Oft heißt es selbst in Filmfan-Kreisen „Oh nein! Da wird gesungen, oder?“ Dass scheint tatsächlich das eine oder andere Mal ein Ausschlusskriterium zu sein. Von den einen gehasst, von den anderen geliebt. Dabei sieht man Musicalfilmen wie ‚Singin‘ in the Rain‘ diesen wunderbaren Glamour vergangener Zeiten an. Da wird getanzt und gesteppt, da waren Schauspieler Entertainer, die ohne Effektgewitter auskommen mussten. Filme wie ‚Dancer in the Dark‘ oder ‚Moulin Rouge!‘ beweisen außerdem, dass man die Stoffe ins Heute verlegen und mit den Liedern trotzdem berühren kann. Es muss nicht immer Kitsch sein. Aber es kann ruhig auch mal Kitsch sein. Heute geht es um sieben Filme mit einem gemeinsamen Nenner: sie sind Musicalfilme. Und jetzt ölt die Stimmbänder. 🙂
Der Zauberer von Oz
Eigentlich bedarf die Geschichte von Lyman Frank Baum kaum einer Erklärung. Er schrieb das dem Film zugrunde liegende Buch, oder besser gesagt die Buchreihe, um die zauberhafte Welt von Oz. An diesen Ort verschlägt es das Mädchen Dorothy (Judy Garland) als ein Wirbelsturm ihr Häuschen erwischt und sie mitsamt der vier Wände und des Dachs nach Oz bringt, wo sie direkt eine böse Hexe erschlagen. So wird sie direkt zur Heldin der Einen, aber auch zu Feindin der Schwester der bösen Hexe. Sie macht sich auf den Weg zum Zauberer von Oz, der ihr vielleicht aus ihrer misslichen Lage helfen kann. Auf dem Weg dahin begegnet sie einer Vogelscheuche, die gerne schlau sein möchte anstatt nur Stroh im Kopf zu haben. Und einem Zinnmann, der gern ein Herz hätte. Und einem Löwen, der gern mutig wäre. Und der Weg bis zum Zauberer wird nicht einfach, trotz ihrer herrlich menschlichen Begleiter. Der Zauberer von Oz ist ein warmherziger und liebevoll gedrehter Film, der mit seinen charmanten Kulissen und Ideen überrascht. Beispielsweise, dass Dorothys Schwarzweißfilm-Welt plötzlich bunt wird, als sie nach Oz reist. Dabei hat der Film einige Jahre auf dem Buckel. 1939 wurde er veröffentlicht. Wow. Da waren meine Großeltern kleine Kinder. Inzwischen zählt der Film als Weltdokumentenerbes der UNESCO. Die Geschichte und die Songs haben aber die Zeit überdauert, genauso wie die Botschaft des Films.
Der Zauberer von Oz (OT: The Wizard of Oz), USA, 1939, Victor Fleming, 98 min, (9/10)
„Somewhere Over the Rainbow – The Wizard of Oz (1/8) Movie CLIP (1939) HD“, via Movieclips (Youtube)
Du sollst mein Glücksstern sein (Singin‘ in the Rain)
Es gibt Filme, die sind unter ihrem Originaltitel bekannter, als unter ihrem Vertriebs-Titel. Du sollst mein Glücksstern sein ist wohl das beste Beispiel dafür. Denn der deutsche Titel dürfte den meisten weniger geläufig sein als der Originaltitel Singin‘ in the Rain. Der Film aus dem Jahr 1952 handelt von dem dyanmischen Duo Don Lockwood (Gene Kelly) und Cosmo Brown (Donald O’Connor), die zur Zeiten des Kino-Booms und Stummfilmzeitalters zu Filmstars werden. Zumindest Lockwood erntet große Rollen, während Brown mit seiner Filmmusik glänzt. An Lockwoods Seite steht in den Filmen oftmals das schrille Starlet Lina Lamont (Jean Hagen). Es gibt Gerüchte, dass beide ein Paar sind und das kann ihrem Manager und Studioboss nur recht sein. Immer wieder bekommen sie Filme auf den Leib geschrieben und treten nebeneinander auf. Dann bricht das Zeitalter des Tonfilms an. Erste sogenannte „Talkies“ (talking pictures) werden gedreht und auch Lockwood und Lamont sollen nachziehen. Während Lockwood ein begnadeter Sänger ist, fällt Lamont mit ihrer lauten, hohen Stimme und ihrem Slang unangenehm auf. Ihr Stimme passt nicht zu der Erscheinung eines Filmstars. Das könnt Lockwood ebenso die Karriere kosten, denn ihn allein will angeblich keiner sehen. Lockwoods Herzdame ist die Schauspielerin Kathy Selden (Debbie Reynolds), der der große Durchbruch noch verwehrt blieb, die aber eine wunderschöne Stimme hat. So kommen Kathy, Lockwood und Brown auf die Idee Lamont einfach von Kathy synchronisieren zu lassen. Aber nicht als Besitzerin der zauberhaften Stimme in Erscheinung zu treten, nagt an Kathy und den anderen. In erster Linie ist Singin‘ in the Rain ein Musical, dass in allen seinen Facetten gelebt wird. Die Songs sind wunderbar und gehen ins Ohr. Gene Kelly und alle anderen liefern dazu Tanz- und Steppnummern ab, die zeigen wie groß und wunderbar die Filmindustrie der damaligen Zeit war. Der wohl bekannteste Song ist wohl das titelgebende Singin‘ in the Rain. Aber auch Good Morning dürfte den meisten vom Hören bekannt sein – vielleicht ohne, dass sie es wissen. Eine wahrhaft unvergessliche Szene ist aber auch Make ‚Em Laugh, von Donald O’Connor mit unvergleichlichem komödiantischem Talent gespielt. Die kritische Seite des Films geht dabei fast ein bisschen unter. Schließlich thematisiert er den Abgesang des Schauspieler-Berufs wie man ihn sich bis dahin vorgestellt hatte und der damals Existenzen kostete.
Du sollst mein Glücksstern sein (OT: Singin‘ in the Rain), USA, 1952; Stanley Donen, Gene Kelly; 100 min, (8/10)
„Singing In The Rain – Singing In The Rain (Gene Kelly) [HD Widescreen]“, via lbarnard86 (Youtube)
https://www.youtube.com/watch?v=D1ZYhVpdXbQ
Mary Poppins
Mary Poppins (Julie Andrews) ist ein wahrlich zauberhaftes Kindermädchen. Aus ihrer Tasche holt sie einen Hutständer, Spiegel und eine Lampe. Sie reist grundsätzlich per Regenschirm, sie hat rosige Wangen und ist perfekt in allen Belangen. Genauso ein Kindermädchen brauchen Jane und Michael Banks, deren vielbeschäftigte Eltern anderen die Erziehung überlassen. Dabei läuft ein ums andere Kindermädchen der Familie davon. Mr Banks (David Tomlinson) arbeitet bei einer renommierten Bank, während seine Frau sich als Suffragette engagiert. Zusammen mit Mary Poppins Freund Bert (Dick Van Dyke) erleben die Kinder Abenteuer, die schon mal in ein Kreidebild oder auf die Dächer Londons führen. Aber selbst wenn man es beim zuschauen nicht merkt, wissen wir spätestens seit Saving Mr Banks, dass Mary Poppins die ganze Familie rettet und Mr Banks eines Besseren belehrt worauf es im Leben ankommt. Tatsächlich ist gerade dieses Ende auch was fürs Herz, während der Rest des Films seine Längen hat. Wenn Mary Poppins darüber belehrt, dass man sich unschöne Aufgaben wie das Kinderzimmer aufräumen mit ein bisschen Magie/Fantasie schön reden kann und es dann nicht mehr ganz so schlimm ist, versteht man die Botschaft ein bisschen besser als wenn sie die Leute tadelt, die vor lauter Grinsen, Lachen, Witze reißen und Schabernack so leicht ums Herzen werden, dass sie an die Decke gehen. Mary Poppins bleibt ein schwer greifbarer Charakter, der unter Umständen irgendwo zwischen Buch- und Filmversion etwas verloren gegangen ist. Es ist schwer nachvollziehbar wie die Kinder anfangen sie innerhalb so kurzer Zeit so sehr ins Herz schließen, da das Kindermädchen v.A. so wirkt, als würde sie eben ihr eigenes Ding machen. So ganz springt der Funke also nicht über verglichen zu anderen Filmmusicals. Die teil-animierten Sequenzen wurden wohl von der Autorin Travers nicht sehr gemocht, machen aber sehr viel Spaß. Und man lernt ein essentielles neues Wort: Supercalifragilisticexpialidocious. Neben Julie Andrews hat mich auch David Tomlinson in seiner Doppelrolle begeistert – die leben ihre Rollen, als ob man sie ihnen auf den Leib geschneidert hätte.
Mary Poppins, USA, 1964, Robert Stevenson, 140 min, (7/10)
„Mary Poppins – A Spoonful Of Sugar (from „Mary Poppins“)“, via DisneyMusicVEVO (Youtube)
https://www.youtube.com/watch?v=vLkp_Dx6VdI
Meine Lieder, meine Träume (The Sound of Music)
Es ist schon manchmal witzig. Da werden Filme berühmt und bekannt, prägen möglicherweise sogar das Bild von Österreich und deutsch-sprachigen Ländern im Ausland. Und in Deutschland? Ist der Film nie so richtig erfolgreich gewesen. True Story. Der Film basiert auf dem Musical und den Songs von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein, deren Namen die meisten wahrscheinlich kennen ohne es wirklich zu wissen. The Sound of Music, im deutschsprachigen Raum unter dem etwas übertriebenen Titel Meine Lieder, Meine Träume bekannt, spielt in Österreich um 1938. Die flippige Nonne Maria (Julie Andrews) ist etwas zu stürmisch für das Kloster. Ihr wird geraten für eine kurze Zeit außerhalb des Klosters zu leben,
um herauszufinden, ob das ruhige Leben im Dienste Gottes wirklich das richtige für sie ist, oder sie draußen besser aufgehoben ist. Sie beginnt als Kindermädchen bei Kapitän von Trapp (Christopher Plummer) zu arbeiten, der sieben Kinder hat. Seine Frau ist vor Jahren verstorben und er kommandiert seine Kinder in militärischer Manier herum. Durch Marias sonniges Gemüt tauen aber sowohl die Kinder, als auch der Kapitän auf. Kein Wunder. Maria steht selbst dann für die Kinder ein, wenn sie viel Blödsinn treiben und hat einen unerschütterlichen Optimismus und ist ein wahrer Quell von Verständnis. Und genauso sprudeln auch die Lieder aus Julie Andrews heraus, die das ganze mit einer Aura vermittelt, dass man es nicht mal richtig kitschig finden kann, selbst wenn sie singend über die Wiesen läuft und die Berge besingt. The Sound of Music ist ein wahres Feelgood-Movie, das mit dem Aufkeimen der Krankheit Nationalsozialismus gegen Ende eine betreten machende Wendung einnimmt. Allerdings sollten sich Zuschauer bewusst sein, dass in dem Film länger gesungen als erklärt wird wie sich Trapp und Maria ineinander verlieben. Die Handlung steht etwas hintenan. Und dass, obwohl der Film fast irrwitzig lang ist. Aber auch irrwitzig sympathisch.
Meine Lieder, meine Träume (OT: The Sound of Music), USA, 1965, Robert Wise, 174 min, (8/10)
„My Favorite Things“, via Rodgers and Hammerstein (Youtube)
Willy Wonka und die Schokoladenfabrik
Bevor Tim Burton und Johnny Depp 2005 Charlie und die Schokoladenfabrik auf die große Leinwand brachten, gab es einen Vorgänger mit singbareren Liedern: Willy Wonka und die Schokoladenfabrik. Der 2005-er Film ist ein Remake, dass die Handlung zwar zu großen Teilen übernimmt, aber durch massig CGI-Feuerwerk und ein etwas anderes Ende ergänzt. Beide Filme basieren aber auf einem Roman von Roald Dahl und handeln von Charlie Bucket, der genauso wie vier andere Kinder in einer Schokoladentafel ein goldenes Ticket findet – die Eintrittskarte zu einer exklusiven Führung durch Willy Wonkas Schokoladenfabrik. Über die wird sonst nur gemunkelt, denn seit Jahren soll sie niemand anderes außer Wonka mehr von innen gesehen haben. Und Willy Wonka selber scheut die Öffentlichkeit. Was die Kinder in der Schokoladenfabrik erleben, hätten sie sich wohl vorher nicht träumen lassen. Da gibt es Flüsse aus Schokolade und Süßigkeiten wo das Auge hinblickt. Aber alles im wohl verrücktesten Ausmaß. Die Experimente und seltsamen Räume wirken mehr wie aus einem Traum oder der Vision eines verrückten, süßigkeiten-besessenen Wissenschaftlers. Willy Wonka selber ist wahrscheinlich das, was man getrost als Schelm oder Troll bezeichnen kann. Er ist nett zu netten Menschen, scheut aber ansonsten nicht die Ironie, den Wortwitz und verarscht die Kinder gerne während der Führung. Insbesondere die vorlauten oder egoistischen. Und da so eine Schokoladenfabrik für böse Kinder scheinbar ein gefährlicher Ort ist, wird die Gruppe während der Führung durch die Fabrik immer kleiner. 😉
Im Film von 1971 wird das Ganze in der Manier von Musical-Filmen von tollen Songs durchzogen, die ins Ohr gehen und irgendwie nach besseren Zeiten und Unbeschwertheit klingen. Mit Nummern wie The Candyman Can oder Pure Imagination sind sie eine Hommage an die Leichtigkeit des Lebens und laden schnell zum mitsummen oder -singen ein. Gene Wilder verkörpert Willy Wonka facettenreich. Auf der einen Seite hat er sich sein inneres Kind behalten, spielt Streiche oder legt die Leute rein, liebt Süßigkeiten und tanzt und singt, auf der anderen Seite, kann er bissig sein. Wenn er singt, spürt man eine tiefe Überzeugung für die schönen, kleinen Dinge im Leben und dass er es so meint wie er singt. Die Ausstattung des Films unterstreicht all das sympathische mit handgemachten bonbonbunten Kulissen. Dass für europäische Zuschauer der Film so vertraut wirkt, liegt wohl an der Architektur und Umgebung – er wurde in München gedreht. Nicht zuletzt durch die fünf Kinder, die aus aller Welt stammen und tatsächlich international gecastet wurden, bekommt der Film eine Note, die so gar nicht nach einer amerikanischen Produktion aussieht (und das ist als positives Merkmal gemeint). Woran man sich etwas gewöhnen muss, sind aber die Stereotypen. Wenn beispielsweise das deutsche Kind ein immer-fressender, dicker, vorlauter Junge ist und seine Eltern so ähnlich dargestellt werden, dann wünscht man sich innerlich ein wenig, man hätte dieses Klischee nicht bedient. Aber irgendwie muss man ja doch lachen … . Lachen, Süßigkeiten, Kreativität … aber auch Motive wie die Aufrichtigkeit sind es die Willy Wonka und die Schokoladenfabrik zu einem unvergesslichen Film machen. Er strahlt eine wunderbare Leichtigkeit aus, gepaart mit Ironie, Wortwitz und einer lehrreichen Note. Die Musiknummern gehen ins Ohr und bleiben lange dort, was das Remake nicht zu schaffen vermag.
Willy Wonka und die Schokoladenfabrik (Willy Wonka & the Chocolate Factory), USA, 1971, Mel Stuart, 100 min, 9/10
„Willy Wonka (HD) „Pure Imagination“, via Willy Wonka (Youtube)
https://www.youtube.com/watch?v=r2pt2-F2j2g
Dancer in the Dark
Die gebürtige Tschechin Selma (Björk) arbeitet tagsüber in einer Fabrik, liebt Musicals und macht in ihrer Freizeit sogar bei einer Aufführung von The Sound of Music mit. Vielleicht weil die Welt in Musicals ein bisschen besser ist. Manchmal. Selma droht aber zu erblinden. Sie spart jeden Cent, um ihrem Sohn die Augen-Operation zu ermöglichen, die zumindest seine Sehkraft retten soll. Ihr Nachbar Bill (David Morse) hat allerdings Geldsorgen und will sich etwas von Selma leihen, was der Stein des Anstoßes für das große Unglück ist. Ich kann es kaum anders sagen als: es ist so hart Selma dabei zuzusehen wie sie sich quasi selber zerstört und ihr ganzes Leben demontiert, um anderen nicht weh zutun und ihrem Sohn die Operation zu finanzieren. Die liebenswürdige, aber lebensverneinende Naivität, die sie an den Tag legt, macht es schwer den Film bis zum Ende anzuschauen, da man als Zuschauer weiß, dass es nur wenige andere Entscheidungen gebraucht hätte, damit sie alle unbeschadet aus der Geschichte herausgehen. Stattdessen ist es wie ein Unfall sich die Abwärtsspirale anzusehen, in die Selma gerät. V.A. weil Selma eine so liebenswürdige, aufopferungsbereite Person ist. Nicht umsonst ist der Film Teil von Lars von Triers Golden Heart Trilogie. Dabei nimmt von Trier das Thema der Heile-Welt-Musicals auseinander genauso wie die Absichten derer, die sich selbstlos für andere aufopfern und brandmarkt Selma als jemanden, der unüberlegt handelt und damit auch andere ins Leid stürzt. Eine schwer zu verkraftende Botschaft. Die sphärischen Songs und Musicaleinlagen sind meistens in das alltägliche Geschehen eingebettet und sorgen für das angenehme „Oh sie tanzen plötzlich“-Feeling. Man sieht und hört Selmas Welt, auch wenn sie mehr und mehr ein Dancer in the Dark wird, weil sie bald kaum noch sehen kann. Da wird das Stampfen und Zischen der Maschinen zu einem Teil des Songs und das Rattern der Güterwagons eine Begleitung. Neben all den außergewöhnlichen Merkmalen des Films ist v.A. die schauspielerische Leistung aller Beteiligten zu nennen. Björk lebt die Rolle, Catherine Deneuve spielt eine wunderbare Kathy (oder nennen wir sie lieber Cvalda) und Peter Stormare hätte ich ein Happy-End mit Selma gewünscht. Es ist ein Film zum heulen, seufzen, facepalmen, geschockt sein. Stellt euch darauf ein.
Dancer in the Dark, Dänemark/Deutschland/Niederlande/USA/UK/Schweden/Island/Frankreich/Finnland/Norwegen, 2000, Lars von Trier, 140 min, (9/10)
„Dancer in the Dark : Bjork – I’ve seen it all (HQ)“, via shizeninho (Youtube)
Moulin Rouge!
Wenn William Shakespeares Romeo + Julia nicht Baz Luhrmanns Durchbruch war, dann war es wohl endgültig Moulin Rouge. Thematisch an die Opern La Bohème und La traviata angelehnt, handelt der Film vom Schriftsteller Christian (Ewan McGregor), der sich 1988 in Paris in die Kurtisane Satine (Nicole Kidman) verliebt. Satine ist der Star des Moulin Rouge, eines angesehenen Nachtclubs unter der Leitung von Harold Zidler (Jim Broadbent). Zidler bemüht sich darum, dass aus dem Moulin Rouge ein Revue-Theater wird und möchte dafür als Financier den Duke (Richard Roxburgh) gewinnen. Satine soll ihn verführen und überzeugen zuzustimmen. Dabei verwechselt sie den mittellosen Schriftsteller Christian mit dem Duke. Christian verliebt sich sofort in Satine, aber für sie ist Liebe eine schöne Illusion. Baz Luhrmanns Moulin Rouge! feiert Wahrheit, Schönheit, Freiheit und vor allem die Liebe. Und das Ausrufezeichen im Titel steht dort nicht umsonst. Moulin Rouge ist verkitscht-pompös, überladen, laut und ziemlich schnell. Der Anfang fällt dabei etwas vom Rest ab und kann den Zuschauer fast etwas überfordern. Wenn sich Nicole Kidman als Satine vor (gespielter Lust) fast am Teppich vergeht als sie Christian noch für den Duke hält, dann alterniert das irgendwo zwischen peinlich und witzig, aber lädt auch fast ein bisschen zum Ausschalten ein. Die Schnitte sind zu Beginn des Films so schnell, dass man die grandiose Ausstattung und Kulissen kaum würdigen kann und so ganz Lippensynchron sind die Nummern auch nicht. Aber all das gibt sich und wird eine großartige Feier auf die Liebe und das Leben, die Revolutionäre und Querdenker und die herrlich verschrobenen Träumer im und um das Moulin Rouge herum. Selbst der Jugendstil-Veteran Toulouse-Lautrec (John Leguizamo) hat einen kleinen Auftritt und Kylie Minogue als Grüne Fee, die den Absinth feiert. Die meisten Musical-Nummern sind dabei Medleys aus bekannten Songs der Popkultur wie Madonnas Material Girl, Elton Johns Your Song oder Nirvanas Smells Like Teen Spirit. Moulin Rouge! bedient sich bei vielfältigen Genres. Auch The Sound of Music ist hier wieder mal mit von der Partie. Das unvergessliche Come What May ist der einzige für den Film proudzierte Titel, geschrieben wurde er allerdings für Romeo + Julia. Und wenn Ewan McGregor und Nicole Kidman in einem Regen aus Licht und Farbe ihre Liebe zueinander bekennen und mit viel Stimmvolumen singen, dann berührt das selbst diejenigen, die sagen ‚Nicht schon wieder ein Film, in dem gesungen wird‘.
Moulin Rouge!, USA/UK/Australien, 2001, Baz Luhrmann, 123min, (8/10)
„moulin rouge songs from movie elephant song medley“, via norm316 (Youtube)
https://www.youtube.com/watch?v=VxLaO8Xzjsk
Auch wenn da draußen nicht so wahnsinnig viele Musicalfilm-Fans zu sein scheinen … mal ehrlich: wer muss nicht wenigstens bei einem der oben eingbetteten Songs mit dem Fuß wippen oder summen? Es schmerzt mich ein bisschen, dass ich die Rocky Horror Picture Show noch nicht gesehen habe, aber das Projekt „Musicalfilme“ schauen ist noch längst nicht abgeschlossen. 😉 Welche Musicalfilme haben es euch schwer angetan? Was muss man unbedingt gesehen haben? Welche von diesen sieben hier habt ihr gesehen? Und wie haben sie euch gefallen?
„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.
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