte. Aber ein paar Details über die ‚Bösen‘ in dieser Geschichte wären schon nett gewesen. Denn ab einem gewissen Punkt ist es einfach nur irgendein Gore-Film.

Starry Eyes, USA, 2014, Kevin Kölsch & Dennis Widmyer, 98 min, (5/10)

Sternchen-5

It Follows

Jay (Maika Monroe) hatte sich was anderes vorgestellt, als sie anfängt mit Hugh (Jake Weary) auszugehen. Nachdem sie das erste Mal miteinander geschlafen haben, betäubt er sie mit Chloroform, fesselt sie und erklärt ihr als sie aufwacht, dass er einen Fluch an sie weitergegeben hat. Ein Wesen folgt ihr nun, dass nur sie sehen kann und alle die vorher verflucht waren. Zwar bewegt sich das Wesen langsam, aber es ist nicht dumm, verdammt stark und es hat jedes Mal ein anderes Erscheinungsbild. Und sollte sie es erreichen, dann bringt es sie möglicherweise auf grausige Art und Weise um. Alle denken anfangs, dass Hugh ein Irrer ist, rufen die Polizei, verhören Jay. Aber der echte Horror beginnt als Jay das Wesen sieht und es sich unaufhörlich auf sie zu bewegt. Laut Hugh ist der einzige weg es loszuwerden, den Fluch weiterzugeben, in dem sie mit jemandem schläft. Falls derjenige es aber nicht schafft, kommt Es zurück und verfolgt sie wieder. Zusammen mit ihren Freunden versucht Jay einen Ausweg zu finden. It Follows bringt ein bisschen frischen Wind in das Horrorgenre. Zum einen ist die Metapher genial. Der Fluch verbreitet sich wie eine Geschlechtskrankheit und stellt die Jugendlichen vor die Frage, ob sie es weitergeben sollen oder nicht. Gerade sie, wo sie vielleicht die erste Liebe erleben oder noch unsicher im Umgang damit sind. Wo Gefühle eigentlich eine Rolle spielen sollten. Und man auch ein bisschen den Verstand einschalten sollte (Verhütung, verantwortungsbewusster Umgang und so – ja, liebe Kinder, ich habe verantwortungsbewusst gesagt). Dazu kommt die unverblümte Inszenierung, die ein bisschen Indie-Feeling aufkommen lässt, dank der langsamen Inszenierung, der natürlichen Charaktere, die aussehen wie du und ich und nicht wie aufpolierte Model-Möchtegerne und Teen-Idols. Die Kamera ist spitze – auf der Flucht, lässt sie uns entweder in der Ich-Perspektive teil haben, oder fokussiert Es und schürt damit unsere Angst. Und trotz der langsamen Inszenierung, haut der Film richtig rein, wenn Es auf Jay zumarschiert. Die Zielgerichtetheit dieser beliebigen Figuren wirkt gruselig, unheimlich, befremdlich, verstörend. Und wenn Es dann da ist: gruselig! Man mische das ganze mit einem Synthie-Soundtrack, der an die guten alten Zeiten erinnert (und an Stranger Things, okay Stranger Things kam später) und fertig ist ein guter Film. Aber auch einer, der etwas übermäßig gehypt wird. Denn seien wir ehrlich: ein paar der Aktionen sind wesentlich sinnfreier geskriptet als der ziemlich gut durchdachte Anfang des Films. Stichwort: Schwimmhalle.

It Follows, USA, 2014, David Robert Mitchell, 100 min, (8/10)

Sternchen-8

Sightseers

Das nenne ich mal ein schwarzhumoriges Roadmovie. Die etwas naive Tina (Alice Lowe) lebt noch bei ihrer Mutter und trauert über den Tod ihres Hundes Poppy. Dass Tina in Chris (Steve Oram) einen Freund gefunden hat, mit ihm eine Beziehung beginnt und in den Urlaub fahren will, verkraftet ihre Mutter nicht. Befiehlt ihr zurückzukommen und fingiert Gründe, um sie wieder nach Hause zu holen in den Spitzendecken und Sofa-Überwurf-Albtraum. Tina und Chris könnte es kaum besser gehen. Sie wollen eine Tour durch Großbritannien machen, sich Bleistift Museum und Steinkreise anschauen. Dabei lassen sie es ziemlich krachen. Nur ihre Mitmenschen machen ihnen das Leben schwer. Unhöfliche Typen werden dabei schon Mal mit dem Wohnwagen überfahren oder Klippen runtergestürzt. Tina und Chris leben den Frust über ihre Umwelt immer mehr an ihren Mitmenschen aus und hinterlassen sowas wie eine Blutspur. Dabei hat der Film die ganze Zeit über einen gehörig trockenen Humor, der dann – oh wie ist denn das passiert? Immer mal wieder kurz im Gore mündet. Dabei wird sowohl Tinas Elternhaus als auch ihre eigene Naivität karikiert genauso wie Chris‘ selbstverständliche Selbstjustiz, die schon bei ziemlichen Banalitäten greift. Für Fans von schwarzem Humor bestens geeignet! Wobei der Film sich gegen Ende etwas verliert und übertreibt.

Sightseers, UK, 2012, Ben Wheatley, 88 min, (7/10)

Sternchen-7

Blutgletscher

In der Forschungsstation Glazius in 3500m Höhe herrscht Stimmung, allerdings schlechte. Die Messstation sendet nicht mehr. Janek, der am längsten auf der Station ist, trottet mit seinem Hund Tinni und einem Wissenschaftler zur Gletscherzunge. Was sie entdecken, ist haarsträubend. Der Gletscher ist von einer blutroten Flüssigkeit durchzogen. Was kommt aus dem Gletscher, der nach und nach dem Klimawandel nachgibt und schleichend schwindet? Die Tiere der Höhenlagen reagieren hart auf die sich verändernde Umwelt und das was dort im Gletscher eingeschlossen war. Blutgletscher ist allerfeinster Creature Horror: die Tiere mutieren und gebären Mutationen, die den Menschen gefährlich zu Leibe rücken. Ein Ökothriller, der am Body Horror Genre kratzt mit einer Prise Trash und einem Hauch Vernunft wie man ihn bei Horrorfilmen leider viel zu selten findet. So tun die zahlreiche Akteure nicht nur dummes. Wo in anderen Filmen schon längst gesagt wurde „Wir sollten uns trennen“, umgeht der Film hier typische Genre-Klischees. Klar, nicht alles ist perfekt. Die Kreaturen aus der Modellage- und Animatronic-Abteilung sind es aber. Der Score ebenso! Sehr stimmig kitzeln die hohen Streichertöne die Nerven. Die Bilder von rot geäderten Gletschern sind unheimlich und erzielen ihre Wirkung metaphernreich. Und auch wenn die Kreaturen große Klasse sind (unbedingt auf der BluRay das creature feature ansehen!), die ergänzenden CGI-Effekte können absolut nicht mithalten und auch die Kamera funktioniert nur bedingt zusammen mit den Tier-Modellen – zuviel Gewackel. Soll wahrscheinlich der Illusion dienen. Und warum verschwindet die rote Flüssigkeit an der einen Gletscherzunge so schnell? Aber ansonsten für mich die positive Überraschung der Horrorschau bisher. Und ja, ich möchte unbedingt ein Sequel, aber nur wenn es so bodenständig bleibt wie dieser Film hier.

Blutgletscher, Österreich, 2013, Marvin Kren, 98 min, (8/10)

Sternchen-8

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Ankündigung

Kennt ihr die hier besprochenen Filme? Wie haben sie euch gefallen? Was denkt ihr, warum wird ‚It Follows‘ so gehypt? Macht ihr auch mit beim Horrorctober? Und wenn ja wie hat er euch bisher gefallen – liefs gut für euch oder eine schlechte Wahl getroffen?

6 Antworten

  1. Da freut es mich umso mehr, dass ich „It Follows“ noch im Regal stehen habe und hoffentlich auch noch diesen Monat sehe. „Blutgletscher“ befindet sich auch schon länger im Warenkorb und vielleicht hat dein Artikel nun den Anlass geboten, ihn einmal zu kaufen… 🙂

  2. „It follows“ fand ich auch ziemlich gut. Bei dem Film ist es super wichtig, was den Zuschauer so ängstigt, denn für viele ist der furchtbar langweilig für andere totaler Horror. Ich war eher bei der letzten Gruppe.

    Starry Eyes hat mich positiv überrascht. Hatte vorher nicht viel Gutes davon gehört, aber war dann doch überrascht wie kurzweilig er mir erschien.

  3. „Starry Eyes“ fand ich tatsächlich sehr viel spannender als du 😉 Mir hat der Film gut gefallen, gerade auch ihre merkwürdige Transformation und diese „Hollywood“-Leute, denen sie sich da verschreibt. Ich mochte das alles irgendwie.

    Dahingehen konnte ich mit „It Follows“ etwas weniger anfangen. Ein toller Film, der teilweise auch echt sehr gruselig war, aber so richtig gecatcht hat er mich am Ende dann doch nicht.

    „Sightseers“ fand ich auch recht unterhaltsam… vor allem für einen Ben-Wheatley-Film noch recht gradlinig und überschaubar. Aber vielleicht auch einer seiner etwas „harmloseren“ Filme

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