Es gibt sie immer. Diese Woche, wo man zu nichts kommt. Und das war wohl diese? Heute muss ich also nur mit einem Film meiner angekündigten Liste ins Rennen gehen. Dafür war der zumindest gut. 🙂
Creep
Anzeige: Typ sucht professionellen Kameramann, der ihn einen Tag lang begleitet. So oder so ähnlich klang vielleicht die Anzeige, die Aaron (gespielt von Regisseur Patrick Brice) sah und sich daraufhin meldete. Als er bei seinem Auftraggeber Josef (Mark Duplass) ankommt, hält er die Axt im Vorgarten noch für das beunruhigendste. Josef erklärt ihm, dass er einen Gehirntumor hat und gern für sein ungeborenes Kind ein Video aufnehmen würde, dass ihm später zeigt, was für er ein Mensch er war und das geht am besten im normalen Alltag. Also hat Aaron die Ehre Josef beim Reden, Essen, Baden und Schlafen zuzuschauen. Aber nach und nach häufen sich die seltsamen Spleens und Ideen Josefs und lassen begründet den Verdacht aufkommen, dass Josef einen ganz anderen Plan hat.
Creep basiert auf einem Drehbuch und einer Idee von Duplass und Brice, die auch die Hauptrollen in dem Film spielen, der ohne viel Aufwand, besondere Schauplätze oder Effekte auskommt, aber seine Wirkung trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen voll entfaltet. Aaron stellt sich übrigens gar nicht so blöd an. Er bekommt relativ früh den Eindruck, dass Josef ziemlich irre ist und er zusehen sollte, dass er von dort wegkommt. Aber da endet der Film noch nicht. Dafür, dass es keine Monster oder Geister gibt, hat der Film gute Jump Scares und sorgt v.A. in der zweiten Hälfte für eine herrlich gruselige Atmosphäre, denn Duplass hat den Creep wirklich gut drauf. Brice und Duplass haben auch für die Szenengestaltung ein Händchen. Manchmal braucht es eben nicht mehr als Duplass‘ diabolisches Grinsen, die Shakey Cam oder den gruseligen Gastgeber, der mit dem Rücken zum Licht steht und man sein Gesicht nicht erkennen kann. Und nicht erahnen kann, was er wohl wirklich vor hat und was in seinem Oberstübchen abgeht. Die Undurchsichtigkeit des Auftraggebers Josef und seine seltsame Art ist gruseliger als so mancher Horrorfilm mit Geistern und viel Budget. Das Einzige was einem anfangs fast etwas den Wind aus den Segeln nimmt ist der zu gediegene und ruhige Einstieg, der den eigentlich kurzen Film gefühlt streckt. Wer einen Eindruck gewinnen möchte, kann sich den unten eingebetteten Trailer ansehen, der aber gegen Ende schon etwas zuviel verrät.
Creep, USA, 2014, Patrick Brice, 77 min, (7/10)
„Creep (2014) Official Trailer“, via MovieStation (Youtube)
Und sonst so?
Vielleicht liegt es auch nicht nur an einer stressigen Woche, dass ich nur einen Film zu verbuchen habe, sondern auch daran, dass ich eine Serie ge-quasi-binged habe. So wie es der Feierabend eben zulässt. 🙂 Nachdem ich American Horror Story: Hotel weniger interessant fand als viele der begeisterten Stimmen da draußen, ließ ich mir erstmal etwas Zeit, um darüber nachzudenken, ob ich nochmal eine Staffel schauen möchte. Die reißerischen Themen der fünften Staffel um sexuelle Ausschweifungen und Drogen fand ich zu gewollt, zu sehr in-your-face, Lady Gagas (sogar mit Preisen ausgezeichnete) Charakter empfand ich als müden Abklatsch Catherine Deneuves in einem meiner Lieblingsfilme The Hunger und das Motiv des Haunted Hotel war mir einfach viel zu nah am Haunted House. Es gab weniger Geschichten, die mich interessiert und berührt haben – am meisten wohl aber die von „Liz Taylor“ (Denis O’Hare). Also meine Ambitionen die von mir früher mal sehr gehypte Serie weiterzuschauen waren plötzlich nicht mehr sehr groß. Aber der Liebste war so begeistert von der 6. Staffel (Roanoke), dass ich (nach über einem Jahr) dann doch neugierig wurde.
„American Horror Story: Roanoke“ (Season 6)
Schon von der ersten Sekunde an fühlt man sich wie der Zuschauer eines Reality-Doku-Formats – und das ist gewollt und der Kniff von AHS: Roanoke. Shelby (Lily Rabe) und Matt (André Holland) erzählen in Interviews davon wie sie nach einem brutalen Überfall in der Stadt aufs Land zogen. Sie ersteigerten ein großes Anwesen mit vielen Hektar Land, machen sich aber gleichzeitig auch eine Horde Hillbillys zum Feind, die mitbieten wollten. In nachgestellten Szenen mit professionellen Schauspielern erlebt der Zuschauer den Horror von Matt und Shelby lebhaft. Als es Zähne regnet; sie nachts seltsame, unmenschliche Schreie hören und Geistererscheinungen haben, sind das aber nur Vorboten eines viel größeren und viel blutigeren Unheils.
„AMERICAN HORROR STORY Season 6 STORY TRAILER (2016) 2016 FX Series“, via Series Trailer MP (Youtube)
Schaut man sich die vergangenen AHS-Staffeln an, dann drängt sich der Gedanke auf: schon wieder das Haunted-House-Motiv. Es gab bisher keine Staffel von AHS, in der das nicht auf die eine oder andere Art Thema war. Am stärksten wohl aber selbstverständlich in der ersten Staffel, wo es das Leitmotiv war, aber auch sehr stark in der fünften Staffel (Hotel). Es lohnt sich aber sehr dran zu bleiben, denn die Staffel kann mehr. Das Motiv wird ausgeweitet von einem scheinbaren Spuk-Haus, zu einer ganzen Region. Denn das Anwesen, was Shelby und Matt kaufen, steht auf dem Boden, den einst die verschwundenen Siedler der Roanoke-Kolonie rund um Anführerin Thomasin White (Kathy Bates) zu ihrem neuen Zuhause machten und dafür einen unheiligen Handel eingegangen sind. Dass Thomasins Spitzname „The Butcher“ wurde, sollte einen Eindruck dessen geben, was zu erwarten ist. Und lange nach ihrem Tod bindet sie dieser Handel immer noch an den Boden und wer es wagt, den zu betreten, wird am Blutmond (passenderweise im Oktober) bestialisch geopfert. Selbstredend, dass die Fans der Reality-Show „My Roanoke Nightmare“ denken, dass alles ausgedacht ist und nie wirklich passierte und frenetisch die Serie feiern, weil alles so „wow“ ist.
Und so mündet die Serie in einer zweiten, noch stärkeren Hälfte, in der ein ganz schlauer TV-Produzent (Cheyenne Jackson) plant die echten Leidtragenden wie Shelby, Matt und Matts Schwester Lee (Adina Porter), sowie die Schaupieler, die sie damals in der Doku-Reenactment-Serie verkörperten (Sarah Paulson, Cuba Gooding Jr und Angela Bassett), wieder zurück in das Haus zu schicken und sie während des Blutmonds drei Tage lang zu beobachten. Das geht für alle ziemlich schlecht aus. Und das ist der einzige Grund, warum die Serie keine Top-Wertung bekommen kann: die machen alle mit. Freiwillig. Dass die Schauspieler nicht daran glauben ist gut möglich. Sie drehten einst im Sommer und da gab es keinen Spuk, weil sie weit vom Blutmond entfernt waren. Aber die fadenscheinigen Gründe, aus denen die „echten“ Shelby, Matt und Lee gehen, riechen zu sehr nach Fiktion und Hollywood-Drehbuch. Hätte wohl ansonsten keinen „Spaß“ gemacht. Trotzdem ist Roanoke eine der bisher besten Staffeln von AHS, da es sowohl die Geldmaschine der TV-Branche auf die Schippe nimmt, genauso wie den Hillbilly-Gore-Horror, vermeintliche Orakel und Influencer – und das alles vor Allem in seiner sehr starken zweiten Hälfte. Wobei ich sagen muss, dass die Folge in der ein paar Influencer-Teens das Horror-Haus suchen Found Footage Character hat und mich wohl am meisten mitgenommen hat. Das war hart. Das Motiv der verschwundenen Kolonisten von Roanoke ist außerdem mal wirklich kreativ und stark. Es bleibt also eindeutig nicht bei Haunted House. (9/10)
Zu den bisherigen Artikeln
Ankündigung und Filmliste
Woche 1 mit „It Comes at Night, „Suspiria“, „The Nun“
Erst beim Schreiben ist mir aufgefallen, dass sowohl „Creep“ als auch „AHS: Roanoke“ den Charme des Found-Footage-Subgrenes haben. 🙂 Normalerweise ist mir das zu wackelig und ungestyled, verschluckt zuviel Informationen, obwohl es sich tatsächlich echt anfühlt. Aber der Aspekt ist hier in beiden Medien gut gelungen. Inzwischen habe ich angefangen „Spuk in Hill House“ zu schauen, was mich v.A. deswegen lockt, weil es auf einer Literaturvorlage von Shirley Jackson beruht – wohl leider aber nur lose. Ich konnte trotzdem meine Neugier nicht zügeln und musste schon einschalten. Viel gibt es dazu aber noch nicht zu sagen. Wie war eure zweite Horrorctober-Woche?
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