#Japanuary 2023 – Besprechungen zu „Memories“, „The Fable 2“, „Angel’s Egg“

Das neue Jahr ist schon wieder über zwei Wochen alt und es ist wie erwartet – im Urlaub hat es besser geklappt mit dem Filme schauen und Filmchallenges verfolgen. ^^ Aber immerhin habe ich inzwischen die Hälfte meiner Liste geschafft und kann die ersten drei Filme besprechen, die ein klasse Auftakt im Japanuary waren. Spoilerfrei.

Memories

Die von Katsuhiro Otomo produzierte Anthologie besteht aus drei eigenständigen Filmen, die das Titelmotiv Memories so mehr oder weniger bedienen und je eine Spielzeit zwischen zwanzig und vierzig Minuten haben. Kōji Morimoto führte Regie im ersten Segment, Magnetic Rose, für das Satoshi Kon Drehbuch und offenbar auch Character Design beisteuerte. Darin folgt die Crew eines Raumfrachters einem Notruf, der sie in das seltsame Land der Erinnerungen einer Opern-Diva entführt und vielleicht nicht wieder loslässt. In Stink Bomb unter der Regie von Tensai Okamura wird eine ebensolche auf sehr tragikomische Weise auf die Bevölkerung Japans losgelassen. Katsuhiro Otomo selber führte im letzten Segment Regie. Cannon Fodder zeigt uns das Leben in einer Stadt, die stets und ständig im Kriegszustand ist, unklar mit wem.


Memories (1995) – Trailer, Media Graveyard, Youtube

Ein Absatz reicht kaum um zu erklären, was die drei Animes ausmacht. Stink Bomb kann leichtfertig als der am wenigsten innovativste gesehen werden. Die Handlung vom Laboranten, der aus Versehen die falsche Pille nimmt, zur Stinkbombe wird und nicht merkt wie alle um ihn herum tot umfallen ist eben schon etwas naiv. Aber auch irgendwie sehr witzig auf die schwarzhumorige Art. Militärische Willkür machen den Film unter der Haube interessant. Die Animation betreffend hat er weniger Rafinessen als die anderen beiden Segmente. Die plötzlich blühenden Städte und die detailiert dargestellten militärischen Vehikel wohl am ehesten. Magnetic Rose ist melancholisch, schön, raffiniert animiert und findet einen wunderbaren Mittelweg aus traditioneller und digitaler Animation. Mich bgeeistert wie sehr alles an dem Film das Titelthema Memories verkörpert und was es bedeutet in diesen festzuhängen – oder aus ihnen Kraft zu ziehen. Cannon Fodder übt sich in der besonders spannenden Disziplin den Film wie einen einzigen Single Shot wirken zu lassen. Wahnsinn. Auch ist das Character Design mal ab vom typischen Anime-Look. Es stellt sich die Frage, ob der ständige Kriegszustand gegen einen unsichtbaren Gegner nur noch aus Gewohnheit gepflegt wird? Gibt es überhaupt noch einen Gegner? Memories fand ich insgesamt sehr stark, die Ideen allesamt auf ihre Weise spannend.

Memories, Japan, 1995, Kōji Morimoto (Magnetic Rose)/Tensai Okamura (Stink Bomb)/Katsuhiro Otomo (Cannon Fodder), 113 min, (8/10)

Sternchen-8

The Fable: The Killer Who Doesn’t Kill

Wir erinnern uns an Teil 1: der Auftragskiller „The Fable“ (Jun’ichi Okada) muss immer noch ein Jahr lang ein normales Leben führen ohne jemanden umzubringen. Dieses Mal holt ihn allerdings nicht nur sein Ruf, sondern auch seine Vergangenheit ein. Er begegnet Hinako (Yurina Hirate) wieder, einem Mädchen, das er einmal rettete, aber scheinbar eher vom Regen in die Traufe brachte. Sie sitzt infolge eines Unfalls, an dem er nicht ganz unschuldig ist, im Rollstuhl. Außerdem ist sie in Begleitung von Utsubo (Shinichi Tsutsumi), des einzigen Mannes, den Fable nicht umgebracht hat. Für ihn ist das wohl alles ähnlich schwer zu entziffern wie für uns, nur leider bleibt das auch so. Was Utsubo da genau für eine Gaunertruppe gründet, bleibt irgendwie unscharf umrissen genauso wie sein ganzer Charakter. Er steht irgendwo zwischen Gauner, Triebtäter und Rächer. Dass sich der Film nicht mehr Mühe gibt hier eine Linie zu verfolgen, ist wohl mein größter und einziger Kritikpunkt. Leider kommt man wahrscheinlich auch sehr schwer in den Film rein, wenn man den ersten nicht kennt. Zumindest ergeben dann bestimmte Szenen und Running-Gags deutlich weniger Sinn wie Faibles Besessenheit mit einem TV-Comedian oder auch, dass er heißes Essen verabscheut. Ich habe wieder herzlich gelacht und finde von den Szenen war zu wenig enthalten. Immerhin darf er wieder für seinen „Day Job“ etwas zeichnen. 🙂 Großartig sind auch hier wieder die Action- und Kampfszenen, vielleicht eine der besten, die ich im internationalen Vergleich sehe. Zwar sind sie rarer gesät als in anderen Actionern, aber sie setzen technischen Ballast und Krach gezielt ein und beeindrucken durch akrobatische Leistungen und Cleverness. Ich hätte gern einen dritten Film … das sage ich selten.

The Fable: The Killer Who Doesn’t Kill (OT: ザ・ファブル 殺さない殺し屋), Japan, 2021, Kan Eguchi, 123 min, (7/10)

Sternchen-7


The Fable: The Hitman That Doesn’t Kill (2021) Japanese Movie Trailer Eng Subs (ザ・ファブル 2 本予告 英語字幕), Panap Media, Youtube

Angel’s Egg

Ein Mädchen irrt durch eine verlassene Stadt auf der Suche nach etwas essbarem und Wasser. Unter ihrem Kleid versteckt sie ein großes Ei. Größer als alles, was man jemals gesehen hat. Wo und wie entsteht in dieser verlassenen Welt neues Leben? Und falls überhaupt etwas aus dem Ei schlüpfen kann, was ist das? Anzunehmen, dass es nichts menschliches ist. All die Fragen lenken auch die Aufmerksamkeit eines Soldaten auf das Mädchen und das Ei. Stumm folgen wir beiden durch eine menschenleere Stadt, zerklüftete Ruinen. Bis die Flut kommt.


Mamoru Oshii’s ‚Angel’s Egg‘ | Teaser, JapanSocietyNYC, Youtube

Am Ende der besondere Reise des Mädchens uns des Mannes bleiben viele Fragen offen. Woher kommt der Soldat? Was ist seine Mission? Sind die Fische eine Bedrohung, deren körperlose Schatten an den Hausfassaden vorüberziehen? Leben die Fischer noch oder sind sie viel mehr ein Überbleibsel eines bis zuletzt gekämpften Kampfes? Manches könnte eine Metapher auf Krieg sein, der entmenschlicht. Andere Motive sind klar biblisch (Flut, Arche, etc). Man kann dem Film leicht vorwerfen, dass er vieles davon mehr oder weniger wahllos in den Raum wirft. Dass er wegen mangelnder Erklärungen mehr eine Projektionsfläche für Zuschauende ist, die dann zu abenteuerlichen Interpretationen kommen. Auf Letterboxd las ich eine Review, die in dem Film eine postapokalyptische Fabel sehen, die nach einem nuklearen Holocaust spielt. Wo kommt denn jetzt das nuklear her!?

Letzten Endes fördert aber diese scheinbar zusammenhangslose mancher Motive (bspw. die Fische) den traumhaften Charakter und die Atmosphäre des Films. Interpretieren kann jede:r individuell. Laut Quellen weiß Oshii selber nicht, was der Film bedeutet. Bei solchen Aussagen weiß ich immer nicht so ganz, ob das nicht Untertreibung, Bescheidenheit oder der Versuch ist den Mythos aufrecht zu erhalten. Für mich ist Angels Egg die Geschichte einer vergessenen Zivilisation und von Zweien, die darin nach ihrem Sinn suchen. Aber auch davon, was passiert, wenn wir zu lange nur uns selbst und unseren Überzeugungen überlassen sind. Die Animation ist klar ein Kind der 80er, nicht zu gut aufgelöst und verlässt sich auf Überblenden, die aus heutiger Perspektive ein wenig billig wirken (ich denke da v.A. an das Ende und die letzten Frames). Punktet aber mit Momentaufnahmen, die sehr genau Natureindrücke aufgreifen und sich vieler klassischer Stile bedienen (Gotik, Art Déco, biblische Motive und Symbolismus) und sie zu einem fast steampunkigen Sci-Fi-Look vereinen. Ich mag das sehr so wie die Idee des Engels-Fossils, auch wenn Oshii die eigentlich für einen Lupin-Film verwenden wollte. Aus der nicht mehr benötigten Idee hat er Kunst gemacht.

Angel’s Egg (OT: 天使のたまご „Tenshi no Tamago“), Japan, 1985, Mamoru Oshii, 71 min, (9/10)

Sternchen-9

Mal abgesehen von Filmen …

… habe ich angefangen den Anime Monster zu schauen. 🙂 Ich freue mich sehr, dass er in das Angebot eines Streamingriesen aufgenommen wurde, da ich ein großer Fan von Naoki Urasawas gleichnamiger Mangareihe bin. Allerdings währte die Freude nur kurz. Da ich die Handlung nun im Grunde schon kenne, fiel mir beim Blättern durch die Episoden-Beschreibungen auf, dass das nur etwa die Hälfte der Folgen sein kann, die man gerade auf Netflix findet. Tatsächlich sind es 30 von insgesamt eigentlich 74. Ich schaue es trotzdem und hoffe, dass die anderen noch hinzugefügt werden. Da der Anime in Deutschland spielt, ist es ganz spannend zu sehen welche Details des alltäglichen Lebens vom Animationsstudio wie originalgetreu wiedergegeben werden. Vieles ist allgemeingültig, vieles sieht in der Tat sehr „deutsch“ aus. So sieht man einmal eine Tüte Werthers Echte Bonbons rumgehen. ^^ Andere Details passen nicht so ganz, beispielsweise ist die Ampelfarbe dann doch eher japanisches Blaugrün als Grün. Auch die Schrift an Cafés oder in Schaufenstern ist manchmal lesbar, manchmal eher improvisiert und ergibt keinen Sinn. Ansonsten mag ich Opening- und Ending-Musik sehr und freue mich einfach die bekannten Lieblingscharaktere animiert zu sehen.

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Ankündigung

Header Image Photo Credits: Andre Benz

Wie war euer Japanuary bisher? Ich habe mit den drei oben aus Versehen die drei Filme zuerst geschaut, die ich am liebsten sehen wollte. Hoffentlich bin ich noch motiviert genug für die anderen fünf. ^^

2 Antworten

  1. Bin Stand heute bei 6 von 8 Filmen angekommen. Also noch im Timing. Mal schauen, ob ich zum #Japanuary am Ende noch einen Beitrag mit Kurzrezis baue. Meine Einschätzungen (und Filme) kannst du dann da einsehen. 😉

  2. […] Filme der vergangenen Jahre waren Cure, The Fable, Ugetsu, One Cut of the Dead, Drive my Car, Angels Egg, Die Reise nach Tokyo und Japanese Girls Never Die. Ansonsten … sich Film(e) ins Auge fassen […]

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