7ème art: Chinesischsprachige Filme

Um diese Werkschau habe ich mich einigermaßen lange gedrückt. Warum? Wegen Chinas Politik in manchen Belangen. Wegen der quälenden Territorialfrage, Ein-China-Politik, uff, ich dachte ich kann hier eigentlich nur alles falsch machen. Schließe ich den Hongkong-Film ein, eine der Säulen der chinesischen Filmindustrie, oder bekommt der eine eigene Werkschau? Und was ist mit Taiwan? Viele Fragen, die ich über längere Zeit versucht habe zu durchdringen und immer noch das Gefühl habe vieles nicht vollumfänglich zu erfassen. So wurde daraus erstmal „chinesischsprachige Filme“ und heute erstmal mit einem Fokus auf Filmen aus der Volksrepublik China und Hongkong. Daher ist diese Werkschau wohl so unvollständig wie kaum eine, die sich einem bestimmten Produktions- oder Herkunftsland widmet. Wie umreißt man den chinesischsprachigen Film in sieben Filmen? Naja, letzten Endes sah ich einige mehr und nahm eine bestimmte Auswahl hier rein, die eben (wie eigentlich immer bei den Werkschauen) erstmal nur für mich stellvertretend ist, aber hoffentlich viele bekannte Vertreter abdeckt. Ich bin gespannt wie ihr oder ich das in zehn Jahren bewerten würden. Also heute: sieben Filme aus der Volksrepublik China und Hongkong. Warum übrigens gerade jetzt? Naja – nachträglich: happy lunar new year!

Die Todeskralle schlägt wieder zu (auch: „Bruce Lee: Die Faust des Drachen“)

Was kann verwirrender sein als der Titel im deutschen Verleih? Weniges. Während der Titel impliziert, dass es die Fortsetzung einer Reihe ist, erleben wir hier eigentlich das erste Abenteuer von Tang Lung (Bruce Lee). Der wird von einem Verwandten gebeten nach Rom zu reisen und ihnen zu helfen ihre Gaststätte gegen Gangster zu verteidigen. Anfangs machen sich alle über den Cousin aus Hongkong lustig – was soll der schon richten? Tang Lung hingegen „culture clasht“ mit dem westlichen Alltag in Rom. Aber bald schon bekommt er die Gelegenheit zu zeigen, was er drauf hat. Die Gangster nehmen das als Anlass um mit immer stärkeren Verbündeten aufzutauchen.

Der seltsame Titel rührt wohl daher, dass in Deutschland zuerst der Nachfolgefilm um Tang Lung erschein, in dem die Todeskralle der Gegner ist. Der Rest entsteht wohl aus mangelnder Recherche und viel Verwirrung. Unter seinem internationalen Namen ist der Film vielleicht am Ende besser bekannt: The Way of the Dragon. Den will Tang Lung demonstrieren, nachdem es mehr oder weniger zusammenhängende Späße über fremde Sitten gibt. Obwohl die anfangs sehr seltsam anmuten (die Suppen-Szene im Flughafen-Restaurant), sind spätere schon sehr gelungen und witzig. Am besten ist es aber wohl, wenn sich Tang Lung beweisen kann, nachdem so lange Erwartungshaltung aufgebaut wurde. Das Herabschauen Tang Lungs auf Rom und seine Atrakktionen ist vielleicht das, was man in so einem Culture Clash Szenario erwartet, aber sicherlich nicht für alle gleich witzig. Zwischendrin kann man sehr gut sehen, dass teils an Originalschauplätzen, teils im Studio gedreht wurde (Stichwort Kolosseum). Dem Spaß an der Klopperei tut das nur mäßig Abbruch. Vor Allem dann nicht mehr, wenn Chuck Norris auftaucht.

Die Todeskralle schlägt wieder zu (OT: 猛龍過江 „Meng long guo jiang“), international auch: The Way of the Dragon, Hongkong, 1972, Bruce Lee, 100 min, (7/10)

Sternchen-7


The Way of the Dragon: The power of chinese boxing, Binge Society, Youtube

A Chinese Ghost Story

Auch bekannt unter A Chinese Ghost Story – Verführung aus dem Reich der Toten ist der Film eine Adaption von Pu Songlings klassischer Geistergeschichte. Den Film könnte man dem Genre Xianxia zuschreiben, dass im Gegensatz zum Wuxia neben Kampfkunst häufig mythologische Figuren, Taoismus und buddhistische Motive beinhaltet. Der Film löste einen Kult aus und zog noch zwei Sequels nach sich. Ist es komisch zu sagen, dass für mich ein kleiner Wunsch in Erfüllung ging als ich den Film sah? Wollte ich ihn doch als von Asien fasziniertes Kind der 90er ständig sehen und kam doch vor Zeiten des Streamings eher nicht an den Film. Heute ist er in schlechter Qualität selbst auf Youtube, was wohl in die Kategorie Fluch und Sehen fällt. A Chinese Ghost Story handelt von dem glücklosen Schuldeneintreiber Ling Choi San (Leslie Cheung), der eher zufällig der schönen Nip Siu Sin (Joey Wong) begegnet und sich in sie verliebt. Nichtsahnend, dass die schöne ein Geist ist und bereits dem dunklen König der Unterwelt versprochen.

Angeklebte Bärte, kreative und handgemachte Effekte, Zombies oder Geister (das ist nicht so ganz klar), ein tollpatschiger Held mit dem so ziemlich alle versuchen Unfug zu treiben, ein kampferprobter (singender) Kung-Fu-Meister … soll ich noch weitermachen? A Chinese Ghost Story hat eigentlich alles, was man sich in einem Film so vorstellen kann. Für westliche Sehgewohnheiten sind die schnell abgespulten Actionszenen eher gewöhnungsbedürftig und auch die herrlich unecht aussehenden Bärte lösen bei mir einige Fragen aus. Dafür entschädigen aber wiederum die Bilder von wallenden Gewändern in der Geisterstunde und die Komik des ahnungslosen Ling Choi San. Denn der merkt erstmal nicht, dass seine Angebetete tot ist („Warum nur ist deine Haut so blass und so kalt!?“) und wird ständig unfreiwillig in Kämpfe verwickelt. Auch die Gesellschaft bekommt unterschwellig ihr fett weg, wenn beispielsweise der Richter darauf wartet „endlich“ bestochen zu werden oder die Polizisten relativ ratlos jeden verdächtigen. Und dann ganz überraschend sieht man spannende Kameraeinstellungen zwischen den antiquiert wirkenden Effekten. Vielleicht wäre A Chinese Ghost Story nicht mein Kultfilm der 80er geworden, aber man erkennt schon, warum es einer wurde. Er macht halt Spaß.

A Chinese Ghost Story (OT: 倩女幽魂), Hongkong, 1987, Ching Siu-Tung, 92 min, (7/10)

Sternchen-7


Rote Laterne (Deutscher Trailer) || KSM, KSMFILM, Youtube

Rote Laterne

Rote Laterne ist einer der bekanntesten unter Regisseur Zhang Yimous Frühwerken. Im China irgendwann zwischen 1910er und 1920er Jahren muss die Studentin Songlian (Gong Li) ihr Studium abbrechen und für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familie heiraten. Sie tut das widerwillig, aber aus Mangel an Alternativen. So wird sie eine Nebenfrau, genauer gesagt die 4. Frau eines reichen Mannes. Der lebt die alten Traditionen und Werte und sieht sich als Oberhaupt der Familie, Dreh- und Angelpunkt aller Bedürfnisse und Regeln innerhalb seines Hauses. Songlian findet sich als 4. Herrin in einem eigenen kleinen Subkosmos wieder, der wenig mit der Realität der Außenwelt zutun hat. Und das transportiert der Film auch. Sobald Songlian hinter den Mauern des Anwesens verschwindet, wird der Film und sie diese nicht mehr verlassen. Die einzigen Ausnahmen scheinen Krankheit oder Tod zu sein.

Anhand der anderen „Schwestern“ genannten Herrinnen bzw. Nebenfrauen sieht sie ihre Zukunft. Es gibt reichlich Intrigen, gegen die sich Songlian mehr oder weniger zu wehr setzen kann. Schnell adaptiert sie die Denke als Herrin und verhält sich als solche gegenüber Bediensteten. Letzten Endes tauscht sie ihre Bildung und Selbstwert gegen das soziale Gefüge innerhalb der Mauern um sich gegen die unsichtbaren Regeln zur Wehr zu setzen. Erschreckend ist wie stark der Wille des Hausherren alles beeinflusst. Entscheidet er sich bei einer der vier Frauen zu übernachten, so werden vor deren Schlafgemach zig rote Laternen angezündet. Der Moment der Verkündung ist wie eine Prozession oder Feierlichkeit inszeniert, an der alle vier Frauen und Bedienstete teilnehmen müssen. Eine als Tradition verkleidete Farce aus Besitzansprüchen und klar verteilten Rollenbildern, die Demütigung, Wettbewerbsdenke und Abhängigkeit hervorbringt.

Interessant sind die inszenatorischen Finessen Zhang Yimous, der uns nicht aus den Mauern herauslässt – genauso wenig wie Songlian. Die roten Laternen werden Stimmungsbild und Symbol. Der Hausherr und Ehemann ist stets eine Figur am Rand. Aber kein Außenseiter, sondern eine unantastbare Macht. Er zieht die Strippen, bleibt aber nahezu gesichtslos als Metapher auf Macht im Allgemeinen. Die Räume der Herrinnen geben Aufschluss über ihren Charakter. Manche von ihnen versuchen aus den Mauern auszubrechen wie Meishan, die nicht selten auf den höchsten Punkten des Anwesens unter freiem Himmel singt. Selten war ein Gefängnis so schön inszeniert.

Rote Laterne (OT: Dà hóng dēnglóng gāogāo guà), China/Hongkong/Taiwan, 1991, Zhang Yimou, 125 min, (9/10)

Sternchen-9

Chungking Express

Wong Kar-Wais Chungking Express nimmt uns mit in den Großstadtdschungel Chungkings – kleiner Hinweis auf den Originaltitel, indem sich selbst ohne Chinesischkenntnisse (aber vielleicht mit Japanischekenntnissen) die Schriftzeichen für Wald erkennen lassen. Wie stellt man sich Großstadtdschungel vor? Dicht bevölkert und schnell? Check. Ich füge hinzu: wie im Rausch. In zwei Episoden zeigt Wong Kar-Wai sowohl Nacht- als Tagschicht eines Polizisten und allerlei Verstrickungen rund um Liebe und Neuinterpretationen des Begriffs Femme Fatale. Die erste Episode handelt von „Polizist 223“ (Takeshi Kaneshiro), der während seiner Nachtschichten im Viertel stets in der Nähe eines Telefons abhängt, in der Hoffnung, dass sich seine Freundin bei ihm meldet. (Smartphone war kein Konzept. Es lebe der Pager.) Es dauert eine Weile bis ihm aufgeht, dass seine Freundin inzwischen seine Ex ist. In einer Nacht beschließt er sich in die nächste Frau zu verlieben, die zur Tür einer Bar hereinkommt. Die Frau mit der blonden Perrücke (Brigitte Lin), die dann tatsächlich die Bar betritt, ist aber aufgrund ihrer Berufswahl kein „perfect match“ für einen Polizisten.

In der zweiten Geschichte wird sehr erfolgreich das Lieblingslied von Faye (Faye Wong) zum Orhwurm gemacht: California Dreaming. Sie verliebt sich wiedeurm in den Polizisten mit der Dienstnr 663 (Tony Leung Chiu Wai), der jeden Tag in dem Imbiss einkauft, in dem sie arbeitet. Als seine Ex-Freundin ihren Wohnungsschlüssel dort abgibt, beginnt Faye ein Spiel, das ihr viel Ärger einbringen könnte. Und sehr lustig für Zuschauende anzusehen ist. Insbesondere in der zweiten Geshcichte drückt sich eine wunderbar, melancholisches Fernweh aus. Kalifornien wird hier mehrmals das Stichwort und Chungking pklötzlich zu einer Art Weltenflucht. Dass die Polizisten meist nur über ihre Dienstnummer assizziert werden, verstärkt den Eindruck der Überbevölkerung und Verlusts der Identität umso mehr, ob so gewollt oder nicht. Vor Allem liegt aber ein gewisses Versprechen in Beziehungen, die hier als sehr flüchtig dargestellt werden und für die Wong Kar-Wai schwelgerische Bilder findet. Schnell, laut und trotzdem melancholisch? Funktioniert. Und das noch herrlich kurzwe8ili.

Chungking Express (OT: 重慶森林 bzw 重庆森林), Hongkong/China, 1994, Wong Kar-Wai, 98 min, (8/10)

Sternchen-8


Chungking Express (1994) ORIGINAL TRAILER [HD 1080p], HD Retro Trailers, Youtube

2046

Was? Schon wieder Wong Kar-Wai? Ja, vielleicht habe ich eine kleine Schwäche für Wong Kar-Wai-Filme. 🙂 Die Fortsetzung zu In the Mood for Love kann man auch sehr gut verfolgen ohne den Voränger zu kennen. Im Grunde teilt es sich nur die Titelfigur und die Melancholie. Chow Mo-Wan (Tony Leung Chiu Wai) ist inzwischen Autor und zieht nach Hongkong. Zwar arbeitet er auch an seinem Roman „2046“, hält sich aber eher mit kleineren Kolumnen-Jobs und halbseidenen erotischen Texten über Wasser. Das Hotel in dem er wohnt, wird Angelpunkt einiger Begegnungen. Tragische, traurige; welche in denen sich andere glücklos in ihn verlieben oder er sein Herz verliert. Die Begegnungen gehen in seinen Roman ein. Kann Chow Mo-Wa wie seine Romanfigur aus 2046 zurückkehren?

In Chow Mo-Wans Science-Fiction-Roman 2046 (später umbenannt in 2047), fährt ein Zug scheinbar endlos durch Bezirke. Dabei stellt der Bezirk 2046 einen besonderen dar. Beides hat er so benannt wegen der Zimmer des Hotels Oriental, in dem er wohnt und das scheinbar still und unkommentiert Schauplatz kleiner, tragischer, kurzer Liebesgeschichten und Leidenschaften wird. Will man ein etwas vollständigeres Bild vom Gefühlsleben der Charaktere bekommen, dann gibt auch die Fiktion des Romans entscheidende Hinweise, die in futuristisch-schwelgerische Bilder gekleidet werden und die Realität des Autors und seiner Frauen immer mal durchbrechen. Wong Kar-Wais Film hat wunderschöne, poetische Geschichten und Bilder, die aber auch etwas hermetisch sein können. Es trägt zur Stimmung des bittersüßen Spiels bei, dass Zuschauende Hongkong quasi nicht sehen, scheinbar ist auch meist nachts. Der einzige Knackpunkt ist wohl der unterschwellige Male Gaze, der alle Frauen in ähnliche unerreichbare Schönheiten verwandelt, die stets etwas tragisches an sich haben und nie die Leichtigkeit des männlichen Hauptcharakters erreichen dürfen. Alle Figuren sind fantastisch gespielt. Zhang Ziyi überzeugt als Bai Ling, Gong Li als Su Li-Zhen und Faye Wong als Wang Jing-Wen. Wenn man den Interviews auf der Disc glauben darf, gab es stellenweise kein Drehbuch und es wurden dutzende Takes gemacht, um die gewünschte Richtung und Note einzufangen. Die Wong Kar-Wai-Formel? Zu einer meiner Lieblingsgeschichten zählt wohl die Jing-Wens (Realität) bzw der Androidin (im Roman), die immer längere Reaktionszeiten hat und ihre Liebe scheinbar aus Versehen … verliert. Wie schön melancholisch.

2046, Hongkong/China/Italien/Deutschland/Frankreich, 2004, Wong Kar-Wai, 129 min, (9/10)

Sternchen-9

Big Fish & Begonia

Als Big Fish & Begonia auf dem westlichen Markt rauskam, wurde er einige Male als Ghibli-Film missverstanden oder damit geworben, dass er was für Fans von Ghibli-Filmen sei. Ich frage mich ja immer ob man das nicht etwas generalisierend und zu stark verallgemeinernd ist, wenn man den einen asiatischen Animationsfilm mit einem anderen asiatischen Anomationsfilm über einen Kamm schert. Die Gemeinsamkeiten sind aber zumindest durch eine resolute Protagonistin gegeben, die versucht ihren Moralvorstellungen zu folgen. Big Fish & Begonia handelt von einer Welt der mythologischen Charaktere, die parallel zur Menschenwelt leben. Chun gehört einer Familie von Wesen an, die den Wachstum von Pflanzen kontrollieren können. Wie alle anderen nimmt sie an einer Zeremonie anlässlich ihrer Volljährigkeit teil, in deren Zuge sie als Delfin die Menschenwelt erkundet. Gebot ist aber sich nicht in diese einzumischen. Um sie zu retten, kommt aber ein Mensch um. Chun kann das nicht verarbeiten und beschließt als sie zurück in ihrer Welt ist, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den Menschen wieder lebendig zu machen. Das bringt wiederum das Gefüge von Chuns Welt durcheinander.


BIG FISH & BEGONIA Clip & Trailer German Deutsch (2019) Exklusiv, KinoCheck, Youtube

Ich muss gestehen, dass mir nicht so richtig klar ist, warum das Gefüge von Chuns Welt aus den Fugen gerät. Auch ist mir nicht ganz klar, warum ihre Mutter trotz all des anfänglichen Geredes über den Wert des Lebens zu so einem Akt der Grausamkeit fähig ist („Der Fisch? Den hab ich weggeworfen!“). Vielleicht ist das ungefähr so „lost in translation“ oder „lost in culture“ wie der Titel. Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, waren eine Begonie und ein chinesischer Apfelbaum noch was unterschiedliches. Aber man kann zumindest sagen, dass man einiges in dem Animationsfilm eher erspüren muss und auch kann. Der Kritikpunkt ist an der Stelle also eher, dass der Film mich als Zuschauende nicht genug an die Hand nahm, um die Regeln zu verstehen. In jedem Fall ist es eine etwas zermürbende Botschaft, dass Chuns Akt von Barmherzigkeit so aus dem Ruder läuft und in einer waschechten Katastrophe mündet. Es wäre auch denkbar gewesen, dass tonal eher in die Richtung zu verschieben, dass Fehler passieren und man schauen muss wie man mit diesen umgeht. Aber es ist natürlich auch eine Botschaft, dass das nicht immer so geradlinig verläuft im Leben, schätze ich. Es gibt aber auch viele Messages, die ich gelungener empfinde. Beispielsweise die, dass sich Personen, die einander etwas bedeuten, immer und überall wiedererkennen. Auch die Uneigennützigkeit von Qiu, Chuns bestem Freund, fand ich nach hinten raus sehr rührend. V.A. weil er ein vielschichtigerer Charakter ist, der nicht nur gut oder böse ist. Die Animationsqualität ist schön und Fans von Unterwasserlebewesen (v.A. Definen, Walen, etc.) kommen auf ihre Kosten. Die Wechsel zwischen 2D- und 3D-Animation habe ich hingegen als unnötigen Bruch wahrgenommen. Obwohl freigegeben ab 6 Jahren erscheint mir Big Fish & Begonia etwas zu aufwühlend und sollte vielleicht lieber doch ein paar Jahre später mit der Familie geschaut werden.

Big Fish & Begonia, China, 2016, Liang Xuan/Zhang Chun, 105 min, (7/10)

Sternchen-7

Asche ist reines Weiß

Qiao (Zhao Tao) ist die Frau an der Seite von Bin (Liao Fan), einem Rädchen im Triebwerk der Triade. Er bringt ihr bei wie man schießt, sie sitzt in vielen seiner Meetings und kriegt alles mit, wenn die „Brüder“ vorbeikommen, um die „Geschäfte“ zu besprechen. Vom Wirtschaftsboom in China scheint man aber in ihrer Region um Datong nicht allzu viel mitzubekommen. Weggehen, ein ruhigeres Leben schlägt Qiao vor. Aber Bin wartet noch auf den Aufschwung: „alles wird besser, du wirst schon sehen“. Dann kommt es zu einem Überfall und Qiao wird wegen Waffenbesitzes festgenommen und verurteilt. Fünf Jahre sitzt sie ein wegen einer Waffe, die eigentlich Bins ist. Und hält dicht. Als sie rauskommt, findet sie eine Welt vor, die sich nicht wahnsinnig viel verändert hat, aber doch nicht stehen geblieben ist.

Asche ist reines Weiß ist ein einfühlsames Unterwelt-Drama, das von der ersten Minute an am Beispiel Qiaos zeigt wie stark Frauen gegen den Strom schwimmen. Mit ihrer Cleverness durchschaut sie schnell, ob der Protest ihres Vaters angesichts der Kohlebergwerksschließung etwas bringt oder wie sie Bin geschickt zur Seite steht. Obwohl sie geschätzt wird und ihre Loyalität nie zur Debatte steht, lächelt es ihr aber auch stets und ständig entgegen, dass die Männer den Job machen. „Die Brüder“ die Geschäfte absegnen und es letzten Endes sie sind, die früher aus dem Gefängnis freikommen und ihr Leben leben. Trotz des Inhalts, der Beziehungen und Loyalität entzaubert, schraubt sich Jia Zhangkes Film in der Mitte noch regelrecht zu einer Tragikomödie, wenn Qiao sich neu erfindet und mit kleinen Verbrechen und Schummeleien irgendwie wieder „ins Spiel“ bringt. Der Realismus des Films zeichnet ein ungeschöntes und manchmal sehr nüchternes Bild von den eben nicht flirrenden Metropolen, vom kleinen Handtaschendiebstahl und Männern der Unterwelt, deren Launen sicherlich gefährlich sein können, die aber selber ohne die Hilfe der Frauen manchmal erschreckend wenig sind.

Asche ist reines Weiß (OT: 江湖儿女), China/Frankreich/Japan, 2018, Jia Zhangke, 136 min, (9/10)

Sternchen-9


ASCHE IST REINES WEIß Trailer German Deutsch (2018), Filmtoast Trailer, Youtube

Ich hatte ja nicht wirklich erwartet chinesischssprachige Filme zu schauen und darin Chuck Norris zu finden. Aber siehe da … in meinem ersten Buce Lee Film taucht er einfach auf. Welche Bruce Lee Filme sollte ich noch gesehen haben? Und überhaupt welche chinesischsprachigen? Filmen aus Taiwan und Singapur widme ich übrigens wahrscheinlich nochmal eine eigene Werkschau – dieser Aspekt des chinesischsprachigen Films wird nicht vergessen. Wie ist es bei euch und dem chinesischsprachigen Film? Welche sind eure Favoriten? Was muss man unbedingt gesehen haben? Ein bisschen schmerzt mich, dass ich keinen der Wuxia-Klassiker hier mit drin habe, aber die entsprechende Werkschau gibt es immerhin schon. Auch hätte ich gern Jackie Chan mit in der Liste gehabt und wollte mal seine Klassiker schauen wie die Police-Story-Filme, aber die blieben mir erstmal verwehrt.

„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.

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