Die zwölfte Staffel von „Supernatural“ endete mit einem Paukenschlag, der mich sehr getroffen hat und nach vielen vielen Staffeln das erste Mal mit gleich mehreren Aufhängern, die neugierig machen. Für mein Empfinden war das Ende von Season 12 das erste starke Staffelfinale seit … einer Weile. Das hatte ich so nicht kommen sehen als ich nach der zehnten Staffel eine fünf Jahre andauernde Auszeit von der Serie nahm. Das heißt nicht, dass ich plötzlich alles nur noch spitze finde wie man auch den Besprechungen seit meiner Rückkehr zu Serie entnehmen kann. Aber so war ich doch ziemlich gespannt auf die 13. Staffel. Die Besprechung enthält keine signifikanten oder vermeidbare und gekennzeichnete Spoiler für die 13. Staffel, aber enthält konkrete Spoiler für die Staffeln davor.
Die dreizehnte Staffel beginnt mit drei Haupthandlungszweigen. Zum Einen müssen Sam und Dean sich mit Luzifers und Kellys Sohn Jack (Alexander Calvert) zurechtfinden. Anders als erwartet ist der innerhalb kürzester Zeit zum jungen Mann herangewachsen. Nachdem sich die Brüder und er auf dem falschen Fuß erwischen, greift er sie aus Verwirrung und weil er sich bedroht fühlt an und flüchtet. Nach dem Vorgeschmack auf seine Nephilim-Fähigkeiten suchen sie ihn – mit gemischten Gefühlen. Die ersten Wogen werden geglättet und die Brüder nehmen ihn unter ihre Fittiche. Während Sam (Jared Padalecki) ihm Vertrauen entgegen bringt, ihm die Welt erklärt und sich von ihm erhofft, dass er einen Weg zu Mary für sie findet, hegt Dean (Jensen Ackles) großes Misstrauen und sieht in Jack die Ursache für all ihre Verluste. Denn das zweite große Motiv der Staffel ist Verlust. Beide Brüder haben schwer an Marys Verschwinden in dem Alternativen Universum (AU), der selbsternannten „Apocalypse World“, zu knabbern. Kaum hatten sie ihre Mutter wieder, haben sie sie auch schon verloren. Dean trifft zusätzlich der Tod Castiels (Misha Collins) sehr hart. Chancen seine Mutter wiederzufinden, schreibt er von vornherein ab. Zum Anderen handelt die Staffel aber nun natürlich davon wie sich Mary und Luzifer in der „Apocalypse World“ durchschlagen.
„Supernatural Season 13 Trailer (HD)“, via TV Promos (Youtube)
Ähnlich wie schon in früheren Besprechungen festgestellt, wird es selten passieren, dass alle Handlungsstränge alle Zuschauer abholen. Für mich selber ist immer mindestens ein besonders schwacher dabei – dieses Mal das AU. Alternative Universen sind eben Motive des Sci-Fi oder Fantasy, die schon soviel besser in anderen Serien gehandhabt wurden und hier für mich leider deplatziert wirken. Wie die zweite Staffelhälfte offenbart, gibt es natürlich einen großen Plan der Schreiber, der hiermit eingeleitet wird. Aber sowohl der Beginn (Risse ins AU, die einfach auftauchen und hups, Charaktere die aus Versehen dort reinfallen) als auch das erzielte Ergebnis enttäuschen. Denn worauf die Serienschöpfer hinarbeiten ist, dass der in der „Apocalypse World“ entfesselte Kampf zwischen Engel und Dämonen (allen voran Michael und Luzifer) in der Welt von Sam und Dean fortgesetzt wird. Moment, waren wir da nicht schon mal? Genau. Staffel fünf lässt grüßen. Here we go again. Ich könnte es kaum öder finden. Natürlich ist es ein netter Storykniff eine Welt zu zeigen, in der die Brüder nie gelebt haben und die gerade deswegen einer verheerenden Apokalypse zum Opfer fiel. Als Sahnehäubchen, sowohl für Fans als auch als Schreiber (es ist schließlich schön und gut für Faule) kommen dadurch Charaktere wieder, die in der Realität der Brüder längst das Zeitliche gesegnet haben. Und darunter sind Fan-Favoriten. 🙂
Die beiden anderen Handlungsstränge sind auch nicht komplett wiederholungsfrei. Dass Dean erstmal Jack gegenüber misstrauisch und kalt ist und wie Jack sich versucht an ein ihm völlig fremdes Leben zu gewinnen, verströmt Castiel-Vibes. Aber die Stimmung ist hier etwas anders. Jack kämpft von Anfang an mit dem Verlust seiner Mutter sowie Castiels, aber auch dem Ruf seines Vaters und der omnipräsenten Frage, ob Boshaftigkeit in den Genen liegt. Das bringt einige sehr spannende Debatten und Charakterentwicklung mit sich. Ähnlich wie Nicole (siehe Diskussion hier und hier) muss ich aber doch sagen, dass Alexander Calvert den Jack einerseits wirklich toll gibt und ich ihn nicht missen möchte, aber das einführen eines solch wichtigen Charakters wäre mal eine Möglichkeit gewesen der Serie mehr Diversität an den richtigen Stellen zu verleihen. Warum keine Frau? Warum weiß? Man hätte hier soviel machen können, außer einen weiteren „white dude“ einzuführen – auch wenn der natürlich einen tollen Job macht. In Interviews und Fankreisen wird oftmals vermutet und angedeutet, dass man hier zeigen wollte, dass sich Jack einen „Vater“ ausgesucht und dessen Merkmale angenommen hat – gemeint ist Castiel. Gefühlt ist da schon ein bisschen was dran und die Theorie hat auch eine schöne Note. Trotzdem hat man leider wieder eine weitere Gelegenheit verstreichen lassen einem der Hauptkritikpunkte an der Serie (neben den schwachen Cases of the Week) entgegen zu wirken.
Ansonsten ist natürlich einiges in der Staffel in Bewegung. Nach Luzifers Abhandenkommen etabliert sich selbst ein neuer Big Bad und nimmt den Thron in der Hölle für sich ein: Asmodeus (Jeffrey Vincent Parise) ist der letzte der Prinzen der Hölle und liefert eine gute Performance ab. Rowena (Ruth Connell) wird stärker als Charakter etabliert, Mark Pellegrino darf seine Darstellung Luzifers fortsetzen und auch mal durch ein paar Nuancen ergänzen. Daneel Ackles, die Ehefrau von Dean-Darsteller Jensen Ackles, übernimmt eine kleine Nebenrolle. Außerdem kehrt ein totgeglaubter Fan-Favorit zurück. Während man alle diese Rückkehrer und Seitenwechsler irgendwo noch nachvollziehen kann, erschließt sich mir nicht ganz, was man sich davon erhofft hat den Charakter Ketch zurückzubringen. Das ist schon alleine so hanebüchen aufgezogen, dass es schmerzt. Auch in punkto Serien- und Kontinuitätsfehler ist die Staffel diesmal auffällig unaufgeräumt. In der Episode 13×05 Tombstone beispielsweise scheinen sowohl Dean und Sam getrennt voneinander aber parallel mit dem Impala unterwegs zu sein. Auch der zwischenzeitliche Tod einer der Hauptfiguren im AU und seine Wiederkehr befremdet. Gab es da nicht einen gewissen Charakter (Billie aka „der Tod“), der dafür sorgen wollte, dass keiner der Winchesters mehr zurückkommt? Oder zählt das nicht, solange man sich in einem Alternativen Universum aufhält?
„Supernatural Season 13 Gag Reel 720p“, via Attila Szeredi (Youtube)
Aber es gibt auch wieder einige Episoden, die besonders positiv herausstechen wie Scoobynatural! Episode 16 nämlich ist ein Animations-Crossover zwischen Supernatural und Scooby Doo, in der man Team Free Will mal in 2D erleben darf. Und ich muss sagen … das ist schon ziemlich witzig, cool und absurd-genial. Alleine dafür hat es sich gelohnt die Serie weiterzuschauen. Unter der Masse an Cases of the Week hat mir allerdings auch die Lovecraftian angehauchte Episode 13×17 The Thing und die Heist-Folge 13×8 The Scorpion and the Frog gefallen. Bei anderen Episoden war die Ambition vorhanden, nur die Umsetzung halt eher mau. Episode 13×20 Unfinished Business soll an Kill Bill angelehnt sein, kann aber nicht annähernd das Flair des Rache-Epos verbreiten und lässt cinematografische Rafinesse vermissen. Ein schöner Kniff war es die Geschichte der Wayward Sisters fortzusetzen und das Team um einige Charaktere zu erweitern. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt, da ja die angestrebte Serie nie zustande kam. Andererseits weiß ich auch nicht, ob mich die genug gecatcht hätte. Neben dem sehr starken Staffelauftakt um Aufarbeitung von Verlust und Jacks Werdegang, stinkt dann leider das Weiterverfolgen der Konflikte in punkto AU und Apocalypse World etwas ab und mündet in einem Finale mit grausig-schwachen Effekten und einem Cliffhanger, der erneut ein enorm müder Aufguss früherer Staffeln ist. Was stattdessen motiviert weiterzugucken ist die Aussucht auf das Ende. (6/10)
Aus gegebenem Anlass – Noteworthy „Destiel“-Moments, ausklappen auf eigene Gefahr 😉 enthält außerdem Spoiler
Es ist schon fast heilsam und beruhigend, wenn man so spät die dreizehnte Staffel schaut und wie in meinem Fall schon gespoilert wurde. So wusste ich sehr wohl, dass Castiel wiederkommt und konnte die 13. Staffel anders begehen als ich es sonst gemacht hätte. Vielleicht hätte ich sogar angesichts Castiels Serientod nach dem Finale der 12. Staffel aufgehört weiterzugucken – durchaus möglich. Hätte mich Jack und die Frage wie Luzifers Kind in der Serie dargestellt werden würde noch geködert? Vielleicht das am ehesten noch. Aber der Schmerz über Cas hätte tief gesessen, ist er doch mein Lieblingscharakter neben Dean. Wer Destiel-Shipper ist, bekommt zu Beginn der dreizehnten Staffel eine Menge Futter, muss aber auch ganz schön die Zähne zusammen beißen.
Dean nimmt es sehr mit, er lässt sich sogar dazu hinreißen zu beten und Gott höchstpersönlich um Hilfe zu bitten und Cas und seine Mutter wiederzubringen. Prügelt auf Türen ein, kann nicht schlafen und Überraschung: er wird gar lebensmüde. Er trifft in einer Episode sehr leichtfertig die Entscheidung sich kurzfristig dem Tod auszusetzen. Eigentlich um kurz mit Geistern sprechen und einen Fall lösen zu können. Aber der Plan geht schief und er fordert den Tod auf, dieses Mal sein Leben einzufordern, weil ihn nichts mehr unter den Lebenden hält. Nichtmal Sam!? Nichtmal Sam. Natürlich ist der Verlust doppelt – neben Castiel hat er auch Mary verloren. Aber dass Dean so zerstört ist, hat schon einen ganz eigenen Geschmack.
„spn scenes that hit different now destiel is canon – part 5“, via lampstiel (Youtube)
Umso größer ist die Freude bei Cas Wiederkehr. Die spricht schon Bände und führt in der Episode 13×05 Tombstone zu einigen herrlich schrägen, witzigen Szenen und naja – ein bisschen kink. 😉 Was für ein Futter für Destiel-Shipper – die Serienschöpfer wissen genau, was sie tun. Queerbaiting vom Feinsten. Während Dean „Dinge hinnimmt und nicht weiter hinterfragt“ trägt das Geschehen wie so oft viel mehr zur Charakterisierung Castiels bei. Denn der war weder in Himmel noch Hölle, sondern an dem Platz an dem Entitäten landen: in der Leere (da ich auf Englisch geschaut habe frei übersetzt aus „the empty“). Wie undankbar … oder? Aufgeweckt durch Jack, nervt Castiel aber die Leere dermaßen, dass sie ihn einfach wieder ausspuckt. Interessant. Die Leere tritt übrigens in Form Castiels auf. Obwohl ich ein Fan Misha Collins‘ bin, finde ich seine Darstellung der Leere aber nicht ganz so gelungen wie andere Rollen die er zuvor einnahm. Ich erinnere mich gern an Casifer zurück. Der hat schon echt Spaß gemacht. Die Leere hat aber im Zwiegespräch mit Castiel noch einiges angedeutet, beispielsweise wen Castiel liebt. Leider geht es nicht besonders ins Detail – und das tut auch der Rest der Staffel nicht.
Natürlich hat Castiel noch so die eine oder andere Storyline, er wird unpopuläre Entscheidungen treffen und hat einige Ausflüge vor sich, die seiner Charakterisierung helfen, aber das läuft ab dann ziemlich auf Sparflamme. Aus all dem was der Anfang der Staffel vorlegt, wird erst wieder in Staffel 14 was gemacht. Schade! Trotzdem gab es natürlich ordentlich Futter für Shipper… .
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Schon schade zu sehen wie sich meine Rückkehr zu „Supernatural“ dem entgegen entgegen neigt. Schon jetzt stellt sich ein bisschen Abschiedsschmerz ein. Gut, inzwischen bin ich auch mitten in der 14. Staffel und etwas spät dran mit meiner Besprechung. Hätte ich nicht gedacht als ich vor einigen Jahren erstmal aufhörte die Serie zu schauen. Tatsächlich plane ich schon den Rewatch aller Staffeln … oh my. Wie hat euch die Staffel gefallen? Geht es euch ähnlich, dass selten alle Handlungsstränge überzeugen können? Könnt ihr die Cases of the Week noch ab oder geht es euch da ähnlich wie mir? Was findet ihr gelungen an der Staffel – was höchst diskutabel?
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