Serien-Besprechung: „Supernatural“ Season 14

Das Ende ist nah. Mein kleiner Marathon zum Aufholen bisher ungeschauter Supernatural-Staffeln hat mich inzwischen in Staffel 15 geführt, mit der die Serie endet. Staffel 14 ist für mich in vielerlei Belangen eine „vorbereitende“ Staffel, die zwar einige Überraschungen bereit hält und tolle Momente hat, aber leider auch viele ausgelutschte. Die Besprechung enthält keine signifikanten oder vermeidbare/gekennzeichnete Spoiler für die 14. Staffel, aber enthält konkrete Spoiler für die Staffeln davor.

Staffel 14 lässt uns an einem relativ desaströsen Punkt für die Charaktere zurück. Dean (Jensen Ackles) ist von Michael besessen und fremdgesteuert – er könnte überall sein. Sam (Jared Padalecki), Castiel (Misha Collins) und ihre Freunde halten überall nach irgendwelchen Hinweisen auf „Dichael“ Ausschau. Der wiederum hat einen Plan, den er zumindest anfangs von ihnen unentdeckt ausführt. Währenddessen ist der Bunker das Hauptquartier der Jäger, die aus der „Apocalypse World“ mit Sam & Co. übergewandert sind. Sam etabliert sich in Deans Abwesenheit als Anführer der Gruppe und Logistiker. Damit bekommt er zwar viel Unterstützung, steht aber auch selbst kurz vor der Erschöpfung. Jack (Alexander Calvert) hingegen hat damit zu kämpfen, dass sich seine Fähigkeiten nicht erholen, nachdem Luzifer ihm Energie (bzw. „Grace“) abgezapft hat. Er muss sich vorerst als Mensch durchschlagen. Als ob die Situation an sich nicht schon fordernd genug wäre, hat Luzifers Vessel Nick (Mark Pellegrino) den Endkampf überstanden. Dass ein Vessel überlebt ist neu. Allerdings ist Nick trotzdem schwer verwundet – physisch wie psychisch.


„Supernatural Season 14 Promo (HD)“, via TV Promos (Youtube)

Don’t repeat yourself … or, well, do as you usually do

Klingt nach gleich drei Motiven, die Supernatural nicht das erste Mal bringt. Zum Einen der aufgewärmte Konflikt um Michael, der Dean als perfektes Vessel will – willkommen im Konflikt aus Staffeln vier und fünf. Hinzu kommt der Fakt, dass „Dichael“ sich überlegt hat Monster zu erschaffen, die schwerer als andere umzubringen sind. Mal abgesehen davon, dass sich mir nicht erschließt inwiefern das der Ansatz zum Erobern der Welt ist und inwiefern das dann besser laufen soll als bei seinem letzten Versuch in der „Apocalypse World“, ist es eine weitere Wiederholing: das Ding mit den customized Monstern hatten wir auch schon mal damals bei Lilith. Die Geschichte vom Engel (in diesem Fall Nephilim), der seine Fähigkeiten verliert und wie ein Mensch zu leben lernen muss ist auch nicht ganz neu. Das wurde im Speziellen an Castiel demonstriert, aber naja, insgesamt an allen Engeln.

Leider fühlt sich damit fast die ganze Staffel stark nach „Schon mal gesehen“ an und der einzige Ausweg aus all diesen Schlamasseln ist Serien-Logik oder nennen wir es Plot-Cringe. Auswege und Erklärungen sind weitere Aneinanderreihungen von Plot-Devices, die aus Supernatural stammen und nur im Kanon der Serie Sinn machen. Eine Lanze, die Erzengel verletzt? Okay. Wo auch immer die herkam. Es wird erklärt, aber es macht deswegen nicht viel mehr Sinn. Besondere Magie, die die Seele nutzt um die Energie eines Engels aufzuladen? Aha. Man muss es einfach alles so hinnehmen. Es ist nur im Serienkosmos sinnvoll und selbst da wirkt es an den Haaren herbeigezogen.

Wenn Fantasy stets und ständig seine eigenen Grenzen erweitert, dann fühlen sich Zuschauer schnell von ständigen Deus ex Machinas und dürftigen Erklärungsversuchen veräppelt. Es mag zwar wie eine Leistung erscheinen, dass die Drehbuchautoren über all die Monster, Waffen und v.A. Plotlücken einen Überblick haben und sich v.A. letzteres immer irgendwann zunutze machen, aber das ist zweifelhafter Ruhm. Die Masse der Fantasy-Elemente und Deus ex Machinas macht jedenfalls v.A. das hier nichts geplant, sondern mehr ausgeschöpft wirkt. Ein unschönes Muster, das Fantasystoffe seit jeher empfindlich verletzt.

Die vierzehnte Staffel kratzt ziemlich stark an diesem Muster, verletzt aber seine Grenzen (zumindest soweit ich bemerkt habe) nicht. Aber es ködert einen nicht mehr. Bestes Beispiel dafür ist auch die Entwicklung Nicks. Zuerst befremdet es, dass Nick überlebt hat. Hat schon jemals der/die/das Vessel irgendeines Engels den Todesstoß überlebt? Dann macht sich bemerkbar, dass Nick stark von Luzifer beeinflusst wurde und sein persönliches Schicksal hat im Grunde etwas enorm tragisches. Trotzdem muss ich gestehen, dass mich dieses ständige Auf und Ab um Luzifer und das über die Staffeln verteilte ständige Alternieren zwischen Endgegner und Verbündeter sehr aufgewärmt anfühlt. Sowohl die Jäger aus der „Apocalypse World“ werden ein Plot Device, dessen man sich entledigt, wenn es nicht mehr braucht wie auch Mary Winchester (Samantha Smith). Denn die wird ähnlich wie es mit Castiel seit Staffel vier gemacht wird immer dann auf irgendeine Mission geschickt, wenn man sie gerade nicht braucht. Schade.

Et voilà: ein paar Schocker

Das klingt nicht so, als ob man viel Grund hätte von der 14. Staffel begeistert zu sein. Ist auch so. Aber immer dann, wenn sich die Lage besonders festgefahren anfühlt, setzt die Staffel in bester Manier um Zuschauer zu halten eins drauf. Mit einer Comic-Relief-lastigen Episode oder mit echten Schockern. Sowohl das Schicksal Nicks ist überraschend tragisch; als auch ein Serientod (den ich nicht habe kommen sehen, der aber auch sehr schlecht in der Serie gehandhabt wurde) und auch Deans Entscheidungen werden zwischendurch sehr düster. Man kann sagen, dass die Staffel fast alle Charaktere nach und nach in eine Ecke treibt und auf ein wirklich derbes und regelrecht nihilistisches Ende zuläuft. Worauf der im Finale gezeigte Twist hinausläuft und vor welche miesen Entscheidungen alle Charaktere gestellt werden, hat schon einen Schweregrad, der Fans dazu bringt weiterschauen zu wollen und zu müssen. Wie so oft in Supernatural um der Charaktere willen, die einen ans Herz gewachsen sind.

Eine so düstere Staffel braucht natürlich einiges an Comic Relief und liefert das auch ab. Recht witzig ist beispielsweise 14×04 „Mint Condition“. Die ganze Episode ist eine Hommage an Slasherfilme. In 14×13 „Lebanon“ zeigt die Serie wie das Leben der Drei verlaufen wäre, wenn John noch Leben wäre und bringt zu dem Zweck einen Seriencharakter zurück, den wir wirklich lange nicht mehr gesehen haben. Es ist eine einzige große Feier auf den Serienkanon, alternative Realitäten und zeigt, dass beispielsweise Castiel ohne die Winchesters eine willenlose Mordmaschine des Himmels gewesen wäre, während Sam und Dean, naja, andere Wege einschlagen. Es ist außerdem die 300. Episode. „Peace of Mind“ findet Sam in Episode 14×15, wo er zusammen mit Castiel in einer 50er-Jahre-Stadt feststeckt und eine kleine Gehirnwäsche über sich ergehen lässt, die ihn zum Pantoffelhelden mutieren lässt. In 14×06 „Optimism“ wird Jack wiederum zum Helden einer Romcom und Dean sein Wingman, was schon witzig anzuschauen ist. Das Himmelfahrtskommando mitsamt „Freude schöner Götterfunken“-Moment in 14×09 „The Spear“ ist auch ganz nett anzuschauen. Insgesamt aber ist es eine Staffel, die nicht über alle Maßen kreativ ist und merklich v.A. eine Aufgabe hat: das Ende einläuten. (6/10)

Sternchen-6


„Supernatural | What’s Courting? | S14 Humor“, via highmallorn (Youtube)

Aus gegebenem Anlass – Noteworthy „Destiel“-Moments, ausklappen auf eigene Gefahr 😉 enthält außerdem Spoiler

Dean und Castiel haben hier keine besonders einfache Staffel. Aber eine, die das Queerbaiting gleich zu Beginn auf die Spitze treibt. Sie zeigt Castiel in großer Verzweiflung darüber, dass Dean verschwunden ist. Als er auf der Suche nach Dean in eine gefährliche Situation gerät, fragt er seine Peiniger (in 14×01), warum sie ihn bisher noch nicht getötet haben und die Antworten wortwörtlich er sei „Bait“ (ein Köder), „isn’t that what you’re for?“ Wow. Die Autoren hauen richtig auf die Kacke. Das ist ziemlich fies, wenn man es als Pun auf Queerbaiting liest und impliziert, dass sie sich dessen vollkommen bewusst sind. Autsch.


„spn scenes that hit different now destiel is canon – part 5“, via lampstiel (Youtube)

Auch im Zwiegespräch mit „Dichael“ bzw. wenn Deans Schicksal in der Schwebe ist, kommt immer wieder klar durch, dass Deans Überleben für Castiel die höchste Priorität hat. Castiels Schicksal deutet sich auf tragische Weise in 14×08 „Byzantium“ an, wenn er einen folgenschweren Deal eingeht, der quasi hier schon sein Schicksal besiegelt. Wenn ich nicht schon wüsste, worauf das hinausläuft hätte ich als Zuschauer noch gewisse Hoffnungen, dass die Sache anders ausgeht. Der Deal besagt, dass er im Moment, in dem er sich endlich erlaubt glücklich zu sein von der Leere („The Empty“) geholt wird. Wow, das ist ein regelrecht faustischer Pakt. Glück in Konsequenz mit Tod bestrafen ist ziemlich düster, aber auch so ein Plot-Device, das ich schon in einigen anderen Serien und Anime gesehen habe. Verfolgt man Castiels Entwicklung und wie sich seine Beziehung zu den Winchesters und v.A. Dean verändert, dann drängt sich schon auf, worin sein Glück besteht. Es ist einfach nur jetzt schon bitter.

Vor Allem in Anbetracht des Umstands, dass sich zwischen Dean und Castiel gegen Ende der Staffel ein Konflikt andeutet, der sich nicht so schnell kitten lässt. Hitzig wie Dean eben so ist gibt er Castiel für etwas die Schuld, dass er genauso gut auch mit etwas mehr Interesse und Vorsicht hätte vermeiden können. Das hat dann aber erst so richtig in der 15. Staffel Auswirkungen. Davor weigert sich Dean Castiel in seine Pläne einzuweihen, die für Dean ein grausames Schicksal bedeuten, weil er sich nicht von ihm verabschieden will. Natürlich bekommt Cas es aber trotzdem raus (dank Sam) und ist entsprechend verzweifelt. Davon mal abgesehen sind jetzt sowohl Deans Arzt-, als auch Cowboy-Kink durch Cas bedient worden, yay. In punkto Destiel passiert also im Grunde einiges in der Staffel. An anderen Stellen wurde Potential verschenkt. So beispielsweise als Castiel (und Sam) in Deans Kopf sind und seine Gedanken hören. An Castiels Stelle hätte ich da mal gecheckt wie die Gefühle Deans für ihn sind. Aber das ist wohl in Anbetracht der Gefahr unangemessen und vielleicht auch beängstigend. Warum etwas hören, was einen unglücklich machen könnte? Oder glücklich, wenn man einen folgenschweren Deal abgeschlossen hat?

enthält Spoiler für Season 15 ab Minute 11:


„spn scenes that hit different now destiel is canon – part 6“, via lampstiel (Youtube)

Summa summarum werden Castiels Gefühle für Dean inzwischen recht offensichtlichen dargelegt. Dahingehend platzieren sich die Serienschöpfer verhältnismäßig eindeutig, zeigen aber auch wo Castiels Platz für sie in all dem ist: in the empty. Ich habe neulich ein recht schönes Video gefunden, dass die Beziehung von Dean und Sastiel und dessen Weiterentwicklung über alle Staffeln hinweg analysiert. Schade nur, dass man so wankelmütig ist was Deans Rolle in all dem ist. Einerseits haben sie ihn als heterosexuellen Muscle-Car-Macho angelegt und urmännlichen Protagonisten-Prototypen. Klar, von all den Stereotypen weichen Serienschöpfer nicht ab. Damals dachten sie ja auch noch, dass die Zielgruppe Supernaturals überwiegend männliche, heterosexuelle Zuschauer sind. Hah, Witz komm raus, du bist umzingelt. Andererseits haben sie eine Bromance genährt und sind nun zu überrascht und patriarchalisch um von ihre heterosexuell-männlichen Zielbild abzuweichen. Recht schade.

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Ein bisschen vergeigt habe ich es mir ja schon durch das viele Selbstspoilern mittels Youtube. Es ist fast als ob ich schon die halbe 15. Staffel dort gesehen und nacherzählt bekommen hätte. So bleibt wenig Platz für Spekulationen. Wie wäre es gewesen, wenn ich mich gefragt hätte wie wohl Castiels verheerender Deal ausgeht? Vermutlich hätte ich die 15. Staffel dann gebinged … was ich aktuell nicht tue. Tatsächlich bin ich sehr wehmütig und schaue nur maximal eine Episode pro Tag um das alles etwas zu ziehen und länger behalten zu können. Komisch, oder? Dabei sieht man ja bewertungstechnisch, dass „Supernatural“ keine Serie ist, die ich jedem uneingeschränkt empfehlen würde. Mir liegen eben die Charaktere sehr am Herzen und es gibt dem Ganzen einen traurigen Beigeschmack, dass es endet. Was aber andererseits auch nach 15 Staffeln, einige davon durchwachsen, längst überfällig ist. Wie ist euer Gefühl, wenn solche Reisen zu Ende gehen? Wie hat euch die 14. Staffel gefallen? Und mit welchem Gefühl geht ihr an die letzte Staffel ran?

4 Antworten

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  4. Liebe Steffi,
    ich bin jetzt kurz vorm Ende von Staffel 15 und zögere die letzten 2 Folgen absichtlich hinaus. Auch, indem ich hier was zu deiner Rezension von Staffel 14 schreibe.
    Du hast mit allem recht, mit den Wiederholungen und teils haarsträubenden Plot devices und dem Verbiegen der bisherigen lore Regeln. Mir ging vor allem Nick auf den Keks. Eigentlich war das eine wirklich tragische Geschichte, aber ich hatte mich an Lucifer derart satt gesehen, dass ich einfach nur gestöhnt habe, als Mark Pellegrino auf einmal als Vessel im Bunker saß. Für mich war die Geschichte erledigt, und seine Plot line hat wichtige Zeit geklaut, die ich lieber mit Sam als neuem Leader oder Dean und seinem Kampf mit Michael verwendet hätte. Vor allem die Folgen, wo er Michael in seinem Kopf gefangen hält, und die Sache mit der Ma’lak Box fand ich sehr packend (und düster, große Güte!)
    Staffel 14 steht mit Sicherheit nicht als eine der besten heraus, und bis auf “Lebanon” hat sie für mich auch keine ikonischen Folgen (obwohl ich Prophet & Loss auch extrem gut fand wegen der Schlussszene), aber die Staffel läutet deutlich das nahende Serienende ein und zeigt gleichzeitig, warum es an der Zeit war.
    Da muss man auch mal Respekt vor haben: Dass Serienmacher aus eigenem Antrieb gemerkt haben: Es ist Zeit, sonst wird es lächerlich.
    Im Vergleich mit den früheren Staffeln ist 14 wirklich sehr nihilistisch, doch ich finde das tatsächlich passend, bei allem, was die Winchesters schon durchgemacht haben.
    So. Genug der Ablenkung. Ich muss mir jetzt einen Zeitpunkt ausgucken, wo ich ungestört und mit einer Packung Tempos das Finale gucken kann.
    Danke für deine Rezensionen! Sie haben mich durch das Gucken der Serie begleitet, und ich liebe den Austausch dazu mit dir!
    LG,
    Ute

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