Nachdem die sechste Staffel in meiner Erinnerung wie auch jetzt im Rewatch ein vernichtendes „Hätten sie es lieber gelassen“ erhält, hatte ich die darauffolgende siebte Staffel in besser Erinnerung. Trügt mich meine Erinnerung dieses Mal? Die Besprechung enthält Spoiler für vorhergehende „Supernatural“-Staffeln, ist aber weitestgehend spoilerfrei für die siebte.
Meet the new boss
Castiels (Misha Collins) Plan die Seelen aus dem Purgatory aufzunehmen und so zu mehr Macht zu gelangen scheint aufgegangen zu sein. Er ernennt sich zum neuen Gott und zieht los um alles wieder zu richten was (seiner Meinung nach) in der Welt schief läuft. Sam (Jared Padalecki) und Dean (Jensen Ackles) sind verhältnismäßig ratlos was mit dieser Situation anzufangen ist. Man geht nicht einfach so gegen Gott vor (die Meinungen darüber sollen sich ändern). Allerdings hat Castiel mit den Seelen zwei Probleme hervorgerufen, auf die er nicht gefasst war. Sein „Gefäß“ hält dem plötzlichen Level-Up nicht stand. Und unter den Seelen war auch etwas, dass er lieber nicht befreit hätte.
Die Winchesters haben es ab jetzt mit Leviathanen zutun, gegen die kein Kraut gewachsen zu sein scheint. Als ob das nicht schon Ärger genug wäre, erscheint Sam ständig eine Halluzination Luzifers (Mark Pellegrino). Ein übler Seiteneffekt der Zeit, die Sam mit Luzifer im Käfig ausstehen musste und der inzwischen eingestürzten Wand, die die Erinnerungen lange Zeit in Schach hielt.
„Supernatural – Season 7 – Official Trailer – Don´t drink the water“, via 00000SASUKE (Youtube)
Leviathans und wenn da nicht immer dieser Hunger wäre
Unter Fans der Serie sind die Leviathans ein polarisierendes Thema. Gefühlt hasst oder liebt man sie – dazwischen gibt es wenig. An und für sich sind sie echt gute Gegenspieler*innen. Im Gegensatz zu den anderen Monstern der Serie organisieren sie sich und gehen auf perfide Weise systematisch vor. Zum Einen versuchen sie schnell die bis dato einzigen Gegner zu verunglimpfen, die von ihrer Existenz wissen: die Winchesters. Sie platzieren sich strategisch u.a. im Antlitz des Wirtschaftsmagnaten Richard „Dick“ Roman (James Patrick Stuart) und bauen ein landesweites Netz auf, dass gezielt Menschen zu leichter Beute macht und dass in Episoden wie 7×09 „How to Win Friends and Influence Monsters“ für einiges an Comic Relief gepaart mit Grauen sorgt. Das CGI der wahren Gesichter der Leviathane ist allerdings etwas zu crappy geraten und wird wohl schlecht altern. Den Twist was dann letzten Endes ein wirksames Mittel gegen sie ist, finde ich eigentlich ganz witzig. Einzig die „Dick“-Jokes werden irgendwann sehr ermüdend, sind aber leider ein unangenehmes Foreshadowing des pupertären Humors, der sich in der Serie ab jetzt häuft.
Auch wenn der bisher bekannte Comic Relief also leider hinkt, gibt es immer noch großartige Oneliner wie „My Surgeon is a monster“ als Sheriff Jody Mills (Kim Rhodes) bei einem Krankenhausaufenthalt in 7×02 „Hello, Cruel World“ das erste Mal die Ehre hat Leviathans zu begegnen. Ansonsten sind insbesondere die Cases of the Week der ersten zwei Drittel der Staffel relativ belanglos. Spannender ist noch wie sich die Leviathans aufstellen. Erst gegen Ende der Staffel nimmt die Serie wieder an Fahrt auf und verdichtet auch den Plan der Leviathans. Zudem ist es auch die Staffel in der man kaum leugnen kann, dass der Versuch Misha Collins als Castiel aus der Serie zu schreiben angepeilt wurde und mörderlich krachen gegangen ist. Offenbar kam das bei den Fans nicht gut an und man überlegte sich wie weiter mit dem Charakter zu verfahren ist. Ist es ein Zufall, dass die Serie auch gegen Ende der Staffel einen Zuwachs an weiteren, diverser angelegten Charakteren hatte? Oder ist ihnen endlich aufgefallen, dass sie eine Frischzellenkur brauchen um zeitgemäßer zu sein und mit ihrem Publikum mithalten zu können?
Sehr gern erinnere ich mich an 7×20 „The Girl with the Dungeons and Dragons Tattoo“ in der die Winchester die Unterstützung der Hackerin Charlie (Felicia Day) brauchen, um es mit Dick Roman aufzunehmen. Charlie hätte ich im Laufe der Serie deutlich mehr Screentime gewünscht und sie ist eine coole Ergänzung zum Cast. In 7×21 „Reading is Fundamental“ stößt außerdem Osric Chau als Kevin Tran zum Cast. Er ist ein Prophet Gottes wider Willen, was zwar spannend anzuschauen ist, aber sich etwas mit der Serien-Lore beißt. Später sollen wir erfahren, dass es immer nur einen Prophet gibt. Spätestens hier hätte sich mal irgendwer die Frage stellen sollen, was dann mit Chuck ist. Klar: in späteren Staffeln löst sich das. Nur rückblickend macht es leider keinen Sinn.
Was die Charaktere betrifft, entwickelt sich die Staffel also nach hinten raus, während sie bei den Brüdern kaum neue und wenn schwer nachvollziehbare Impulse setzt. Zwar wird Sam von einem Dilemma (Staffel 6: keine Seele) in das nächste gestürzt (Halluzination von/psychische Folter durch Luzifer), aber seine zwischenzeitlichen Aussagen wie „I feel great“ werden einige episoden lang aufrecht erhalten, nicht wieder erwähnt und scheinen so gar nicht zu vorherigen Ausnahmesituationen zu passen. Immerhin ist Sams Dilemma Supernaturals Metapher auf psychische Erkrankungen und den Umgang damit. Ob nun gut oder schlecht oder beides. Wie Dean mit all den Veränderungen umgeht wird narrativ ebenso schwer verständlich übersetzt.
„Supernatural 7.05 – outtake clip, posted by Jared Padalecki on his twitter“, via Hédi Jade Takács (Youtube), oder: wenn die Outtakes plötzlich besser sind als die Serie.
Schuld und Sühne
Dean wird einerseits kalt und eher rücksichtslos, empfindet darüber andererseits große Schuldgefühle, die u.a. in 7×04 „Defending Your Life“ und den Folgeepisoden thematisiert werden. Ob er daraus etwas gelernt hat? Fraglich, wenn man sich anschaut wie er Freundschaft im Laufe der Staffel demonstriert. Es ist ein Auf und Ab. Staffel 7 ist wegen dieser Inkonsequenz ganz klar eine Staffel der „nicht so tollen Drehbücher“, aber auch der guten Nebencharaktere. Richtig starke Episoden, die aber auch sehr weh tun hat Bobby (Jim Beaver) – allen voran 7×10 „Death’s Door“ in der wir mehr über seine Kindheit, Ehe und seine Beziehung zu den Winchesters erfahren. Da bleibt kein Auge trocken.
Höchst problematisch ist hingegen wie die Showrunner und Beteiligten hinter der Serie auf Fans blicken. Episode 7×08 „Season Seven, Time for a Wedding!“ klingt zwar sehr witzig, aber vermittelt ein Bild von Fans (insbesondere von Emily Perkins als Becky Rosen, die ich um ihre Rolle nicht beneide …), das ziemlich toxisch wirkt. Becky ist ein verklärter, von den Winchesters besessener Fan und strickt sich Heiratsfantasien zusammen, die zeigen, dass sie den Kontakt zu Realität und Moral verloren hat. Es wäre ja schon nicht mehr toxisch, wenn sie dem irgendwas entgegen gesetzt hätten. So gibt einem die siebte Staffel eine Menge zu denken und kann mit wenigen Episoden punkten, die keinen komischen Beigeschmack hinterlassen.
Auch wenn die erzählerischen Entwicklungen insbesondere bei Sam und Dean nicht aufgehen, bleiben die Neuzugänge unter den Charaktere, die Bobby-zentrierten Episoden und die Leviathans als Gegenspieler (zumindest mir) in positiver Erinnerung. Auch der inzwischen kampfunwillig, weiche Cas, der nichts mehr mit Himmel und Hölle zutun haben will sorgt für den dringend notwendigen Comic Relief. 7×17 „The Born-Again Identity“ macht einiges wieder gut, aber leider nicht alles. (6/10)
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In keiner Besprechung zuvor fiel mir unangenehmer auf wie sehr ich an den englischen Begriffen der Serie hänge – Leviathans, Vessel, … . Ich schaue „Supernatural“ auf Englisch und kenne tatsächlich die wirkliche Übersetzung von beispielsweise „Vessel“ nicht. Wird es als „Gefäß“ übersetzt? Vielleicht. Es fiele mir hier besonders schwer zur deutsche Synchro zu wechseln, da die Stimmen doch signifikant anders klingen. Wie geht es euch damit? Welche Version schaut ihr? ich bleibe ja gern dabei weitestgehend spoilerfreie Besprechungen zu schreiben und muss daher auf einiges verzichten, dass ich als Spoiler ansehe. Nur soviel an der Stelle: Stichwort „Honeybees“ und „Cas“ hat mir sehr viel Freude bereitet. Wie empfindet ihr die siebte Staffel?
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