Yes, I made it! Es war knapp, aber es hat geklappt, auch wenn es vor einer Woche noch schlecht aussah. Aber ich habe die dreizehn Filme geschaut, die ich mir vorgenommen habe. Und die verbleibenden Reviews und ein kleines Endfazit fasse ich heute zusammen. Verblüffend ist aber, dass ich im Zuge dieses Horrorctober zwei Filme geschaut habe, die das exakt gleiche Ende haben. Das krasse ist: es soll ein phänomenaler Twist sein, mit dem keiner rechnet. Mmmmmmh. Ihr könnt ja mal raten welche … . Habt ihr sowas schon Mal erlebt? Reviews sind weitestgehend spoilerfrei.
The Boy
Die Amerikanerin Greta (Lauren Cohan) nimmt einen Job als Kindermädchen in Großbritannien an. Als sie vorfährt, traut sie kaum ihren Augen. Sie betritt ein regelrecht majestätisches Herrenhaus. Hier lässt es sich leben. Und arbeiten. Sie lernt ihre Auftraggeber kennen: die offensichtlich gut situierten, schon etwas älteren Mr. & Mrs. Heelshire (Jim Norton, Diana Hardcastle). Sie spoilern schon, dass ihr Sohn schüchternd ist und immer etwas Zeit braucht, bis er sich an jemanden gewöhnt. Greta ist schon gespannt auf den Jungen, Brahms heißt er – so wie der Komponist. Und dann stellen die Heelshires den Jungen hochoffiziell vor. Problem nur für Greta: Brahms ist eine Porzellanpuppe so groß wie ein etwa sechsjähriger Junge. Nur eben kein lebendiger Junge, obwohl die Heelshires ihn so behandeln und das auch von Greta erwarten. Er soll früh angezogen werden, soll vorgelesen bekommen, etc. Bevor die Heelshires dann in den Urlaub fahren, noch ein letzter Hinweis: sei gut zu Brahms, dann ist er auch gut zu dir. Ansonsten … .
Ja ansonsten was? Das fragt sich auch Greta. Bald muss sie aber merken, dass da was dran ist. Kaum sind die alten Leutchen erstmal weg, legt sie Brahms in die Ecke und guckt ihn nicht mehr an. Dann aber verschwinden Dinge, sie hört Geräusche – diese Fiesigkeiten steigern sich. Anfangs denkt sie noch, dass jemand im Haus ist. Oder ist Brahms wirklich lebendig, wenn gerade niemand hinschaut? Genau dieselben Fragen stellt sich der Zuschauer und das in schnell abwechselnder Folge. Das Drehbuch stellt es dabei geschickt an und verdichtet die Hinweise zuerst ganz deutlich in eine Richtung, legt aber viele verschiedene Fährten. Ob das so bleibt oder den Zuschauer noch ein Twist erwartet, lasse ich an dieser Stelle mal offen. Aber es sei soviel gesagt: er stellt es schlau an und umgeht zumindest ein paar Horrorfilmklischees, aber leider nicht alle. Allerdings rüttelt der Film mit der Puppe an unserer comfort zone und lässt Greta mittendrin bewusst irre wirken, was den Zuschauer manchmal vom Geschehen entrückt. Wenn die Puppe später Schaden nimmt, ist man genauso geschockt wie Greta, weil man denkt „Aber sie leeeeeebte doooooch!!!“ Damit hat der Film sein Ziel erreicht und uns auf einer Ebene überzeugt – keine Bange übrigens, ich habe damit nicht das Ende gespoilert. Angsthasen sei gesagt: der Film hat ein paar Schockmomente. Aber das unangenehmste ist das was sich im Kopf abspielt, mit den Fragen rund um die Puppe und die Verlegenheit, die man empfindet, wenn Greta beginnt wirklich damit umzugehen wie mit einem echten Kind. Manch einer mag auch die Auflösung vorhersehen.
The Boy, USA/China, 2016, William Brent Bell, 97 min, (6/10)
Das Internat – zum Schweigen verurteilt
Die junge Shizuko (Won-Hee Go) wird von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter auf ein Mädcheninternat geschickt. In den 1930er Jahren gehört Südkorea dem japanischen Kaiserreich an, die Regeln im Internat sind streng und alle Mädchen arbeiten auf ein Ziel hinaus: nach Tokio reisen zu dürfen. Eine Belohnung für besonders gute und rundum akurate Schülerinnen. Shizuko wurde aber u.a. deswegen ins Internat abgeschoben, weil sie kränklich ist und ihre Eltern sie nicht um sich haben wollen. Die anderen Mädchen nehmen ebenfalls Anstoß an den blutigen Hustenanfällen von ihr. Als Shizuko beginnt seltsame Dinge zu sehen, sich aber durch die Behandlung der Direktorin ihre Gesundheit schlagartig verbessert, ahnt sie, dass das keine normale Schule ist. Der Zuschauer ahnt das leider auch – undzwar deutlich zu früh. Auch in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt. Das zerstört leider die aufgebaute Atmosphäre, die mit einigen gut platzierten Schockmomenten und der stilvollen Ausstattungen eigentlich ein stimmiges Bild aufgebaut hat. Tolle Kostüme, Kullisen und Make-Up. Anfangs ist der Film wie ein düsteres Märchen. Dümmer macht er auch nicht. So bemerken Asienfans schnell, dass dort doch Japanisch gesprochen wird und nicht Koreanisch und man lernt, dass er in einer Zeit spielt, in der Korea nicht autark war. Die platte Hintergrundgeschichte allerdings türmt sich zu grandiosem Unsinn auf, den man groteskerweise schon zig Mal in anderen Filmen gesehen hat – und dort wahrscheinlich besser. Die eine oder andere CGI-Einlage und Special Effect ist so übertrieben,dass man sich fragt, ob sie das ernst meinen. Meinen sie. Leider.
Das Internat – zum Schweigen verurteilt (OT: Gyeongseonghakyoo: Sarajin Sonyeodeul), Südkorea, 2015, Hae-young Lee, 39 min, (4/10)
Begierde
Irgendwann wurde über den Film im Fernsehen berichtet. Zu einer Zeit als noch Kino-Sendungen im Fernsehen liefen. Es ging um Vampire. Es wurde ein Ausschnitt von Catherine Deneuve gezeigt, die in einer Art dunklem Dachboden entsetzt schreit. Aber sie wirkte nicht wie eine Scream Queen – ihr Horror war ein ganz anderer. Schemenhaft blieb mir der Filmtitel in Erinnerung und fiel mir kurz vor dem Horroctober wieder ein. Der Gruselstreifen mit Catherine Deneuve sollte es sein. Aber Begierde ist ganz anders. Der Film handelt von Miriam und John Blaylock (Catherine Deneuve, David Bowie), die sich vom Blut von Menschen ernähren. Der Begriff Vampir ist hier unnötig. Es ist nicht klar, was sie sind. Sie sind unsterblich, das ist das einzige was wir wissen. Und insbesondere Miriam scheint schon lange zu leben und hatte einige Begleiter und Begleiterinnen. Von denen ihr nicht alle geblieben sind. Als John eines Tages nicht mehr schlafen kann und altert, weiß er, ahnt er, dass seine Zeit vorüber ist. Er sucht die Forscherin Dr. Sarah Roberts (Susan Sarandon) auf, die sich mit der inneren Uhr und dem Thema Unsterblichkeit beschäftigt. Anfangs glaubt sie ihm nicht.
Den Film umweht die Atmosphäre eines Arthouse-Streifens, der voll Philosophie, Melancholie und Erotik nur so sprüht. Solche Filme wurden 1983 gemacht? Großartig! Wenn John alias David Bowie in Dr. Roberts Wartezimmer wartet und sprichwörtlich verfällt, fühlen wir uns daran erinnert wie oft wir schon in einem Wartezimmer das Gefühl hatten hier auch Lebenszeit zu vergeuden. Eine schon fast brutale Metapher. Andererseits wirkt es unfair und aufrüttelnd und macht wütend, dass er seine verbleibenden Stunden dort zubringen muss – nicht im übertragenden Sinne, sondern wortwörtlich. Und dann ist da noch die traurige Gewissheit, dass der große David Bowie, der John verkörpert, dieses Jahr von uns gegangen ist. Das sind viele Emotionen, die der Film mit seinen prägnanten Bildern und seiner melancholischen Schönheit weckt. Es rührt einen zutiefst wie bitter Miriam und John hinnehmen müssen, dass ihre Ewigkeit keine solche ist. Und noch schlimmer die Erkenntnis, dass der Verfall von Miriams Geliebten nur äußerlich ist, ihre Seele aber unsterblich und dazu verdammt in einer Mumie dahinzuvegetieren in der Ewigkeit. Und wie Miriam das hinnimmt. Für immer und ewig – aber gilt das nicht für die Liebe? Können wir unsere Liebe wegschmeißen? Was ist das für ein Leben? Hunger und Begierde beziehen sich hier nicht auf das Blut, sondern auf Leben, Liebe und Jugend. Dieser Film – ein Meisterwerk.
Begierde (OT: The Hunger), UK, 1983, Tony Scott, 93 min, (10/10)
Der Exorzist
Wenn man einen Film wie Der Exorzist schaut, muss man das mit dem Gewissen tun, dass er ein Genre-Vorreiter ist. Idee und Wendungen, die einem bekannt vorkommen, sind möglicherweise eigentlich hier geboren wurden, aber oft kopiert. Schließlich hat der Film über 40 Jahre auf dem Kerbholz. Er ist älter als ich. Das verrückte aber: man merkt es ihm nicht an. Obwohl die Zeitspanne groß wirkt und die Filmbranche insbesondere in punkto Effekte ein rasches Verfallsdatum hat, wirkt der Film stimmig und man kann ihn zu keinem Punkt in Frage stellen. Lediglich an der Kleidung, Inneneinrichtung, d.h. an Stil- und Designelementen merkt man, dass Der Exorzist nicht mehr der jüngste unter den Filmen ist. Er handelt von Chris MacNeil (Ellen Burstyn), einer Schauspielerin, deren Tochter Regan (Linda Blair) seltsame Dinge bemerkt. Beispielsweise, dass sich ihr Bett von selbst bewegen würde. Aber schon bald verändert sich Regan vollkommen. Hat eine übermenschliche Kontrolle über ihren Körper, gibt obszöne, fiese Kommentare von sich und es scheinen sich Dinge von selbst zu bewegen. Während die Ärzte Regan allen möglichen Tests unterziehen und zu keinem Ergebnis kommen, sieht Chris bald nur noch eine verbliebene Option: einen Exorzismus.
Der Film hat zwei signifikante Stärken. Die eine liegt in dem Zusammenführen mehrere Handlungsfäden. Zum Einen Regans (die für das Jahr 1973 bemerkenswert aufgeschlossen, medizinisch und aktuell beginnt), dann wiederum die des zweifelnden Geistlichen Pater Damien Karras (Jason Miller) den auch Schuldgefühle plagen und die von Pater Lankester Merrin (Max von Sydow). Dabei wird angedeutet, dass Merrin u.U. selber einen (möglicherweise diesen?) Dämon freigesetzt hat. Elemente des Films und seiner Handlung sind aber Interpretationssache. Sie können auch Symbole eines nahenden Unglücks gewesen sein. Zum Höhepunkt des Films laufen diese Handlungen zusammen und machen den Film vielschichtig und abwechslungsreicher als man erwartet, da dem Film ja allein schon durch den Titel und den Ruf eine Vorstellung über die Handlung vorauseilt. Die andere große Stärke sind die handgemachten Effekte. Die Zeit kann handgearbeitete Effekte nicht einholen, so wie sie es durch den technischen Fortschritt bei CGI unweigerlich macht. Daher ist Der Exorzist noch heute ein beispielhaftes Werk des Horrorgenres, das zu Recht immer noch populär ist.
Der Exorzist (OT: The Exorcist), USA, 1973, William Friedkin, 122 min, (8/10)
Clown
Für Eli Roth und seine Filme habe ich nicht so wahnsinnig viel übrig. Das einzige was ich ihm zugute halte ist, dass er ein großer Freund des Genrekinos ist und es am Leben hält. Namentlich: Gore. Seit exakt 10 Minuten habe ich etwas mehr für ihn übrig. Warum? Ganz einfach. Als Jon Watts und Christopher D. Ford einen Fake-Trailer für einen Film namens Clown auf Youtube veröffentlichten, nannten sie Eli Roth als Produzent. Ganz schön anmaßend. Dummerweise wurde Eli Roth oft darauf angesprochen, da der Trailer Aufmerksamkeit erregt hat. Klar: Clowns spalten die Gemüter. Nicht nur wegen der Horrorclowns die gerade die USA, UK und inzwischen auch Deutschland unsicher machen, sondern einfach weil die Menschheit scheinbar nur aus zwei Sorten Menschen zu bestehen scheint. Die, die Clowns mögen und die, für die die Clownsfratze einfach nur gruselig wirkt. Als Eli Roth also so oft auf den Film angesprochen wurde, hat er kurzerhand angeboten den Film zu produzieren. Das ist ein ziemlich guter Deal, denn er hätte Jon Watts auch verklagen können, weil er seinen Namen benutzt hat. Und so entstand der Film um den Familienvater Kent McCoy (Andy Powers), der ein Clownskostüm für den Geburtstag seines Sohnes anprobiert, dann aber feststellen muss, dass er es nicht abbekommt. Er wird immer mehr zu einer furchterregenden Version eines Clowns und beginnt einen ungesunden Appetit auf Menschenfleisch zu entwickeln. Speziell Kinderfleisch.
Es ist wie eine Achterbahnfahrt was die Qualität betrifft. Der Film fängt extrem unglaubwürdig an. Man kann Andy Powers kaum abkaufen, dass das Kostüm und die Perrücke nicht von ihm abgeht. Er kreischt ja schon los, da zieht er kaum an den Haaren. Auch seine Hysterie und wie sich der Konflikt mit seiner Familie steigert, wirkt übertrieben und viel zu hastig. Allerdings steigert sich der Film ab der Mitte, wenn er einen Alleingang unternimmt, weil ihm inzwischen niemand mehr glaubt. Ab dann ist es ein passabler Horrorfilm und ab jetzt überzeugt auch die Maske und die schleichende Verwandlung überzeugt. Mit einigen Genre-Tabus wird gebrochen. So ist das Clownsblut beispielsweise bunt – aber das macht den Film ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ungewollt witzig, sondern wirkt mal neu und anders. Ein großes Plus sind die schaupielerischen Leistungen von Laura Allen als Meg McCoy und Peter Stormare. Sie balancieren das Ungleichgewicht etwas aus.
Clown, USA, 2014, Jon Watts, 100 min, (7/10)
Ein Fazit
Diesmal hat sich der Horrorctober etwas anders angefühlt als in den anderen Jahren. Während ich beispielsweise letztes Jahr eine gore-lastigere Liste hatte, war sie dieses Mal abwechslungsreicher, hatte manchmal aber nur am Rande was mit Horror zutun. Housebound war eher witzig, Der Rasenmähermann eher Sci-Fi und Sightseers eine Satire mit ein bisschen Blut. Daher war der diesjährige Horrorctober nicht so gruselig wie er hätte sein können. Letztes Jahr habe ich mehr auf Gore gesetzt, allerdings mit dem häßlichen Beigeschmack von B-Movies. Da hatte ich manchmal das Gefühl ‚was für ein krankes Zeug ziehe ich mir hier eigentlich rein?‘ Nächstes Jahr werde ich wahrscheinlich stattdessen mal auf Horrorklassiker setzen.
Müsste ich Empfehlungen für einen klassischen Halloween-Abend mit Freunden aussprechen, würde ich sagen Unknown User, Clown, Der Exorzist und Blutgletscher sind eine gute Wahl. Aber wie bei fast jedem Horrorfilm denke ich, dass sie eh die größere Wirkung erzielen, wenn man sie alleine guckt 😉 Die größten Überraschungen waren aber für mich Blutgletscher und Begierde. Blutgletscher war überzeugend wegen der stimmigen Bilder und Atmosphäre, auch wegen der handgemachten Kreaturen. Begierde ist fast zu gut für einen Horrorfilmabend und so tief berührend und erotisch, dass ich sagen würde, dass die Challenge schon allein deswegen ein voller Erfolg war. Und die anderen Filme die ich geschaut habe? Starry Eyes war etwas inkonsequent und nicht stimmig, Honeymoon war nett und zeigt wie wenig es braucht, um eine Szene seltsam und unheimlich zu gestalten. Aber es ist kein großer Schocker. It Follows wird etwas zu sehr gehypt finde ich. Es ist ein guter Film mit einem tollen Score, aber das trifft auf viele Filme zu. Das Internat ist ziemlich pathetisch und irgendwie Schrott und The Boy zwar schlau gemacht, aber hat mich nicht nachhaltig beeindruckt. Kurzum: ich habs getan, dreizehn Horrorfilme geschaut – just in time. Und es hat Spaß gemacht! Der letzte war gestern abend Clown und nebenbei hat die kleine Familie nebenan fröhlich Kinderlieder gesungen. Das war komisch … .
Zu den bisherigen Artikeln
Ankündigung
Woche 1 (Starry Eyes, It Follows, Sightseers, Blutgletscher)
Woche 2 (Honeymoon, Housebound)
Woche 3 (Der Rasenmähermann, Unknown User)
Habt ihr mitgemacht und habt ihr es geschafft? Wie lief die Challenge für euch? Gab es große Überraschungen? Welche der hier vorgestellten Filme kennt ihr? Welche wollt ihr noch schauen? Bei welchen weicht euer Eindruck stark von meinem ab?
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