Nach den düsteren Themen der vergangenen beiden Filmchallenges verlangte mein Herz nach KITSCH. Und ROMANTIK. Und all dem SCHMALZ. Dann noch weihnachtlicher Glitzer drüber und voila: ein neuer Weihnachtsklassiker? Zumindest das eine oder andere davon habe ich in „Last Christmas“ bekommen. Filmbesprechung ist spoilerfrei.
Kate (Emilia Clarke) säuft wie ein Loch, fliegt bei einem Mitbewohner nach dem anderen raus, schläft mit diversen netten Typen, die sie allesamt noch nie vorher gesehen hat und versucht doch tagsüber so zu wirken, als ob alles ok ist. Da steht sie typischerweise als Weihnachtselfe verkleidet im Laden ihrer Chefin „Santa“ (Michelle Yeoh) und versucht Freude und Besinnlichkeit zu verkaufen, die sie innen drin so gar nicht empfindet. Zurück zu ihrer Familie gehen um mal wieder ein Bett zum schlafen zu haben? Nein, danke. Seitdem Kate schwer krank war, ist nichts mehr wie es war. Auch nicht die Beziehung zu ihren Eltern. Nebenbei versucht Kate irgendeinen Job als Sängerin abzugreifen und hetzt von Vorsingen zu Vorsingen. Da tritt mit Tom (Henry Golding) ein netter Mann in ihr Leben und will partout nicht gehen, egal wie brüsk sie ihn abweist. Und der macht, dass das Verdrängen ein Ende hat und Kate ihre Entscheidungen hinterfragt.
Da der deutsche Trailer einfach zuviel spoilert, muss es der englische tun …
„Last Christmas – Official Trailer“, via Universal Pictures (Youtube)
Es ist vollkommen egal wie man die Inhaltsangabe formuliert, es ist eh jedem klar, dass zwischen Kate und Tom eine gewisse Chemie herrscht und wo das ganze idealerweise hinführen sollte. Und genau das wollen wir doch zu Weihnachten, oder? Dass alles gut wird un sie sich kriegen? Wer von diesem Muster gelangweilt ist, den muss ich einerseits enttäuschen und andererseits beruhigen. Natürlich geht es darum. Aber nicht nur – was sehr angenehm ist. Die „Kriegen sie sich?“-Frage beschäftigt den Zuschauer schon sehr bald. Und das mindestens genauso schwer wie die Frage, was Tom eigentlich für einer ist. Seine erfrischend andersartigen Sichtweisen, die fast einen Hauch „Zen“ haben drängen sich schon sehr bald sehr stark auf. Das ein oder andere um Tom und Kate lässt sich stellenweise einfach erraten. Aber wer jetzt schon gelangweilt ist, dem sei gesagt, dass sich recht früh im Film andeutet, dass hier noch eine Überraschung lauert. Ob die gut oder schlecht ist, lasse ich mal offen. Bis dahin gibt es aber dankenswerterweise noch eine Menge Slapstick und Comedy, die von den altbekannten und erratbaren Mustern ablenkt und die wohl die eigentliche Stärke des Films sind. Und jetzt kommen wir zu dem, womit der Film von den üblichen Mustern die Weihnachtsklassiker wie Tatsächlich … Liebe vorgeben abweicht und andere, sogar sehr weihnachtliche Impulse setzt.
Paul Feig inszenierte Last Christmas als einen Film und Hommage an die Musik von George Michael, die auch prominent platziert ist. Von WHAM!s unvermeidlichem Last Christmas über Faith und Feedom … alles dabei. Und nach einem Drehbuch von niemand geringerem als Emma Thompson und Bryony Kimmings, wobei Thompson selber auch die Rolle von Kates Mutter spielt und herrlich dramatisch sein darf. Kates Familie sind Einwanderer bzw Flüchtlinge aus Jugoslawien, die noch den bitteren Erinnerungen an den Krieg hinterherhängen. Dem bevorstehenden(?) Brexit steht insbesondere Kates Mutter mit Furcht gegenüber, da sie einen Stimmungswandel gegen ausländisch-stämmige Bürger erwartet. Zudem gewährt es Einblick in das Leben derer, die flüchten mussten und in einem anderen Land klarkommen müssen. So ist Kates Vater eigentlich Anwalt; muss aber in London, dem Schauplatz des Films, Taxi fahren; weil sein Abschluss nicht anerkannt wird. Damit fängt der Film den politischen und gesellschaftlichen Zeitgeist auf mehreren Ebenen ein und ist erschreckend realistisch und ernüchternd, aber erzieht uns dazu positiv zu sein. Die Menschen willkommen zu heißen und als das zu sehen was sie sind: unsere Mitmenschen. Der Aufruf zur Empathie geht noch weiter als Kate beispielsweise beginnt animiert durch Tom Geld für ein Obdachlosenasyl zu sammeln und uns mit dem großen übergreifenden Thema daran erinnert, worum es bei Weihnachten eigentlich geht. Um das Miteinander und darum etwas geben. Und das vor Allem denjenigen, die es wirklich brauchen. Was das betrifft ist der Film eine Punktlandung.
Eigentlich möchte ich gar keine Bewertung in Sternchen oder Zahlen geben, weil der Film an sich schon gut ist so wie er ist. Wie gut er einem gefällt, hängt vorrangig vom Humor ab. Da gibt es herrlich viele Fettnäpfchen, manchmal recht lapidaren, einfachen Humor und halt leider auch die Muster, die man schnell entschlüsselt und das auch teilweise sehr traurige Ende erraten kann. Das heißt: Es gibt Dinge an dem Film, die sind vielleicht nicht so toll. Die sind vielleicht etwas kitschig oder zu offensichtlich. Aber ist seine Aussage nicht schön? Will ich da wirklich Zahlen ranschreiben, nach denen vielleicht jemand vorschnell und ohne hinzuziehen des erklärenden Textes wertet „Nur eine 7 – muss ich also nicht gesehen haben“? Hm. Das ist dann wohl das Dilemma des Kritikers. Ich schreibe trotzdem meine Zahl ran so wie ich es immer tue. Aber sage: wenn ihr wieder dran erinnert werden wollt, was der Weihnachts-Spirit ist, dann schaut mal Last Christmas.
Last Christmas, UK/USA, 2019, Paul Feig, 103 min, (7/10)
„George Michael – Heal The Pain (Video) (Remastered)“, via Memory Lane (Youtube)
Weihnachtsfilme haben sowas an sich, dass ich ihnen viel verzeihen möchte, was mich ansonsten stirnrunzeln ließe. Eigentlich gilt das für die Weihnachtszeit insgesamt. Viele sagen Weihnachten ist nur Konsum – das kann schon sein. Aber Weihnachten kann auch helfen sich zu besinnen worauf es ankommt und wieder ein bisschen netter zu seinen Mitmenschen zu sein. Auch wenn man davon am Black Friday in Einkaufszentren leider erstmal nichts sieht … . Es kommt eben darauf an wie man Weihnachten auffasst. Filme wie „Last Christmas“ helfen vielleicht sich wieder zu erinnern. Wie seht ihr das? Und habt ihr den Film schon gesehen? Wie fällt eure „Wertung“ aus? Welchen Weihnachtsfilm muss man eurer Meinung nach unbedingt gesehen haben?
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