Einmal noch aufraffen, dann habe ich alle Staffeln hier im Blog in Langform besprochen. Ich kann es schaffen … ihr seht meine Motivation ist nicht besonders groß. Staffeln 9 und 10 sind für mich eben leider auch einige der schwächsten Staffeln der Serie. Eigentlich habe ich die zehnte sogar schon mal in Kurzform besprochen und auch damals keine so besonders positiven Worte für Supernaturals Jubiläumsstaffel gefunden. Wird das im Rewatch besser? Ich verrate es euch ohne Spoiler für die zehnte Staffel, erwartungsgemäß aber mit welchen für Staffeln eins bis neun.
Kommen ein Dämon, ein Engel und Sam in eine Bar …
… keine Pointe. Zwar war ich mit der neunten Staffel nur schwer zu versöhnen, aber man muss sagen: wow, die hat einen ordentlich Wumms im Staffelfinale. Nachdem Dean durch die Hand Metatrons „gestorben“ ist, aber quicklebendig als Dämon wieder die Augen öffnet, muss man schon mal kurz innehalten und Serien-Lore befragen wie das eigentlich geht. Schließlich haben wir früher Dämonen (wie Dean) an ihren schwarzen Augen erkannt, aber typischerweise waren es die von Dämonen besetzten Körper „normaler Leute“. Hier nicht. Man kann quasi sagen, dass ihn das Mark of Cain am Leben erhält (ergo er seinen Körper behält), er aber seine Seele (durch seine Taten) kompromittiert hat und deswegen ein Dämon ist. Nun streift er mit Crowley (Mark Sheppard) umher, denn tja, ein Jäger kann er nicht mehr sein. Und er verhält sich auch so. Man kann sagen, dass Dean (Jensen Ackles) hochgradig out of character agiert. Für Jensen Ackles war das sicherlich mal eine schöne Abwechslung all die Potentiale Deans als bad boy so richtig raushängen zu lassen. Auf eine perfide Weise steht es ihm, aber andererseits vermisst man auch den alten Dean. Manchmal schimmern immerhin noch seine Moralvorstellungen durch.
Derweil versucht Sam (Jared Padalecki) ihn zu finden. Klar, denn inzwischen ist Sam in der Serie für fast nichts anderes mehr da. Noch hat er keine Ahnung, was er finden wird. Castiel (Misha Collins) wird zwar nach dem Bezwingen Metatrons wieder von vielen Engeln anerkannt und als neue Leitfigur betrachtet, andererseits liegt er auch im Sterben mangels Angels Grace. Beschissene Lage ist noch geprahlt. Wie so oft widmet sich der Anfang der Staffel dem Aufräumen des Chaos. D.h. für Sam zu realisieren, dass er alleine doch nicht so gut klarkommt wie er dachte und Dean zu finden. Zusammen mit dem schwindenden Castiel versuchen sie eine Lösung für das Dilemma zu finden. Wie wird Dean wieder Dean? Wie wird er das Mark of Cain wieder los? Wie leider so oft in letzter Zeit funktioniert das dann doch alles etwas einfacher als ich dachte. Also zumindest der erste Teil. Keinesfalls der zweite.
SUPERNATURAL Staffel 10 – Trailer Deutsch HD German (2016), Warner Bros. DE, Youtube
History repeats …
Und damit wiederholt sich in vielerlei Hinsicht die Geschichte. Dean, der unter dämonischen Einfluss steht ist thematisch nicht so weit weg von der vierten Staffel, in der Dean aus der Hölle wiederkam. Ähnlich wie damals funktioniert die Lore auch nur so semi gut. Dean begann viele seiner Taten, weil ihn das Mark dazu zwang. Er litt sogar Schmerzen und dachte, dass er stirbt, wenn er dem Mark nicht nachgibt. Davon ist im zweiten Anlauf nichts mehr zu sehen, nachdem Sam und Castiel ihn wiederhaben. Die zehnte Staffel ist die pure Wiederholung vergangener Konflikte und Entwicklungen. Auch anhand von Hannah (Erica Carroll) wird Castiels Geschichte wiederholt. Ähnlich wie Castiel wird sie das erste Mal mit den Belangen der Menschen konfrontiert und beginnt vielleicht auch zu empfinden. Das ist ja alles ganz schön, aber habe ich das als Zuschauende gebraucht? Das alles funktioniert vor Allem dann gut, wenn … ja wann eigentlich? Wenn man jahrelang Pause zwischen den Staffeln macht und sich an die blödsinnigen Wiederholungen nicht erinnert? Vergisst, warum das eine oder andere keinen Sinn ergibt?
Was sich verschiebt, statt wiederholt, sind die Beziehungen. Castiel tourt mehr mit Hannah durch die Gegend, Dean anfangs v.A. mit Crowley. Was die beiden betrifft, gibt es schon einigermaßen viel Queerbaiting, Crowley wirkt etwas co-dependent. 🙂 Deren Bromance hat so ihre Momente. Ein Teil von mir fragt sich aber, ob das bewusst so geskriptet wurde, um das Thema Destiel etwas abzukühlen. Davon abgesehen merkt man es an der obigen Zusammenfassung an: es mangelt an einem big bad. Was passiert in der Staffel eigentlich noch? Es bleibt überschaubar. Man kann sagen, dass der eine big bad das Mark of Cain wird, die andere Gegenspielerin wird wohl Rowena (Ruth Connell). Die tauch irgendwann im ersten Drittel der Staffel auf und versucht sich auf verschiedene Weise Macht zu erschleichen. Das wirkt erstmal nicht sehr überzeugend als big bad der Staffel, weil sie eben nicht die übliche Tour fährt. Kein „Ich will die Welt zerstören, haha!“ Sondern sie tritt einfach mit einer sehr persönlichen Agenda auf. In Summe sorgt das zwar für eine Staffel, die hier erstmal wenig Gravitas hat, aber auf lange Sicht gesehen war es großartig Rowena einzuführen. Das volle Potential ihrer Figur entfaltet sich dann aber eben leider erst ab Staffel 11. Eine Investition in die Zukunft zugunsten einer verhältnismäßig langweiligen Jubiläumsstaffel.
(Verpasste) Chancen und Höhepunkte
Neben Rowena wurde aber auch noch ein anderer Charakter eingeführt: Donna (Briana Buckmaster) haben wir schon in einer Episode der neunten Staffel gesehen. Sie wiederzubringen und mit Jody zu einem Duo tougher Jägerinnen zu machen ist eine der besten Entscheidungen des späteren Supernatural. Vor Allem korrigiert es auch die sehr, sehr ungnädige Kurve der Frauen in Supernatural, die nicht als Opfer oder Bösewicht auftreten. Dazu zählt auch, dass Kathryn Newton als Claire Novak zurückkommt. Einerseits ist sehr löblich, dass man den Fakt nicht außer Acht lässt, dass Castiels Taten dafür sorgen, dass (u.a.) eine ganze Familie zerstört wurde. Auch dass er mit dem Angesicht ihres Vaters herumläuft hat einen seltsamen Beigeschmack. Aber offen gestanden: zumindest ich habe nicht wirklich darauf gewartet, dass Claire wiederkommt. Offenbar hatte sie aber einige Fans und ebnet den Weg für zwei größere Entwicklungen der Serie: die Wayward-Sisters und Castiel als eine Vaterfigur. Eine verpasste Chance ist hingegen Cole Trenton (Travis Aaron Wade). Es beginnt damit, dass er zu Beginn der Staffel ebenfalls Dean sucht, um sich für den Tod seines Vaters zu rächen. Dean hat den einst umgelegt, weil er ein Monster war. So geben sie Cole irgendwann den „Talk“. Travis Aaron Wade gibt aber eine passable Figur ab, dem man noch mehr hätte zutrauen können. Er dient auch gut als Mahnmal der „anderen Seite“ des Jägerdaseins. Es bleibt immer irgendwer zurück. Leider wurde seine Geschichte in wenigen Episoden abgehandelt.
Ein paar Kuriositäten und Beobachtungen aus der Staffel sind, dass Leslie Nichols offenbar gern als Köchin ge-typecasted wird. Hier und in Downton Abbey. 🙂 Der Preis für den größten Bullshit geht an die Folge 10×16 „Paint It Black“. Im Zentrum steht das Tagebuch einer italienischen Frau aus dem 16. Jahrhundert. Sam kann es lesen, ohne Probleme. Welche Sprache spricht Sam eigentlich nicht? Der Preis für die wiederum beste Folge geht an 10×05 „Fan Fiction“, in der Sam und Dean einen Fall an einer Highschool untersuchen, in dem gerade ein Musical geprobt und aufgeführt wird. Es ist nicht geringeres als das Musical Supernatural. 🙂 Legendär. Zwar singen Sam und Dean an keiner Stelle der Musicalepisode und Castiel hat mir gefehlt, aber es ist eben schon die mit Abstand witzigste Folge der Staffel und eins der Highlights der ganzen Serie. Tipp: A Single Man Tear gibt’s auch bei Spotify anzuhören.
[SPN 10.05] Fanfiction – A single man tear (Lyrics), JuOn_Off, Youtube
Wie kann das Fazit lauten!?
Das der Staffel: verheerend. Fasst man all das zusammen, hat die Staffel versucht viel lobenswertes voranzutreiben (mehr Frauen mit bedeutungsvollen Storylines, Castiel als Vaterfigur, etc.) und hat sich dabei in einige Widersprüche der Serienlore verfangen. Im Bestreben mal etwas anders zu machen, gibt es keinen big bad oder zumindest keine, die wie in früheren Staffeln alles definieren und an sich reißen. Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, das mal versucht wurde etwas anders zu machen. Aber so ganz können die Drehbuchautor:innen nicht aus ihrer Haut und wiederholen frühere Muster. Nach zehn Jahren gingen ihnen vielleicht auch die Ideen aus oder die Serien-Lore wurde unüberschaubar. Was war da? Was noch nicht? Was funktioniert laut Serienmythos? Vieles verschwimmt. Unter den Hauptcharakteren mangelt es an bedeutungsvoller Storyline für Sam, während Jensen Ackles als Dean quasi ab hier konstant alle interessanten Wendungen abbekommt. Das klingt nicht gut und das ist leider auch so – die zehnte Staffel ist einer von zwei großen Tiefpunkten in Supernatural. Bevor ihr fragt: der andere ist für mich Staffel 14. (4/10)
Und wie kann das Fazit für die gesamte Serie lauten? Schließlich enden hier meine Rewatch-Reviews. Staffeln 11 bis 15 muss ich nicht nochmal reviewen, meine Meinung ist so geblieben. Das Fazit der Serie habe ich nach (dem ersten) Beenden der 15. Staffel schon mal hier in Langform abgetippt und mir neulich erlaubt Supernatural auch nochmals als Beispiel heranziehen für die Frage warum funktionieren Serien nach gewisser Zeit nicht mehr? Denn leider ist die Serie so ein Fall für mich. Dass ich die Serie noch schauen kann und immer noch auf eine gewisse Weise feiere, liegt eben viel an Nostalgie. Sicherlich auch an ihren besseren Merkmalen: dem Brudergleichnis, den Comedy-Episoden, meinen Lieblingscharakteren. Nicht hilfreich ist, dass die Serie sich thematisch nicht weiterentwickelt hat. Insbesondere das vermittelte Männerbild (Flanell, viel trinken und mit einem Muscle Car rumfahren) finde ich heute höchst fragwürdig. Muss man nicht nachahmen. Trotzdem macht das „Supernatural“ zu einer Serie, die ein spannendes Lehrstück ist. Man kann viel darüber diskutieren, sich auch gut unterhalten fühlen – das steht gar nicht zur Debatte.
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Also ein bisschen froh bin ich ja schon, die Besprechungen des Rewatches hinter mich gebracht zu haben. 🙂 Ihr findet die ganze Palette oben verlinkt, falls ihr (wie ich) nochmal Revue passieren lassen wollt wie sich „Supernatural“ so anfühlte. Wie hat euch die zehnte Staffel gefallen? Und geht ihr (wie ich) auch noch manchmal zu euren Lieblingsepisoden zurück? Habt ihr zu anderen Serien ein ähnlich gestörtes Verhältnis wie ich zu „Supernatural“?
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