Im September muss immer ein ganz persönliches Thema für die Werkschau herhalten. 2018 hatten wir hier beispielsweise meine Lieblingsfilme. Und dieses Jahr? Ich mag Kunst. 🙂 Die hat natürlich viele Formen. Heute meine ich vorrangig Malen, Illustrieren, usw. Es gibt Unmengen Filme über Künstler*innen aller möglichen Gattungen oder über Kunst im Allgemeinen. Mir da ein paar auszusuchen die ich schon lange mal sehen oder wieder sehen wollte war wie durch einen Süßwarenladen zu laufen. 🙂 Also heute: eine bunte Mischung in sieben Filmen, die sich auf die eine oder andere Weise mit Kunst auseinandersetzen.
Tim’s Vermeer
Tim’s Vermeer ist eine 80-minütige Doku über einen Mann, der sich was vorgenommen hat. Tim Jenison möchte einen Vermeer malen. Ihr wisst schon: der niederländische Maler Vermeer hat Bilder geschaffen wie „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ und ist für seine fast fotorealistisch wirkenden Bilder bekannt. Tims Problem ist aber: er kann überhaupt nicht malen. Da Vermeer seiner Zeit so immens voraus war, wird vermutet, dass er sich die Technik Camera Obscura oder ein anderes optisches Verfahren zunutze machte. Tim will genau das nachstellen und so „seinen Vermeer malen“. Dabei muss er aber durchaus einige Umwege gehen. Sein Unterfangen wird Jahre dauern, erfordert einige Reisen, vielleicht sogar die Mitarbeit der Queen und anzunehmen auch das nötige Kleingeld. Am krassesten ist wohl aber die Ausdauer, der Erfindergeist und mit welcher Geduld sich Tim der Aufgabe widmet.
„‚Tim’s Vermeer‘ Trailer (2014): Tim Jenison, Penn Jillette“, via Moviefone (Youtube)
Wer sich für Visual Computing interessiert, kennt ihn eventuell sogar. Er ist einer der Entwickler der Modelliersoftware und des Raytracers LightWave 3D. Sein Ideenreichtum und sein (un)gesunder Pragmatismus tun ihr übriges, um die Doku „rund“ zu machen. Obwohl man nicht malen kann, einen Vermeer kopieren? Schon allein dieser wahnwitzige Gedanke macht einen Teil der Faszination der Doku aus. Wenn man erstmal sieht, was für Umwege Tim geht und welche Mühen er auf sich nimmt, wird klar: das fällt in die Kategorie „Obsession“. Sein Odyssee ist spannend zu betrachten, seine trockenen Kommentare und sein stringentes „Handeln statt Quatschen“ sind lustig und man lernt im Film einiges über Kunst, Kunstgeschichte und kritisches Hinterfragen. Interessant sind allerdings auch die Artikel im Stile von 10 Reasons to Doubt Tim’s Vermeer, obwohl ich trotz Allem vermuten würde, dass Tim das Ding wirklich durchgezogen hat.
Tim’s Vermeer, USA, 2013, Teller, 80 min, (8/10)
The Best Offer – Das höchste Gebot
Es ist gar nicht so sehr die Kunst an sich, die in Giuseppe Tornatores The Best Offer das Motiv ist. Sondern vielmehr ist es die Beziehung der Menschen zu Kunst und das Geschäft, das damit einher geht. Virgil Oldman (Geoffrey Rush) ist Kunstgutachter und führt regelmäßig Auktionen durch. Er gilt als unnahbar, ernst und streng. Nichts lässt er an sich heran, am allerwenigstens Menschen. Nur die ihn niemals verurteilenden und niemals widersprechenden Frauenportraits seiner privaten Sammlung sind sein großes Glück. Seine Sammlung stockt er durch einen gewieften Plan immer weiter auf. Er fingiert Auktionen. Außerdem heißt das Ergebnis seiner Gutachten öfter „Fälschung“ als es tatsächlich der Fall ist. Eines Tages aber erweckt doch mal ein Mensch statt ein Gemälde seine Neugier. Die reiche Erbin Claire Ibbetson (Sylvia Hoeks) beauftragt ihn das Anwesen ihrer Eltern aufzulösen. Die Stücke sind phänomenal. Und ihre Erbin ein Mysterium – denn Virgil hat sie noch nie zu Gesicht bekommen. Sein Fanatismus findet ein neues Subjekt.
Obwohl Virgil nun wirklich nicht der typische, sympathische Protagonist ist, mit dem man mitfiebert, tut man das mit seiner Lage. Dass die mysteriöse Claire ihn erweicht und für zwischenmenschliche Zuneigung, um nicht zu sagen Liebe öffnet, ist schon spannend. Da die Zuschauer*innen sich lange keinen Reim auf Claires Geheimnis machen können, wirkt der Film über weite Strecken wie ein Thriller, in dem quasi alles möglich ist. Und der wechselt die Prämisse sogar noch einige Male. Im Zuge einer Parallelhandlung findet Virgil Teile eines antiken, menschenähnlichen Automaten, den er mühsam und mit Hilfe versucht zusammenzusetzen. Als Parallele zum Automaten hat der Film viele einzelne Puzzleteile, die sich gegen Ende wirklich gut zusammensetzen. Einzig der Anfang lahmt etwas. Bis Virgil auf das Geheimnis um Claire stößt, dauert es ziemlich. Dieses Gefühl, dass sich die einzelnen Etappen sehr ziehen bleibt leider, obwohl der Film regelmäßig überrascht. Auch das genreübergreifende ist sehr angenehm. The Best Offer wandelt irgendwo zwischen Drama, Kritik, Mystery und Thriller. Der Titel des Films deutet wohl an, dass das höchste Gebot das menschliche Herz ist. Und die damit einhergehende bittere Erkenntnis, dass auch eine Fälschung ein Herz sehr für sich einnehmen kann.
The Best Offer – Das höchste Gebot (OT: La migliore offerta), Italien, 2013, Giuseppe Tornatore, 131 min, (7/10)
Die Frau in Gold
Wem gehört Kunst? Simon Curtis‘ Die Frau in Gold erzählt lose basierend auf der wahren Geschichte von Maria Altmann (hier dargestellt von Helen Mirren) von Familiengeschichte, historischen Tragödien, Raubkunst und Restitution. Maria Altmann kämpfte im echten Leben wie im Film darum ein Gemälde Gustav Klimts vom Staat Österreich rückvergütet zu bekommen, dass ihrer Familie einst durch die Nazis einteignet wurde. Das Gemälde ist ein Portrait von Altmanns Tante, Adele Bloch-Bauer. Der amerikanische Anwalt E. Randol Schoenberg (Ryan Reynolds) und der Österreicher Hubertus Czernin (Daniel Brühl) unterstützen Maria bei dem Unterfangen, das ihre Kräfte und Ausdauer immer mehr fordert und die Geister der Vergangenheit weckt. In Rückblicken wird erzählt wie die junge Maria Altmann (Tatiana Maslany) und ihre Familie den zunehmenden Hass gegen die Juden und gezielte Verfolgung wahrnimmt bis hin zur Flucht Marias und ihres Mannes.
Die Eingangsfrage „Wem gehört Kunst?“ ist schon an sich ein heißes Pflaster. Rechtlich gehört sie Käufer*innen, ideell Schöpfer*innen, aus deren Köpfen und Händen sie entstanden ist. Zusätzlich dazu kommt hier der Konflikt, dass das Werk über viele Jahrzehnte hinweg eins der bedeutendsten Stücke der österreichen Galerie Belvedere war, die das wie im Film dargestellt ungern verliert. Der Interessenkonflikt Staat vs Privatperson ist aufwühlend. Liest man etwas nach, ist die Faktenlage aber wohl zugunsten der Dramaturgie etwas verändert worden. Wer den Film also als Darstellung der realen Ereignisse sieht, muss das vielleicht etwas überdenken, jedenfalls prüfen. Als Film, der die Schandtaten des Nationalsozialismus vorführt und Sensibilisierung für Traumata, Eigentum und Prinzipien ist er aber allemal mitreißend, gut geschauspielert und angenehm idealistisch.
Die Frau in Gold (OT: Woman in Gold), USA, 2015, Simon Curtis, 109 min, (8/10)
„Miss Hokusai – (Anime-Trailer) Deutsch“, via KAZÉ Deutschland (Youtube)
Miss Hokusai
Production I.Gs Animefilm ist eine Adaption des Mangas Sarusuberi von Hinako Sugiura, der auf dem deutschsprachigen Markt den Titel Miss Hokusai verpasst bekommen hat. Vielleicht gerade damit man den Inhalt besser einordnen kann. Die titelgebende Miss Hokusai ist nämlich Ō-Ei, die Tochter des etablierten Künstlers Tetsuzo, der uns besser bekannt ist als Hokusai – der Urheber von Werken des Ukiyo-e wie „Die Große Welle vor Kanagawa“. Ō-Ei lebt und arbeitet zusammen mit ihrem Vater in Edo (dem späteren Tokyo) des Jahres 1814. Ordentlich ist der Haushalt nicht. Obwohl Ō-Ei nicht in allen Punkten mit ihrem Vater zufrieden ist, sind sie sich anderen ähnlich. Läufts mit der Kunst, ist alles was ringsrum passiert nicht so wichtig. Doch ab und zu gibt es doch etwas, dass Ō-Eis Aufmerksamkeit erfordert.
Das Leben der Künstlerin mit dem bereits berühmten Vater weicht die Grenzen in vielerlei Hinsicht auf. Miss Hokusai bildet ab wie die Rollenverteilung und Gesellschaft zu Zeiten Edos aussah. So lebt Ō-Ei einerseits in einem relativen liberalen Umfeld. Niemand zwingt sie zu heiraten und lässt sie machen. Andererseits fällt ab und zu das Wort unverheiratet in einer Art als ob das ein Nachteil wäre. Die freigeistige, moderne Haltung Ō-Eis liest man auch aus ihren kritischen bis witzigen inneren Monologen heraus. Die Szenen werden vom Studio Production I.G gerne mal mit eher rockigen Songs unterstrichen, was aus dem zeitlichen Kontext auf angenehme Art rausfällt. Die Handlung fühlt sich dabei sehr slice-of-life-ig an, wenn Ō-Ei beispielsweise beim Rauchen ein Gemälde ihres Vaters versengt und zu später Stunde ein neues malt um es wieder gut zu machen. Oder wenn sie mit ihrer kleinen, blinden Schwestern die Geräuschkulissen Edos austestet.
Das episodenhafte gibt sehr locker wieder wie Ō-Eis Sicht auf die Dinge ist, schaut dabei aber überraschend wenig in ihr Gefühlsleben. Was Zuschauer*innen wohl zwischen den Zeilen lesen sollen, das aber irgendwie zu kurz gekommen ist: was will Ō-Ei eigentlich? Was bedeutet ihr die Kunst? Nebenbei erleben Zuschauende in vielen Situationen wie sehr Folklore und Glaube den Alltag im Japan des Jahres 1814 beeinflussten. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist das Character Design, dass je nach Person zwischen mehr Anime oder mehr Realismus wechselt, aber insgesamt eine hohe Qualität und Liebe zum historischen und mythologischen Detail pflegt.
Miss Hokusai (OT: 百日紅 „Sarusuberi“), Japan, 2015, Keiichi Hara, 90 min, (7/10)
Paula – Mein Leben soll ein Fest sein
Carla Juri verkörpert in Christian Schwochows Filmbiografie die Künstlerin Paula Modersohn-Becker, die sich entgegen des Willens ihres Vaters für eine Ausbildung in Malerei entscheidet. Wo sie hinkommt, eckt sie aber an. Ihr Lehrer ist nicht zufrieden mit Paulas Stil, der wie wir heute wissen expressionistisch ist. Er schwört eher auf Realismus: abbilden wie gesehen, der Natur so nah kommen wie möglich. Sie gibt sich nicht damit zufrieden so zu malen wie es andere wollen. Der Künstler Otto Modersohn (Albrecht Abraham Schuch) scheint sie als einziger zu verstehen und die beiden heiraten. Ihre Ehe wird aber nicht nur glücklich. Paula findet sich irgendwo zwischen zwei Leben, zwei Ländern (Deutschland und Frankreich) und zwei Rollen wieder. Sie wäre gern Mutter, sie wäre gern Künstlerin – und als solche auch anerkannt statt belächelt. Die Wege scheinen ihr für nichts von beidem offen zu stehen, aber sie hält fleißig dagegen.
Einen quasi Gastauftritt hat die Künstlerkolonne in Worpswede, die auch mal Besuch von Rainer Maria Rilke (Joel Basman) bekommt. Die Ehe, Beziehung und Rolle der Arbeit innerhalb eines Künstlerehepaars bekommt somit nicht nur am Beispiel Paulas und Ottos Platz, sondern auch am Beispiel Rilkes und seiner Frau Clara Rilke-Westhoff (Roxane Duran). Es fallen auch weitere Künstlernamen und der Film gewährt Einblick in die Praktiken und Kontroversen um Kunst und Künstler. Die Rolle der Frau ist aber wohl das Kernthema und konfliktiert erwartungsgemäß gewaltig – nichts anderes hätten wir erwartet. Die Bilder sind traumhaft und zeigen Paris als bebendes, teilweise märchenhaftes, trunkenes Zentrum der Kunst um. Im Gegensatz dazu Worpswede und Deutschland als bodenständiger, aber anders idyllisch. Carla Juris Paula ist ein grundsympathischer Gegensatz zu den steifen deutschen Künstlern. Der Film erlaubt sich aber einige narrative Freiheiten über das Leben Paula Modersohn-Beckers und einige gewaltige Längen noch dazu. Tätsächlich hätte der Film gefühlt mehr zeigen und kürzen können um dabei dasselbe Mitgefühl für Paula erzeugt.
Paula – Mein Leben soll ein Fest sein (auch: „Paula“), Deutschland/Frankreich, 2016, Christian Schwochow, 123 min, (7/10)
„PAULA Trailer German Deutsch (2016) Paula Modersohn-Becker Biopic“, via Moviepilot Trailer (Youtube)
Die Kunst des toten Mannes
Als die angehende Kunsthändlerin Josephina (Zawe Ashton) in der Wohnung ihres verstorbenen Nachbars hunderte Bilder findet, scheint sie auf eine echte Goldgrube gestoßen zu sein. Sie ignoriert die Anweisung, dass sein gesamter Besitz vernichtet werden soll und „rettet“ die Bilder. Vor Allem rettet sie aber ihren Job. Der Künstler gilt als Geheimtipp, aber seine Bilder führen ein Eigenleben. Es ist wie ein Virus, der um sich greift und andere Kunstwerke infiziert. Und die werden plötzlich mörderisch.
„Velvet Buzzsaw | Official Trailer [HD] | Netflix“, via Netflix (Youtube)
Wie in einem Slasher fragt man sich stets wer als nächster dran ist. Dan Gilroys Drehbuch und Film holt dabei nicht zwingend die positivsten Charaktereigenschaften aus seinen Charakteren oder aus uns. Denn man erwartet das schon mit einer gewissen fiesen Neugier, wen es als nächsten trifft, denn besonders nett sind die nicht. Die doppelzüngige Kunstberaterin und private Einkäuferin Gretchen (Toni Collette) ist v.A. auf ihren eigenen Vorteil aus. Der Kunstkritiker Morf Vandewalt (Jake Gyllenhaal) schreibt auch schon mal vernichtende Kritiken um jemandem eins auszuwischen. Und Josefina würde selbst einem Toten die Bilder aus der Wohnung stehlen, um bei ihrer Chefin Rhodora (Rene Russo) gut da zu stehen. Gut, die einen oder anderen zeigen eher Einsichtigkeit oder Reue. Fraglich ist dann, ob sie das rettet. Als Satire auf die Kunstszene ist Velvet Buzzsaw (so der interessantere Originaltitel) wirklich gut gelungen. Der Horror-Slasher-Aspekt ist sehr kreativ umgesetzt und sendet mitsamt der interessanten Kunstwerke meist noch eine Botschaft, die zum Nachdenken einlädt. Aber ein kleiner fahler Beigeschmack bleibt bei der erzwungenen Mythologie um den „toten Mann“. Hätte man gar nicht gebraucht. Vielleicht geht es auch nur mir persönlich so, aber wenigstens eine entspannte, aufrechte Person in der Kunstszene wäre mir auch recht lieb gewesen. Und nicht nur die zur Assistentin verdammte Coco (Natalia Dyer).
Die Kunst des toten Mannes (OT: Velvet Buzzsaw), USA, 2019, Dan Gilroy, 113 min, (8/10)
The Man Who Sold His Skin
Nachdem auf seinen Rücken ein Kunstwerk eines namhaften Künstlers tätowiert wurde, schauen alle hin. Wäre Sami (Yahya Mahayni) einfach „irgendein Flüchtling“ aus Syrien, hätten sie weggeschaut, vielleicht sogar so getan als würden sie ihn nicht bemerken. Sami wurde in Syrien festgenommen und flüchtete nach Libanon. Er versucht nach Europa zu kommen, um wieder mit der Liebe seines Lebens Abeer (Dea Liane) vereint zu werden. Abeer ist aber inzwischen verheiratet und seine Chancen nach Europa einzureisen scheitern an Aussichten und Geld. Dann wird der Künstler Jeffrey Godefroi (Koen De Bouw) auf ihn aufmerksam und hält Sami für verzweifelt genug um als menschliches Kunstwerk vertraglich seine Würde aufzugeben. Um ein Visum zu bekommen, lässt er sich von Godefroi ein Schengen-Visum auf seinen Rücken tätowieren, vermarkten und muss sich ausstellen lassen.
„The Man Who Sold His Skin – Trailer – Academy Award® Nominee for Best International Feature Film“, via Samuel Goldwyn Films (Youtube)
Die Kunstszene kann sich kaum am Rebellentum Godefrois satt sehen. Aber den Menschen hinter dem Kunstwerk sehen sie nicht. Und das obwohl Sami selber als Immigrant zu einem beispiellosen, regelrecht faustischen Pakt gezwungen war um nach Europa einreisen zu können und damit dem Kunstwerk einen doppelten Boden gibt. Sami selber sieht es um einiges pragmatischer – er will zu Abeer. Aber mit zunehmender Zeit wird er den Rummel um seine Person und die Objektifizierung leid. Er wird damit ungewollt zum Beweis, das Geld allein nicht glücklich macht und ein Visum auch nicht zwingend menschlicher oder freier in den Augen anderer. Wie Grenzen Menschen entmenschlichen und zu „Geduldeten“ machen, ist bitter. Der Film treibt das alles satirisch auf die Spitze. Allerdings dankbarerweise mit einer gewissen Lockerheit und schwarzem Humor. Die ganze Tragkraft und Schwere versteckt sich zwischen den Zeilen von Samis Entmenschlichung als Kunstobjekt, beispielsweise wenn er versteigert werden soll. Regisseurin Kaouther Ben Hania und die Crew gießen die auf wahren Begebenheiten(!) beruhende Idee in großartige Bilder, die Samis Identitätsverlust bzw. Verlust des Selbst in Bilder gießen, die an René Magritte erinnern und im nächsten ausstrahlen wie angeödet er von Pomp und Prunk der hippen neureichen Kunstfans ist. Die Optik, die pointierten Szenen, die Ausstattung von The Man Who Sold His Skin – wow! Bei all den Motiven kommt der Aspekt des Terrors und der Auswanderung fast zu kurz. Es ist makaber und beschämend sich ein Unhappier End zu wünschen, aber tatsächlich erweckt The Man Who Sold His Skin auf den letzten Metern den Eindruck ein Crowd Pleaser zu sein. Versteht mich nicht falsch, auch ein anderes Ende hätte mich erschüttert.
The Man Who Sold His Skin, Tunesien/Frankreich/Deutschland/Belgien/Schweden, 2020, Kaouther Ben Hania, 104 min, (8/10)
Es gibt soviele großartige Künstlerbiografien und Filme die Kunst zentrieren, dass ich die Liste noch eine Weile fortsetzen könnte. Ich stelle es mir immer als ein großes Plus vor, dass Kunst im Sinne von Malerei oder Grafik ja ein visuelles Medium wie der Film ist. Macht es das einfacher? Auf jeden Fall gibt es ein interessantes Spiel mit dem „Bild“ im „Bild“. In dem Zusammenhang erinnere ich mich sehr gern an Loving Vincent, dass van Gogh mit einem Film ehrt, der aus immens vielen einzelnen Bildern zusammengesetzt wurde. Und die waren gemalt! Oder auch Frida – eine der ersten Künstlerinnen die ich kennenlernte und deren Filmbiografie ich sah. In beiden Fällen hat auch der Stil des Künstlers den Film beeinflusst. Bei „Frida“ wurden die Bilder eingebaut, bei „Loving Vincent“ standen sie Pate für den Stil des Films. Allerdings kann eine Biografie auch entzaubern. Seit langem habe ich mit „Mr Turner“ mal einen Film abgebrochen. Neben Biografien gibt es natürlich noch die Auseinandersetzung mit Kunst und der Kunstszene an sich. Hier neben mir liegt noch „The Square“ und möchte geschaut werden. Welche Filme über Kunst und Künstler habt ihr gern geschaut oder passen eurer Meinung nach gut zum Thema? Wo zieht ihr die Grenze bei Kunst?
„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.
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