Fast hätte es geklappt, dass Nolans neuster „TENET“ nach der Krise wieder die Kinos öffnet. Wäre der Kinostart jetzt nicht auf August verschoben worden, hätte das gut zum smarten Kalkül gepasst, mit dem Nolan seine Filme inszeniert. Unter Filmliebhabern ist es schon fast schick ihn und seine Filme nicht gut zu finden, während vor zehn Jahren nach das Gegenteil „in“ war. Zumindest heute schließe ich mich dem Personenkult an. 😉 Diese Werkschau war lange geplant. Nie verwendete ich in einer Ausgabe von 7ème art „Inception“ oder „Interstellar“, obwohl es sich anbot. TENET steht noch aus, der Rest des Plans bleibt. Anlässlich des baldigen Starts von „TENET“ gibt es heute sieben Filme, bei denen Christopher Nolan Regie führte.
Following
Bevor wir Leonardo DiCaprio als Träume „inceptenden“ Cobb kennenlernten, schickte Christopher Nolan schon mal eine Figur mit demselben Namen in ein Labyrinth. Dieser Cobb wird von Alex Haw gespielt und der Titel des Films ist Programm. Cobb folgt wahllos Leuten: Frauen, Männern, egal. Er will eigentlich nur beobachten und Inspiration zum Schreiben finden. Dabei wird er einmal zurückbeobachtet. Bill (Jeremy Theobald) spricht Cobb darauf an, warum er ihm folgt und gibt ihm wirklich mal eine Geschichte zu erzählen. Denn Bill bricht in Häuser ein. Warum? Einerseits, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, andererseits gegen die Langeweile. Außerdem sagt Bill süffisant, dass er den Bestohlenen einen Gefallen tun würde: „You take it away to show them what they had.“ Cobb beginnt mitzumachen, was nicht ohne Folgen bleibt.
Dieser Cobb wird also auch ein Dieb, aber vollkommen anderer als der Cobb in Inception. Er ist nicht besonders schlagfertig und beginnt sich viel bei Bill abzugucken. Imitiert dessen Look und eifert ihm nach. Ganz ähnlich ist aber, dass er sich in einem Labyrinth bewegt. Ein Geflecht, dass er nicht versteht und sich vor den Augen des Zuschauers ganz langsam entfaltet. Ein Effekt, der ein früher Vorbote zweier Filme Nolans ist: das labyrinthische von Inception mit der langsamen Erkenntnis der Zwangslage und des tragischen Dilemma des Hauptcharakters ähnlich Memento. Dabei lässt Following bereits erkennen mit welchen Erzähltechniken und raffinierten Kamerawinkeln Nolan auch später arbeitet. Er erzählt die Geschichte fragmentiert, mal im Rückblick, mal als Blick in die Zukunft. Wie beim Gang durch ein Labyrinth hinterlässt er Spuren, die wir deuten. Mit diesen Elementen und dem Look als Schwarzweißfilm geht er locker als film noir durch. Aber er verströmt auch ein wenig die Atmosphäre eines Studentenfilms, wenn auch eines ziemlichen guten. Angerissene und nie ganz zu Ende erklärte Momentaufnahmen wirken wie verschenkt. Die Zähigkeit der Dialoge und die zwar smart konstruierte aber nicht sehr gehaltvolle Handlungen lassen den Film länger wirken als er ist und verlangen dem Zuschauer Ausdauer ab. Wahrscheinlich ist er aber der beste Film, der für nur 6000 Pfund gedreht wurde.
Following, UK, 1998, Christopher Nolan, 70 min, (7/10)
„Memento | Trailer HQ Deutsch | 2000“, via MovieTrailerPlanet (Youtube)
Memento
Die Eröffnungssequenz macht bereits klar, dass wir den Film nicht chronologisch sehen. Ein Mann schüttelt darin ein Polaroid „unkenntlich“, d.h. das Bild verblasst immer mehr, desto länger er es betrachtet. So wenig braucht es um uns auf das vorzubereiten, was Memento konstruiert. Der Film wird sequenzweise rückwärts erzählt. So beginnt der Film mit Leonard Shelby (Guy Pearce), der einen Mann umgebracht hat. Dann folgt nach und nach die Erklärung und der Weg zum Mord. Leonard suchte den Mörder seiner Frau. Infolge eines Unfalls hat er sein Kurzzeitgedächtnis verloren. Er versucht sich mit Polaroidfotos, Tattoos und Notizen immer und immer wieder daran zu erinnern, was sein Ziel ist und welche Hinweise er auf den Täter hat. Und Christopher Nolan als Regisseur und Drehbuchautor macht uns zu Amnesiepantientin wie Leonard – denn wir wissen nichts und erfahren alles durch dieselben Hinweise, auf die sich auch Leonard verlassen muss. War der Mann, den er erschossen hat, der Mörder seiner Frau?
Im Gegensatz zu Leonard erleben wir im Rückblick Stück für Stück wie ihn sein Weg in dieses Haus brachte und dazu diesen Mann zu erschießen. Memento gibt uns einige Hinweise und Aha-Effekte. Kratzer an der Wange, Fotos, eine zerbrochene Autoscheibe – wir erfahren nach und nach wie diese Artefakte in der Landschaft des Films landeten. Und mit den immer weiteren Hinweisen wird klar wie verloren Leonard ohne Erinnerung eigentlich ist und in was für ein gefährliches Netz er sich verstrickt hat. Mehr und mehr wird dem Zuschauer bewusst, dass Leonard aufgrund seines Gedächtnisses auch ein unzuverlässiger Erzähler ist. Wie so oft stellt uns Nolan seinem Protagonisten zur Seite und lässt uns gemeinsam durch das Labyrinth irren. Besonders tragisch an Memento ist, dass wir vor dem Protagonisten bemerken, dass wir uns verirrt haben. Und im Gegensatz zu ihm entkommen können. Memento ist ein sehr schlaues Stück Film, das mit viel Köpfchen inszeniert wurde und herrlich noir-ig daherkommt, aber auch nur funktioniert, weil Leonard sich auf so wenige „Tools“ verlässt. Mit einem Smartphone sähe das alles vielleicht schon anders aus. Parallel zu den Sequenzen, die rückwärts erzählt werden, gibt es auch welche, die chronologisch vorwärts angeordnet sind – und sich treffen. Genial konstruiert und tragisch: „Ich kann mir nicht merken dich zu vergessen.“
Memento, USA, 2000, Christopher Nolan, 109 min, (8/10)
Insomnia – Schlaflos
Mit dem Remake des norwegischen Films Todesschlaf legt Christopher Nolan seinen dritten Langfilm vor und den ersten, der nicht auf einem Drehbuch von ihm oder seinem Bruder basiert. Und das merkt man. Al Pacino mimt hier den Polizisten Will Dormer, der zur Aufklärung des Mords an der jungen Kay nach Alaska geschickt wird. Im Gepäck: Sorgen über interne Ermittlungen gegen ihn zuhause in Los Angeles. Sein Partner wird eventuell gegen ihn aussagen. Das Kontrastprogramm könnte kaum größer sein als ihm in Alaska die junge Ermittlerin und sein anerkanntes Fangirl Ellie Burr (Hilary Swank) zur Seite gestellt wird. Als aber Dormer den vermeintlichen Mörder im Nebel verfolgt, erschießt er seinen Partner. Ein Versehen oder ein nützliches Unglück? Dormer entscheidet sich für letzteres. Nichtsahnend, dass Kays Mörder (Robin Williams) alles beobachtet hat und ihn von da an erpresst.
Der Titel erklärt sich dadurch, dass Dormer einerseits von Gewissensbissen und Sorgen wach gehalten wird, andererseits von den taghellen Nächten in Alaska. Er kommt nicht zur Ruhe und die Schlaflosigkeit lässt ihn bald fahrig und unvorsichtig werden, sogar halluzinieren. An der Stelle soll nicht verraten werden, ob Dormer seinen Partner absichtlich umgebracht hat oder nicht. Stattdessen verrate ich, dass hier der mehr oder weniger pflichtbewusste Cop und der Mörder ein nahezu perfektes Gleichnis sind. Beide befinden sich in einer Grauzone aus „es war ein Versehen“, purer Kaltblütigkeit oder banger Verzweiflung, die unentwirrbar scheint und auf die sie vielleicht nicht mal selbst die genaue Antwort kennen. Beide können den jeweils anderen überführen, jedenfalls haben sie ihn ein Stück weit in der Hand. Leider ist der Film etwas blutleer inszeniert. Das Schauspiel von Pacino, Williams und Swank mag auf den Punkt sein, der Film ist verhältnismäßig zäh und wirkt wie künstlich in die Länge gezogen. Das geradlinige Drehbuch lässt nur durch die moralischen Zwickmühlen Spannungspotential zu. Auch von Christopher Nolans Liebe zu Mise en Scène und ausgefeilten Schnitten, Perspektiven und Symbolik ist nicht viel zu merken, so als ob er hier keine volle kreative Freiheit genoss.
Insomnia, USA, 2002, Christopher Nolan, 114 min, (6/10)
Batman Begins
Mit Batman Begins leitete Warner Bros. eine neue Ära des um Realismus bemühten Superheldenfilms ein. Ursache war sicherlich der durch u.a. die Spider-Man-Verfilmungen angedeutete Trend. Aber gemäß der Figur Batmans sollte der Stoff gritty und düster sein – anders als die letzten Batmanfilme der 90er. Christopher Nolan war inzwischen als Autorenfilmer etabliert, zu dem diese Attribute passen. Ihm zur Seite stand Goyer als der mit dem Comicwissen. Zusammen entwickelten sie ein Drehbuch, dass sich stark auf die Origin Story Bruce Waynes aka Batmans konzentriert. In die Rolle des Flattermanns schlüpfte Christian Bale. Bruce Wayne ist hier ein Getriebener, der nach dem Tod seiner Eltern nicht loslassen kann und versucht von Gotham und wegzukommen. Er verbrennt seine Identität, wandert aus, schlägt sich als Kleinkrimineller durch und knüpft Kontakte zu der Liga der Schatten unter Ra’s al Ghul, wo er ausgebildet wird. Als er jedoch merkt, dass er nicht an Ra’s al Ghuls Form der Lynchjustiz teilnehmen will, beschließt er nach Gotham zurückzugehen.
„Batman Begins (2005) Official Trailer #1 – Christopher Nolan Movie“, via Movieclips Classic Trailers (Youtube)
Nachdem Bruce Wayne die Stadt in desolatem Zustand und das gedankliche Erbe seiner Eltern in Scherben vorfindet, beschließt er selber die Gerechtigkeit in die Hand zu nehmen. Aber nicht mit Mord und Selbstjustiz. Er schafft dazu wie er es bei der Liga gelernt hat einen Mythos, eine Idee; die ihn von einem „normalen Mann“ zu etwas anderem, schwer greifbareren erhebt – Batman Begins. Und die Gegner in Gotham sind zahlreich – egal ob in Wayne Enterprise selber, im Arkham Asylum oder einfach unter den zahlreichen durch die Mafia geschmierten Polizisten und Richtern. Das gelingt dem Film wunderbar darzustellen. Noch nie hat ein Medium abseits der Comics so gut und sinnhaft erklärt, warum sich Batman in ein Fledermauskostüm zwängt. Aber die ganzen Erklärungen hat auch den Preis, dass der Film eine überlange Exposition hat, die sicherlich die Aufmerksamkeit der meisten Zuschauer bis dahin aufgeraucht hat.
Dabei wird es doch gerade danach erst richtig interessant. Und es macht Spaß zu sehen wie Bruce Wayne den Laden aufräumt. Der Cast kann sich sehen lassen. Morgan Freeman als Lucius Fox, Michael Caine als Alfred Pennyworth, Gary Oldman als Sergeant Jim Gordon und nicht zu vergessen Christian Bale, der den nötigen Charme des oberflächlich wirkenden Playboys Bruce Wayne genauso rüberbringt wie das getriebene, ernsthafte unter der Maske. Wo der Film nicht so ganz mitkommt ist in punkto Chemie. Die Dialoge zwischen Bruce und Rachel Dawes (Katie Holmes) driften immer etwas ins pathetische, verklärte ab. Da knistert es ja mehr zwischen Bruce und Alfred. Eigentlich auch ganz schön. 😉 Action und Effekte sind ganz offensichtlich zum Großteil handgemacht und schaut man gern an. Ein würdiger Batman-Filme, der neue Maßstäbe gesetzt hat.
Batman Begins, UK/USA, 2005, Christopher Nolan, 140 min, (8/10)
„The Prestige (2006) Trailer #1 | Movieclips Classic Trailers“, via Movieclips Classic Trailers (Youtube)
Prestige – Die Meister der Magie
Christopher Nolan gelingt mit seiner Verfilmung von Christopher Priests Roman um zwei konkurrierende Show-Magier im London Ende des 19. Jahrhunderts den Zuschauer ebenso gekonnt in eine Illusion zu verstricken. Der Film beginnt mit dem vermeintlichen Ende der Fehde. Alfred Borden (Christian Bale) soll Robert Angier (Hugh Jackman) umgebracht haben und wird dafür zum Tode verurteilt. Im Rückblick erfährt der Zuschauer wie Angier und Borden als aufstrebende Magier einst zusammen arbeiteten bis sich ein schreckliches Unglück ereignete, an dem Angier Borden die Schuld gibt. Von da an herrscht zwischen beiden böses Blut. Dass sich Borden aka „Der Professor“ und Angier aka „Der große Danton“ gegenseitig ausspionieren ist nur der Anfang eines Teufelskreises aus immer weiter eskalierenden Sabotage-Akten, die letzten Endes sogar Leben kosten.
Zu Beginn des Films heißt es nicht umsonst „Haben Sie genau hingesehen?“ Auch die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird anfangs durch die verschachtelten Rückblicke gefordert, als auch später, wenn man ähnlich wie Angier versuchts Bordens Trick „Der transportierte Mann“ zu verstehen. Aber während Angier von Rache getrieben versucht Borden um jeden Preis auszuboten, ist der einer, der Geheimnisse um jeden Preis wahrt. Menschen lieben eine gute Illusion – aber trifft das auch noch auf den Zuschauer zu, wenn Prestige plötzlich in Science-Fiction abdriftet? Glücklicherweise bekommt Nolan narrativ hier gerade noch die Kurve und hüllt die Magie in den illusionorische Mantel des Unbekannten. Inklusive eines Auftritts David Bowies als Nikola Tesla für den ich Film nochmal mehr mag. So bleibt The Prestige (so der Originaltitel) trotz der Ausflüge in das Sci-Fi-Genre vor Allem eine Parabel auf sich aufschaukelnden Hass, der letzten Endes beide Magier alles abverlangte und kostete. Wie falscher Ehrgeiz und Rache zwei großen Köpfen alles nehmen – eine beispielhafte Erzählung von gefährlichem Starrsinn und dem, was man bereit ist für einen Preis zu zahlen für ein bisschen Rache oder Ruhm. Im Gegensatz zu Bordens Erklärung hat der Trick aber immer noch seinen Reiz, auch wenn das Geheimnis entschlüsselt wurde – zumindest was Nolans Film betrifft. Der Clou: der ist selber aufgebaut wie ein Zaubertrick.
Prestige – Die Meister der Magie (OT: The Prestige), USA/UK, 2006, Christopher Nolan, 125 min, (9/10)
Inception
„Dreams pay.“ Durch eine Technologie, die es Menschen ermöglicht luzid und gemeinsam zu träumen, wird ein Geschäftsmodell. Noch mehr: sie können in den Traum sogar aktiv eingreifen. Das ermöglicht die sogenannte Extraction, ein beliebtes Mittel zur Industriespionage. Dabei kidnappen Diebe wie Cobb (Leonardo DiCaprio) und Arthur (Joseph Gordon-Levitt) ihr Opfer, versetzen sich mit ihm gemeinsam in einen Traum und suchen das Detail, das der Auftraggeber so dringend wissen will. Eines Tages tritt der Geschäftsmann Saito (Ken Watanabe) mit einem speziellen Auftrag an sie heran – er will eine Inception. Etwas, das wenige bis dahin ausprobiert haben: das Einpflanzen eines Gedankens. Cobb und Arthur stellen ein Team zusammen, dass dieses gewagte Unterfangen angeht. Für Cobb steht viel auf dem Spiel. Saito verspricht bei Gelingen des Auftrags dafür zu sorgen, dass die Strafverfolgung gegen Cobb eingestellt wird und er seine Familie wiedersehen kann.
„Inception (2010) Official Trailer #1 – Christopher Nolan Movie HD“, via Movieclips Classic Trailers (Youtube)
Im Folgenden entführt uns Christopher Nolan in einen vier Level tiefen Traum. Ein wahres Labyrinth, in dem er uns mit Cobb, Eames (Tom Hardy), Ariadne (Ellen Page) und Kollegen ein diverses, launiges Team zur Seite stellt. Deren kleinere Flirtereien oder Zickereien untereinander machen Spaß und ihre akribisch geplante Aktion lässt den Eindruck dessen erwecken was Inception vorrangig ist: ein Heist-Movie. Man könnte Science-Fiction erwarten, der Inhalt sieht stellenweise gut und gerne nach Fantasy aus. Aber Nolan, hier wieder Regisseur und Drehbuchautor gleichzeitig, verzichtet darauf und konzentriert sich auf den Heist-Aspekt und das persönliche Drama Cobbs, das auch aus dem Diebeszug (wobei sie ja eigentlich etwas hinterlassen, statt zu stehlen 🙂 ) einen Albtraum macht. Mit dem Konzept schafft er somit einen spannenden Hybriden und die Steilvorlage des modernen Heist-Movies. Denn in Träumen gibt es keine Grenzen. Wally Pfister und das gesamte Team hinter dem Film hat also seinen Spaß diese auszutesten. So ganz ohne Plot Holes kommt der Film zwar nicht aus (Beispiel: Warum wachen Arthur und die anderen nicht viel früher auf durch die Eskapaden, die der Van fährt oder die Action in der Lobby?), aber er ist angenehmer Denksport, anspruchsvolle und launige Unterhalting mit Köpfchen und einem Ende, das ganz zu Recht den Kinosaal laut aufseufzen ließ. (Wobei die Lösung des kleinen Cliffhangers entschlüsselbar ist. 🙂 )
Inception, UK/USA, 2010, Christopher Nolan, 148 min, (9/10)
Interstellar
Die Zeit für die Menschheit läuft ab. Die Erde ist kein Ort mehr zum leben, sondern lediglich noch zum überleben. Umwelteinflüsse zerstören Mensch und Natur. Farmer braucht das Land, damit die Menschen etwas zu essen haben. So ist auch der ehemalige Astronaut Cooper (Matthew McConaughey) Farmer wider Willen. Seine Tochter Murphy (Mackenzie Foy) erbt seine Neugier und seinen Mut, sein Sohn (Timothée Chalamet) wird ein Ernährer, ein Farmer. Ein geheimes Raumfahrtprojekt soll sich auf die Suche nach einer „neuen Erde“ begeben – und Cooper soll einer der Piloten sein. Es ist nicht klar, wie lange diese Suche dauern wird und ob er überhaupt zurückkommt. Sie geht über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus und stellt Cooper wie auch seine Familie auf eine schwere Probe, an deren Ende die Frage nach dem Überleben der Menschheit steht.
Das nenne ich mal Druck. Unter dieser extremen Prämisse schick Nolan Cooper ganz weit über den Tellerand hinaus. Hier entern wir schwarze Löcher und es werden Dimensionen gezeigt, die noch niemand versucht hat auf Film zu pressen – fünfdimensionale Räume beispielsweise. Fachlich war das u.a. durch die Beteiligung des Physikers Kip Thorne möglich. Vor Allem das Prinzip der Zeitdilatation (als Teilgebiet der Relativitätstheorie) teilt mächtig aus. Die besagt, dass für die im All Reisenden und die Menschen auf der Erde die Zeit in einem anderen Verhältnis vergeht. Jahre auf der Erde sind vielleicht nur Stunden im All. Was der Geschichte eine ganz andere Dynamik gibt. Cooper und die Crew steigen nur Minuten auf einem fremden Planeten aus, um nach ihrer Rückkehr an Bord festzustellen, dass auf der Erde Jahrzehnte vergangen sind. Coopers Kinder sind inzwischen erwachsen, desillusioniert und überzeugt, dass der Vater sie verlassen hat.
Das gibt dem Science-Fiction-Film die nötige emotionale Tiefe, bei der garantiert kein Auge trocken bleibt. Viel in Interstellar wird durch Effekte gemacht, viel davon spielt sich aber in unseren Köpfen ab und weckt unwahrscheinlich und unglaublich, aber erschütternd wirkende Szenarien. Ob man dem Film die Botschaft abkauft, dass Liebe eine weitere, unsichtbare Dimension ist, die die Grenzen der Physik sprengt, bleibt dem Zuschauer überlassen. Der Gedanke ist an sich erstmal ziemlich schön. Aber auch ein bisschen kitschig-magisch. Was ich Nolan sehr hoch anrechne ist sein Gebrauch von Theorien. Sein Erfindergeist. Die Offenheit für Neues, für Wissenschaft. Forschungsthemen sind oftmals ein staubtrockener Garant, um Menschen zu vergraulen. Aber hier ein Game Changer durch die Verbindung mit soviel Menschlichkeit.
Interstellar, UK/USA, 2014, Christopher Nolan, 169 min, (10/10)
Christopher Nolan hat Denksport, Erfindergeist und smarte Plots im Popcornkino wieder gangbar gemacht. Sein Kalkül und allzu cleanes Handwerk lässt für manchen (Indie)Filmfan die Freude an der Kunst und Leichtigkeit des Films manchmal etwas vermissen. Und die meisten seiner Labyrinthe und „Mind-bending games“ kommen nicht ohne plot holes aus. Ein häufiges Problem, wenn man komplexe Theorien nutzt. Einfachere Prämissen wie in „Memento“ und „Following“ gehen eher auf. Dass er aber die Schule komplett durchlaufen hat und das Handwerk kennt, beweist sein Gespür für Kamera und Schnitt, für die er aber auch stets die großen Fachleute an Bord holt: Pfister und Hoytema beispielsweise. Ob man in Personenkult verfallen muss, ist sicherlich fraglich; aber man kann nicht abstreiten, dass seine Filme echt Spaß machen. Seht ihr das genauso? Bedauert ihr sehr die Verschiebung des Kinostarts von „TENET“? Welcher ist euer Lieblingsfilm von Nolan? Wer in der Liste übrigens seine anderen Filme vermisst, findet die hier: The Dark Knight, The Dark Knight Rises und Dunkirk.
„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.
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