Irgendwann dieses Jahr lese ich meinen 4. Roman von Jane Austen. Da erntet man wenn man das irgendwo erwähnt schnell mal Augenrollen und unglaubwürdiges Nachfrage: „Das ist doch so … Frauenliteratur?“ Was für ein unnützer Begriff. Literatur ist denke ich v.A. für Menschen. Egal, worauf der abzielen soll: Austen hat verstanden zu unterhalten und gesellschaftliche Entwicklungen ihrer Zeit abzubilden. Reibungspotential um Geschlechterrollen inklusive. Und zwar in einer Weise, dass man die Bücher irgendwann kaum weglegen kann. Jane Austen hat ihre Formel verstanden und in gewisser Weise ist die zeitlos. Ob die Filme mithalten können, habe ich mir am Beispiel von (mehr als) sieben angeschaut. Und ja – wegen (mindestens) einem davon gehört der Beitrag heute zur Reihe anlässlich des Pride Month 2023. 🙂
Clueless – Was sonst! (adaptiert: Emma)
Cher (Alicia Silverstone) und ihre beste Freundin Dionne (Stacey Dash) besuchen eine Highschool in Beverly Hills. Einen Führerschein haben sie nicht, aber dicke Karren, mit denen sie zur Schule fahren. Kein Wunder, denn ihre Familien sind reich. Sich Schulnoten verdienen? Kann man, oder auch Lehrer:innen nerven bis man endlich bessere bekommt. Cher gilt als das coolste Mädchen der Schule und will ihre „Weitsicht“ für einen guten Zweck einsetzen. Als Kupplerin. Nicht nur, dass sie das Lehrerzimmer untereinander verkuppelt, auch dem neuen Mädchen an der Schule will sie sich annehmen. Denn Tai (Brittany Murphy) braucht aus Chers Sicht ganz dringend ein Umstyling. Chers „Ex-Stiefbruder“ Josh (Paul Rudd), der noch regelmäßig im Haus ein- und ausgeht, betrachtet das mit Bauchschmerzen. Warum Tai verbiegen? Warum jeden und jede verkuppeln?
Dass Clueless eine Adaption von Emma ist, wäre mir nicht aufgefallen, wenn es mir Kathrin nicht gesagt hätte. Als Teenagerin oder sogar noch viel mehr Kind habe ich längst nicht alle Satire am Film und der darauffolgenden Serie wahrgenommen, Referenzen zu Jane Austen und Emma schon gar nicht. Erst jetzt, Jahre später, bestätigt es der Rewatch: wir haben es hier mit einem Fall von Emma zu tun. Paul Rudds Josh spricht dabei häufig aus, was auch Zuschauende denken und was wohl die Quintessenz ist. Niemand muss nach den Vorstellungen anderer leben und dahin verbogen werden. Dass Chers Bild von perfekten Beziehungen durch halbseidene Lifestyle-Magazine und Daily Soaps gefärbt ist, wird sie im Laufe des Films merken und wir dabei einigermaßen viel Spaß haben. Cher, Dionne & Co. sind ja (noch) angenehm herzliche, wenn auch verblendete, Beverly-Hills-Gören, aber ihnen bei den Lehren des Lebens zuzuschauen ist schon recht witzig. Für manche von uns, die unter den „beliebten Kids“ gelitten haben, vielleicht sogar eine angenehme Abrechnung. Was der Film auch ist: pure 90er Nostalgie. Was sich dabei schlecht vermeiden lässt: es ist eben nicht alles an dem Film besonders gut gealtert. Ein gewisser cringe gehört sicherlich zur Highschool-Satire. Für heutige Sehgewohnheiten sind eben insbesondere bei einer Erstsichtung Othering und besonders ungelenk dargestellte Charaktere eine kleine Zumutung. Immerhin schafft es der Film gegen eine wenigstens ein paar der gestreuten Stereotypen zu revidieren. Da wäre sicherlich noch mehr drin gewesen.
Clueless – Was sonst! (OT: Clueless), USA, 1995, Amy Heckerling, 97 min, (7/10)
Clueless – ORIGINAL TRAILER HD (1995) ALICIA SILVERSTONE MOVIE, moviehungerclips, Youtube
Liebe lieber indisch (adaptiert: Stolz und Vorurteil)
Als der gut betuchte und im Ausland studierte Balraj Bingley (Naveen Andrews) in Indien zu Besuch ist, wird die Familie Bakshi nervös. Ihre Mutter möchte ihre vier Töchter gern so schnell wie möglich verheiratet wissen, v.A. ihre ältesten Töchter Jaya (Namrata Shirodkar) und Lalita Bakshi (Aishwarya Rai). Während Bingley tatsächlich sehr bald ein Auge auf die schöne und freundliche Jaya wirft, geraten sein bester Freund William Darcy (Martin Henderson) und Lalita aneinander. Darcy ist das erste Mal in Indien und tut sich mit so ziemlich allem schwer. Beispielsweise den Brauchtümern, dem Essen, unvm. Und er scheint einige Vorurteile aufgeschnappt zu haben. Als sein Hotel-Business zur Sprache kommt und die Frage, was eigentlich das echte Indien abseits der Prospekte und der Vorurteile ist, fordert Lalita ihn heraus umzudenken. Als sein alter Bekannter Johnny Wickham (Daniel Gillies) beginnt Lalita schöne Augen zu machen, wird es richtig kompliziert.
Bride and Prejudice UK Trailer, Bend It Networks, Youtube
Gurinder Chadhas Version von Stolz und Vorurteil nimmt uns mit in das Indien der Gegenwart, in der Kulturen und Lebensvorstellungen mit Streitpotential aufeinandertreffen. Die Familie Darcy wird zu Hotel-Imperialisten, die anfangs sehr wenig Interesse daran haben das Land wirklich kennenzulernen. Dass William anders tickt, muss er Lalita erst noch beweisen. Gurinder Chadhas Filme (u.a. Kick it like Beckham) widmen sich oft der Lebensrealität von im Ausland lebenden Indern und deren Nachfahren, die quasi zwischen den Kulturen aufwachsen. Dieses Mal ist es der Blick von Indien ins Ausland, in der sich die Familie Bakshi Geschichten von Cousins erzählt, die es in den USA quasi vom Tellerwäscher zum Millionär gebracht haben, inklusive Märchen von Villen mit drei Pools. In all den Erzählungen fallen aber auch Begriffe wie Green Card, treten Backpacker auf und es gibt Tanz! Durch die Einlagen vereint der Film Austen mit Bollywood und hat das Potential erkannt: das kann sehr gut zusammenpassen. Nur klingen die indischen Songs einfach viel cooler als die (überwiegend) britischen und ich weiß nicht wie ich zu der Verbreitung von so vielen Klischees stehe. Für Anfang der 2000er ist das noch ein Take wie man den eben damals gemacht hat. Heute wünsche ich mir mehr Fingerspitzengefühl. So funktioniert einiges an dem Film, anderes scheint aus Sicht des Zeitgeistes schlecht gealtert.
Liebe lieber indisch (OT: Bride & Prejudice), UK/USA, 2004, Gurinder Chadha, 112 min, (6/10)
Stolz und Vorurteil
Das bin nicht nur ich. Die 2005er Adaption von Stolz und Vorurteil gilt als Vorzeigestück. Sie funktioniert einfach herausragend gut. Ein Teil der Geheimrezeptur ist unumstößlich die fantastische Vorlage Austens. Kaum jemand kann sich der Prämisse entziehen: von zweien die einander gering schätzen und dann vielleicht doch eines besseren belehrt werden müssen. Der Film handelt von der Familie Bennet, die 5 Töchter hat. Im 18. Jahrhundert hatten Frauen keinen eigenen Besitz, weswegen nur ein männlicher Nachfahre erben kann. Ziel der resoluten Mutter ist daher ihre Kinder bestmöglich zu verheiraten, erst dann hat sie Frieden. Während die älteste, Jane (Rosamund Pike), schon Aussichten auf den vielversprechenden Charles Bingley (Simon Woods) hat, gerät Elizabeth „Lizzie“ Bennet (Keira Knightley) mit dessen Freund Mr. Darcy (Matthew Macfadyen) in dem einen oder anderen Wortgefecht aneinander. Die Bräutigamschau geht voran und es ist bei Weitem nicht alles so wie es auf den ersten Blick scheint, wenn Intrigen mit den eigenen Vorstellungen von Liebe, finanzieller Absicherung und Anstand kollidieren.
Wenn in dem Roman und Film die Freundin Lizzies sagt „verurteile mich bitte nicht“, dann ist das weil sie eine Vernunftehe eingeht. Wir mögen alle hohe Ideale haben, aber das war nicht immer möglich. Was Jane Austen verstand, hat der Film nochmal einen Hauch modernisiert. Einfach, indem es Momente wie diese stresst. Das leicht adaptierte Drehbuch ist durchaus auch mal bereit die Charaktere noch weniger zu people pleasern zu machen, die einen Konflikt eben aushalten (wie den mit Lady Catherine, hier gespielt von Judi Dench). Er gesteht den Schwestern mindestens soviel Charakter zu wie das Buch, wenn nicht noch konsequenter. Mit herausragenden Darsteller:innen besetzt bis in die Nebenrollen, bekommen auch alle ihre eigene Note. Sei es das einzelne Zucken von Darcys Hand, nachdem Lizzie sie loslässt oder die Manierismen Keira Knightleys – der Film fühlt sich zarter und persönlicher an als andere Verfilmungen. Und so ist auch die Chemie eine, die ihresgleichen sucht zwischen den Austen-Verfilmungen. Was kann das einzige Manko sein? Dass Stolz und Vorurteil an einer kruden Stelle endet, die uns einen letzten pointierten Blick auf das Happy-End verwehrt zugunsten einer Familienanekdote. Nun gut. Auch das ist eben Stolz und Vorurteil, auch wenn ich mir was anderes gewünscht hätte. Tipp: auf der Dics-Version gibts die entfallenen Szenen und das alternative US-Ende mit mehr Platz für die Hauptcharaktere.
Stolz und Vorurteil (OT: Pride & Prejudice), Frankreich/UK, 2005, Joe Wright, 127 min, (8/10)
KinoweltTV Trailer – „Stolz & Vorurteil“ 4. Dez. 2020, KinoweltTV, Youtube
Mansfield Park
Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass sich v.A. britische Schauspiel-Newcomer einmal in ihrem Leben durch eine Jane-Austen-Verfilmung tanzen müssen. Fast parallel zu ihrer Zeit als Rose in Doctor Who war also auch Billie Piper dran, die in der Fernsehadaption von Jane Austens Mansfield Park die Protagonistin Fanny Price spielt. Fanny wird von ihrem Onkel Sir Thomas Bertram (Douglas Hodge) und seiner Frau (Jemma Redgrave) aufgenommen. Sie wuchs zusammen mit ihren vier Cousins und Cousinen auf, wobei sie sich am besten mit Edmund (Blake Ritson) versteht, der auch von ihnen allen mit Abstand am nettesten zu ihr ist. Daraus wird für Fanny Liebe, was man als Zuschauende im 21. Jahrhundert versucht zu verdrängen. In Fannys Glück marschieren die Geschwister Crawford (Hayley Atwell, Joseph Beattie), die auf Braut- und Bräutigamschau sind und dabei jede Menge Wirbel in das Zwischenmenschliche bringen.
Was der Film uns gibt: Hayley Atwell und Billie Piper in naja, so einigermaßen viktorianischer Garderobe oder was man sich darunter vorstellt. Was der Film uns nimmt: die Essenz des Buches von Jane Austen. Wir wollten Filme ja nicht mehr mit ihren Vorlagen vergleichen, deswegen läuft das außerhalb der Wertung. Aber es ist schon sehr schade, dass man den Blick auf Klasse- und Standesunterschiede fast komplett rausreduziert hat. Ohne die Kenntnis dessen könnte man meinen, dass Fanny nur deswegen von Mrs Norris (Maggie O’Neill) so ätzend behandelt wird, weil sie sie einfach nicht mag oder weil sie „nur“ das Mündel der Bertrams ist. Auch außerhalb der Wertung: Fannys Charakter wirkt relativ anders als im Buch. Billy Piper darf sie als aufgeweckt und fröhlich darstellen, während sie im Buch eher kränklich und sehr schüchtern ist. Ein Teil des Spaßes ist es ja doch ihre Emanzipation und Entwicklung zu sehen. Wir dürfen aber trotzdem einiger wunderbarer Momente Zeuge werden, in denen schon andere Menschen eingestehen müssen, dass sie ihr Unrecht tun. Auch ansonsten fehlt es dem Film aber etwas an Appeal. Alles schreit eben sehr nach einer begrenzt budgetierten Umsetzung. Wenig spannende Schnitte, wenig Dramatik, wenig Musik, Mansfield Park ist tatsächlich der einzige Schauplatz und die Kostüme und Frisuren versuchen nicht mal an historische Vorbilder ranzukommen. Obwohl aber die Möglichkeiten an erzählerischer Finesse und Mitteln in jeglicher Hinsicht begrenzt sind, tut es uns zwei große Dienste: es zeigt verglichen zur Vorlage ein Ende, das nicht nur schnell rückblickend abgespult wird und lässt uns noch ein bisschen genießen. Außerdem stellt es Lady Bertram als eine wohlmeinende Gönnerin und an entscheidender Stelle cleverer als im Buch dar.
Mansfield Park, UK, 2007, Iain B. MacDonald, 90 min, (5/10)
Austenland (adaptiert: u.a. Stolz und Vorurteil)
Jane Hayes (Keri Russell) ist absolut besessen von Jane Austens Büchern, vor Allem der Vorstellung von Romantik darin und der Suche nach Mr. Right – oder viel mehr Mr. Darcy? Sie plant einen Urlaub im Austenland in Großbritannien zu verbringen, wo sie selber LARPen und Heldin ihrer eigenen viktorianischen Liebesgeschichte mit allem drum und dran sein darf. Zu dumm nur, dass sie offenbar den Spar-Pass gekauft hat und statt einer opulent gekleideten, gut betuchten jungen Dame das Mündel „Jane Erstwhile“ spielen muss, dass von ihrer Gönnern abhängig ist. Eigentlich auch sehr Austen-like. Neben ihr erleben „Miss Elizabeth Charming“ (Jennifer Coolidge) und „Lady Amelia Heartwright“ (Georgia King) ihr Austen-Experience. Das romantische Glück ist garantiert laut Broschüre. Aber wer ist ihr Mr. Darcy? Der störrische Mr. Henry Nobley (JJ Feild) oder Stallbursche Martin (Bret McKenzie)?
Austenland ist nicht direkt eine Adaption eines Austen-Romans, sondern viel mehr greift es mehrere Aspekt derer auf. Man findet in der Figurenzeichnung einen Hauch von Mansfield Park und in der Suche oder viel mehr Verwirrung über Mr. Darcy natürlich auch ein bisschen was von Stolz und Vorurteil. Dabei macht sich der Film sicherlich über blinden Hype und die Geldmaschinerie hinter Angeboten wie Austenland lustig, aber nie über Jane Austens Romane selber. Auf sehr angenehme Weise macht es an einer Stelle sogar deutlich, was daran so schön ist. Die Höflichkeit, die Happy-Ends und die Galanterie mit der sich die Liebespaare-to-be umkreisen. Ähnlich überspannte oder intrigante Charaktere gibt es jedenfalls genug. Und vor Allem stellt sich für Jane sehr bald die Frage: was ist real zwischen all dem Geschauspielere in Austenland? Mit den schönen Botschaften, dem reichlichen Comic Relief und dem 80er und 90er Soundtrack ist Austenland ein echtes Feelgood-Movie, nicht nur für Austen-Fans. 😉
Austenland, UK/USA, 2013, Jerusha Hess, 97 min, (8/10)
Austenland Official Trailer #1 (2013) – Keri Russell Movie HD, Rotten Tomatoes Trailers, Youtube
Überredung
Nur, weil manche nie viel Aufmerksamkeit genossen haben, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt. Jane Austens Überredung bzw Anne Elliot fand 2022 mit dem Netflix Original seine inzwischen mindestens 6. Verfilmung. Und das obwohl es (so behaupte ich einfach mal) das wohl am wenigstens bekannte Buch Austens ist. 2022 wurde eben auch diese Adaption sehr viel diskutiert, teilweise zerrissen, aber hey: hat das Buch vielleicht mehr in die Öffentlichkeit gerückt. Es macht eine der erwachseneren Heldinnen Austens zu einer, die ähnlich Fleabag die vierte Wand durchbricht. Hier macht uns Anne Elliot (Dakota Johnson) zu Mitwissenden ihres Dilemmas. Sie hat einst den Antrag ihres Geliebten Captain Frederick Wentworth (Cosmo Jarvis) ausgeschlagen, weil sie sich von anderen überreden ließ, dass er als (damals) mittelloser Soldat keine gute Partie für sie sei. Erst Jahre später, nun im Erwachsenenalter, durchschaut Anne die Oberflächlichkeit ihrer Familie und bereut. Während sie aber zur ihrer Schwester zieht, um die zu pflegen, taucht Wentworth auf. Und mit ihm seine Abschätzigkeit gegenüber Anne. So schaut sie, immer noch unter Liebeskummer leidend, aus der Ferne zu wie sich andere in Wentworth verlieben und Wentworth in andere. Zur selben Zeit tun sich neue Wege für Anne auf – will sie die aber gehen?
Was Überredung wirklich gut kann: sympathische Charaktere. Selbst die unsympathischen sind so herrlich überspannt, dass mir die Figuren überraschend viel Spaß gemacht haben. So zum Beispiel Richard E. Grant als Sir Walter Elliot und Mia McKenna-Bruce als Annes Schwester, der alles zuviel ist und die auf gradniose Weise vermag alles zu ihrem Selbstzweck auszulegen. Geschickt. Das Problem mit Überredung ist nur: es ist zu flach und formelhaft in der Art und Weise, wie es alles kopiert, was irgendwie cool ist und in einen Topf wirft. Colorblind Casting in einem Period Piece ähnliche Bridgerton? Check. Durchbrechen der vierten Wand wie in Fleabag (nur nicht ganz so augenzwinkernd und cool)? Check. Außerdem bedient es einen bestimmten Look und ein bestimmtes Flair, dass ich mal als instagrammable beschreibe. Anne Elliot ist hier eine sympathische Heldin, so schön, dass man sich kaum vorstellen kann, dass alles ach so schlimm ist. Sie liegt irgendwo rum, trinkt Wein und versteckt sich vor der Welt. Ihre Ausdrucksweise ist clever, elegant, weltgewandt, sie steht ein bisschen über den Dingen. Das hat mit der Buchfigur wenig gemein. Sie ist irgendwie die coolere Version für die Instagram-Ära. Das fließt nicht mal übermäßig in die Bewertung ein, weil nun ja, es ist eben eine Adaption. Gut ist das alles aber deswegen noch lange nicht, weil es nur einer bestimmten gewollten Ästhetik folgt, statt damit dem Medium oder Stoff zu dienen. Das geht in die Bewertung ein. Aber: letzten Endes macht es halt genug Spaß. Selbst wenn Dakota Johnsons Darstellung wenig mit der Buch-Anne-Elliot gemein hat und Überredung (2022) wenig vorlagennah ist.
Überredung (OT: Persuasion), USA, 2022, Carrie Cracknell, 109 min, (7/10)
Fire Island (adaptiert: Stolz und Vorurteil)
Auch wenn ich Überredung mehr abgewinnen konnte als viele andere Zuschauende, ist Fire Island vielleicht die bessere Modernisierung, wenn man denn Jane Austen Stoffe modernisieren muss. In der queeren 2022er Version von Stolz und Vorurteil ist Noah (Joel Kim Booster) quasi Elizabeth Bennet. Er und seine Wahl-Familie sind auf dem Weg zu den Fire Island Pines, um an den jährlich im Sommer stattfinden Partys teilzunehmen, Typen abzuschleppen und Spaß zu haben. Als seine Familie betrachtet er seine besten Freunde, darunter Howie (Bowen Yang), der noch nie eine erfüllende Beziehung hatte und den er schnellstmöglich verkuppeln will. Dabei gerät ihre bankrotte, aber glückliche Familie irgendwie an die Clique des Arztes Charlie (James Scully) und des Anwalts Will (Conrad Ricamora). Deren Aura von Geld und Herablassung beflügelt Missverständnisse. Gibt es für die Freunde ein Happy End auf Fire Island?
Bevor ihr euch wundert: Klar, dass Conrad Ricamora in der Rolle des Mr. Darcy auftritt. Zuerst ein Ekel, kommt er dann nur sehr schwer aus der Rolle raus. Auch in allen anderen Charakteren erkennt man Austens Stolz und Vorurteil. Die Adaption macht Spaß und ist gelungen. Die Charaktere können großartig ausflippen, Partys sprengen und derailen. Die Clique ist so witzig, dass ich mir eine Fire Island Sequel Serie wünsche. 🙂 Natürlich wurde einiges modernisiert, so wird hier statt dem Ehemann eher der One Night Stand gesucht, um nur ein Beispiel zu nennen. Ein wenig einseitig finde ich, dass nahezu alle auf den schnellen Flirt abzielen, Substanzen nehmen und sehr partygeil sind. Ob das nun ein überholtes Bild von Party Gays ist, müssen Zuschauende selber bewerten und notfalls einfach abkönnen. Sehr angenehm finde ich wiederum, dass die Serie nicht künstlich die Bedürfnisse ihrer Charaktere umdreht und ihnen erklärt, was sie wirklich brauchen. Howie will den ganzen RomCom-Mist. Noah ist eher der freie, ungebundene Typ. Und das werden sie auch bleiben. Natürlich knistert es trotzdem bei der einen oder anderen Party. Warum auch nicht einfach mal alle Möglichkeiten offen lassen? Trotzdem hätte ich mir auch hier gewünscht, dass ein bisschen mehr Zeit bleibt um das Ende zu genießen.
Fire Island, USA, 2022, Andrew Ahn, 105 min, (8/10)
Fire Island | Official Trailer | Hulu, Youtube
Wer jetzt auch Lust bekommen hat sich ein paar Jane-Austen-Verfilmungen zu geben, findet mehrere Mansfield-Park-Versionen auch auf Youtube. „Clueless“ war bis vor Kurzem auf Netflix, „Austenland“ und „Überredung“ sind es Stand heute immer noch. „Fire Island“ ist auf Disney+, was ja schon beachtlich für den sonst so zugeknöpften Mäuse-Konzern ist. In der Liste fehlen einige andere Adaptionen wie die relativ neue „Emma“, die ich sehr empfehlen kann. Im Gegensatz zu vielen anderen da oben bringt sie sehr schön die Spitzfindigkeiten und das verbale Pingpong auf die Leinwand. Was auch in der Liste fehlt, weil ich es schon in einer 7ème art Ausgabe hatte, ist Sinn & Sinnlichkeit. Vielleicht habt ihr es am Titel des Beitrags schon gemerkt: es gibt so viele Jane-Austen-Verfilmungen, dass es mit Sicherheit eine weitere Ausgabe geben wird. 😉 Eingangs fragte ich ja, ob die Filme mit dem Flair der Jane-Austen-Bücher mithalten können. Ich denke man kann sagen: können sie. Vielleicht nicht alle gleichermaßen, vielleicht nicht alle so gewitzt, aber in vielen Aspekten können sie das durchaus. Welche ist eure liebste Austen-Verfilmung?
„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.
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