Nachdem ich mit The Substance ja einen Frühstart hinlegte, ging der Anfang des „Horrorctobers“ Feier- und Brückentag sei Dank sehr angenehm und mit großen Schritten weiter. 🎃 Die Filme sind das eine. Aber Spoiler sind für Filmfans viel schauriger, oder? 👀 Deswegen gibt es hier keine.
No One Will Save You
Der Blogosphäre ist es zu verdanken, dass ich von dem Film erfahren habe. Darin muss sich eine junge Frau namens Brynn (Kaitlyn Dever) gegen eine Alien-Invasion zur Wehr setzen. Das Home Invasion Szenario bekommt v.A. dadurch zusätzliche Dramatik, dass Brynn quasi nur ihr Zuhause als Rückzugsort bleibt. Sie hat sich dort eine hyggelige Bastion gebaut, die sie vor den Augen der Außenwelt schützt. Denn die angrenzende Kleinstadt scheint voller Leuten zu sein, die etwas gegen sie haben, sie scheint keine sozialen Kontakte zu pflegen, draußen gibt es also nichts für sie.
Und dass mit niemandem groß gesprochen wird, ist auch ein Merkmal, das häufig im Zusammenhang mit dem Film erwähnt wird. Es ist also nicht übertrieben zu sagen, dass er unabhängig von einer Audiospur verständlich ist. Wie das aber bei solchen Konzepten ist, bleiben auch nach der Auflösung ein paar Fragen – sicherlich abhängig von der Stimmung Zuschauender. Immer, wenn die Nacht anbricht, versuchen es die Aliens wieder Brynns Willen und Wehrhaftigkeit zu brechen und sorgen am ehesten für die Jump Scares und Schocker. Der Rest des Films hat einige Momente, die besser nicht gespoilert werden sollen. Das Ende ist sehr einprägsam und bittersüß, lässt einen moralisch wankelmütig zurück.
No One Will Save You, USA, 2023, Brian Duffield, 93 min, (7/10)
The Other Lamb
Der Film handelt von einer Gemeinschaft von Selbstversorger:innen, abgeschieden von jeglicher Infrastruktur und Technologie in (vermutlich) Irlands Wäldern und Wiesen. Die Gemeinde besteht aus Frauen, die in „Mothers“ und „Daughters“ eingeteilt sind und von einem Mann (Michiel Huisman) geleitet wird, den sie „Shepherd“ nennen. Läuten schon alle Alarmsirenen? Wahrscheinlich. Getaucht in urige Bilder der rau-schönen Landschaft verfolgen wir das Zusammenleben aus der Perspektive von Selah (Raffey Cassidy), die schon in der Gemeinschaft aufgewachsen ist und ihren Regeln folgt. Sie fühlt sich geborgen und buhlt um die Aufmerksamkeit ihres Vaters. Als aber ihre Regelblutung einsetzt und sie für die Dauer zu den anderen (vor den Augen Shepherds) „Aussätzigen“ verbannt wird, beginnt sie die Regeln der Gemeinschaft zu hinterfragen und v.A. sich zu fragen wie ihre Mutter gestorben ist.
Zu Selahs beginnender Unruhe und den quälenden Fragen gesellen sich noch Albträume und Visionen, die abgesehen von allen moralischen Implikationen wohl am ehesten den (sehr kleinen) Horror-Aspekt des Films ausmachen. Schaut man The Other Lamb, dann muss man vom eigenen zivilisatorischen Podest runtersteigen und möglichst nicht urteilen. Es ist sicherlich sehr verlockend zu rufen „Aber sie müssten es doch besser wissen!“ Das ist ganz klar nicht das, wonach der Film sich ausstreckt, sondern der Realisierung einer jungen Frau beizuwohnen, die langsam beginnt zu verstehen, die rein männliche Narrative und rein männlich gemachten Regeln zu hinterfragen. Es fiel mir allerdings auch schwer mich auf den Standpunkt einzulassen und ich hätte die Arme in die Luft reißen und rufen wollen „Hab ich’s doch gewusst!“ mit jeder weiteren interessanten Regel, die über die Gemeinschaft bekannt wird. Davon abgesehen ist der Film eine Augenweide, entlarvend und aufrüttelnd. Ich möchte nun alles von Regisseurin Małgorzata Szumowska schauen, was ich in die Finger bekomme.
The Other Lamb, Irland/Belgien/USA, 2019, Małgorzata Szumowska, 96 min, (7/10)
Dark Harvest
Mal als Dark Harvest und mal als Die dunkle Saat in Deutschland vermarktet und betitelt, spielt der Film in einer amerikanischen Kleinstadt in den 60er Jahren. Die Gemeinde wird jedes Jahr an Halloween von einem Monster namens Sawtooth Jack heimgesucht. Einer Mischung aus Vogelscheuche, Zombie und Jack O’Lantern, der einen blutigen Pfad in der Stadt hinterlässt. Wenn sie es nicht schaffen ihn an Halloween umzubringen, wird die Stadt infolge dessen neun Jahre lang von Dürre, Sandstürmen und Missernten begleitet. Um ihren Wohlstand zu sichern, machen sie daraus einen Wettbewerb und spornen jedes Jahr alle jungen Männer mit Preisen an Jagd auf Sawtooth Jack zu machen. Richie Shepard (Casey Likes) ist davon ausgeschlossen, da sein älterer Bruder im Vorjahr gewonnen hat. Aber er hat das Gefühl was beweisen zu müssen und tut sich mit der resoluten, schwarzen Kelly (Emyri Crutchfield) zusammen, die als Frau ebenfalls vom Wettbewerb ausgeschlossen ist.
Ja, man muss sich in Dark Harvest damit abfinden, dass er in einer anderen Ära spielt und dessen Rassismen übernommen hat. Schön ist aber, dass er die zumindest herausfordert. Dark Harvest basiert hierbei auf einem Roman Norman Partridges. Von David Slade verfilmt, fühlt es sich wie eine Mischung aus Children of the Corn und The Purge an. Der Look des Films ist absolut cool und atmosphärisch. Die Teenager im Dorf leben ihre kleinen, eingeschworenen Gruppen und sehen aus wie aus Grease gecastet oder sind so richtige Highschool Douchebags mit denen man wenig Mitleid hat. Die nächtlichen Reihen der Maisfelder strahlen eine ländliche, düstere Atmosphäre aus und Sawtooth Jack ist sowohl optisch als auch vom Bodycount her ein superber Gegenspieler. Nur wäre es hilfreich, wenn die Handlung, d.h. die Sage und Regeln etwas kohärenter wären. Vieles ergibt keinen Sinn. Beispielsweise dass die Jugendlichen kurz vor der „Jagd“ regelrecht ausgehungert werden, sich während der Jagd in Rage ihren eigenen kleinen, unnötigen Fehden hingeben, auch gegenseitig verstümmeln oder andere Dorfbewohner töten, die ihnen im Weg stehen. Und niemand stört’s! Niemand scheint überhaupt irgendwas zu hinterfragen! Bei der ganzen „Opfer bringen um den Wohlstand zu sichern“-Parabel hätte der Film wahnsinnig Potential gehabt. Aber das Ausmaß an hanebüchenen Regeln und „Übersehungen“ verringert den Spaß.
Die dunkle Saat (OT: Dark Harvest), USA, 2023, David Slade, 96 min, (6/10)
Smile – Siehst du es auch?
Denkt man an das Horrorjahr 2022 zurück, dann fällt einem nicht so sehr viel mehr ein außer Talk To Me, Barbarian, vielleicht Halloween Ends und eben Smile. Das ist wenig und spricht nicht unbedingt für das Horrorfilmjahr. Smile ist allerdings ein passabler, spannender Horrorfilm, der im Fahrwasser von Genreklassikern schwimmt. Darin wird die Psychotherapeutin Dr. Rose Cotter (Sosie Bacon) einem Fall zugeordnet, der eine schnelle und dramatische Wendung nimmt. Eine ihr neu zugewiesene Patientin (Caitlin Stasey) erzählt ihr, sie würde Menschen sehen, die auf manische Weise lächeln, meistens nicht wirklich da sind und sie dazu bringen Dinge zu tun, die sie nicht tun will. Nachdem die Patientin auf verstörende Weise vor Roses Augen Selbstmord begeht und auch Rose danach beginnt das verstörende Lächeln in ihrer Umgebung zu sehen, muss sie hinterfragen, ob es eine Psychose ist oder tatsächlich ein Fluch, der sich von Person zu Person heftet?
Schaut man Smile, kommt man nicht umhin darin das zu sehen, was ich als „Japanischer-Horrorfilm“-Muster bezeichne. Ein Fluch heftet sich von einer Person an eine andere und tangiert empfindlich ihre Vergangenheit. Die Nachforschungen beginnen – man entdeckt das sich lange fortsetzende Muster und vielleicht auch wie man den Fluch brechen kann? Hier beginnt allerdings der Film für mein Empfinden zu schwächeln, da sich dieser Prozess zieht und dabei nicht gerade spannender wird. Auch die Figurenzeichnung ist abgesehen von Rose selbst sehr schwach und einseitig. Der Verlobte entpuppt sich als selbstzentriertes Arschloch (Jessie Usher), der Ex ist (was für ein schöner Zufall) Polizist (Kyle Gallner), usw. Smile kann sich nicht gegen alle Vorhersehbarkeiten und Muster des Genres stemmen, um einen bleibenden, besseren Eindruck zu hinterlassen und hat ab eines gewissen Zeitpunkts absolut unnötige jump scares, die wenig für den Film tun. Er spielt mit der Verschmähung und dem Disrespekt von mentaler Gesundheit vor der Öffentlichkeit, verliert aber dieses Muster zunehmend. Dabei ist das schaurige Lächeln und die Doppeldeutigkeit (Fluch oder Psychose?) zu Beginn noch sehr wirkungsvoll.
Smile – Siehst du es auch? (OT: „Smile“), USA, 2022, Parker Finn, 116 min, (7/10)
Und sonst so?
Ganz guter Auftakt, fast 40% sind geschafft. Nach einigen stressigen Arbeitswochen, kam mir das sehr gelegen. Füße hoch, Filme gucken, Pumpkin Pie essen, danke. 😊 Gelesen habe ich auch. Genauer den Comicband Bad Dreams In The Night, den Manga #DRCL – Midnight Children Band 3 (hier könnt ihr über Band 1 nachlesen) und Anne Rices Interview with the Vampire. Letzteres lese ich zusammen mit Sabine, was mir wohl mehr Spaß macht als das Buch an sich. 🤣 Es ist toll geschrieben, aber meine Erwartungshaltung musste ich erst etwas zurechtrücken, da ich ja gerade erst die Serie geschaut habe (und mir die wohl einen Tick besser gefällt).
Zu den bisherigen Artikeln
Filmbesprechung zu „The Substance“
Bei „Dark Harvest“ hatte ich übrigens echt Glück. Als wir den Film geschaut haben, wurde mir bereits angezeigt, dass er nur noch wenige Tage bei Prime verfügbar wäre. Hier kommt also mein Sendehinweis zu spät. Übrigens habe ich den großen Twist von „Dark Harvest“ sehr zum Ärger meines Mannes in den ersten 15 Minuten erraten und auch geäußert. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich es jetzt erstmal bis zum letzten Viertel eines Films für mich behalten soll, wenn ich meine was durchschaut zu haben. 😂 Wie war euer Horrorctober bis jetzt?
Schreibe einen Kommentar