7ème art: Weihnachtsfilme (VI) „Dark Christmas“

Nachdem ich mir letztes Jahr sieben Weihnachts-RomComs gegeben habe, ist mein Bedarf für RomComs selbst nach nun inzwischen einem Jahr immer noch gedeckt. Für mich wird es definitiv keine Lindsay Lohan Weihnachts-RomComs geben, wenn ich es irgendwie verhindern kann. ^^ Aber auf dem Programm stehen dieses Jahr natürlich trotzdem Weihnachtsfilme. Dieses Mal allerdings sieben, die einen düsteren und weniger zuckerigen Touch haben. Obwohl einige unbequeme bis unheimliche Themen dabei sind, gibt es aber trotzdem einige weihnachtstaugliche Happy-Ends. 😉 Gern geschehen. 🙂 Türchen 5 des „Booleantskalenders“.

Das Appartement

Der Versicherungsangestellte C. C. Baxter (Jack Lemmon) hat es schon nicht leicht. Um sich mit seinen Chefs gut zu stellen, leiht er ihnen seine Wohnung für ihre Affären aus. Die sitzen am längeren Hebel, stellen ihm Beförderungen in Aussicht und lassen ihn dann wortwörtlich im Regen stehen, wenn das amouröse Abenteuer mal wieder etwas länger dauert. Als sein Chef Sheldrake (Fred MacMurray) aber die Fahrstuhlführerin Fran Kubelik (Shirley MacLaine) mit in Baxters Apartment nimmt, wird es besonders kompliziert. Baxter ist schon lange in die nicht auf den Mund gefallene Fran verliebt. Der Film beginnt unheimlich witzig und frivol, weil Baxters Obrigkeiten um keine Ausrede verlegen sind, aus denen sie unbedingt Baxters Appartment brauchen. Zusätzlich kann einem Baxter echt leid tun, der teilweise noch nachts aus dem Bett geklingelt wird. Obwohl Das Appartement nach außen hin oftmals als die Liebeskomödie schlechthin verkauft wird, schockiert aber das regelrecht obszöne Bild des Mannes, der sich im moralischen Freiraum alles leisten kann. Nicht nur die Männer, die Fran im Fahrstuhl betatschen. Obwohl Baxter ein guter Typ ist, scheint auch er davon nicht befreit. Seinen Job missbraucht er, um Fran näher zu sein. In ihren Versicherungsunterlagen schaut er nach, wo sie wohnt, wieviel sie wiegt, etc. Hat man das damals wohl auch schon so gesehen? In jedem Fall adressiert Das Appartement die offensichtliche Sexualisierung und Diskriminierung, die sich mehrere Frauen nicht mehr gefallen lassen wollen.


The Apartment (1960) | Official Trailer | MGM Studios, MGM, Youtube

Dann wird der Film nach dem locker-flockigen Anfang in seiner Mitte überraschend düster und thematisiert den Umgang mit Rückschlägen und das sensible Thema Selbstmord. Spätestens dann weiß man: das ist keine leichte RomCom. Oder sagen wir mal nicht nur. Wilders Film nimmt das Thema der emotionalen Ausbeutung deutlich ernster als es der witzige Anfang vermuten lässt. Durch Kleinigkeiten werden Wilders Grundsätze bewusst, mit denen er das Publikum bei Laune hält. So die Zuschauenden als erste merken zu lassen, was sich für eine Katastrophe anbahnt. Namentlich durch Mementos wie den zerbrochenen Spiegel oder die unsichtbare Überschneidung zwischen Fran und Baxter in Form des Apartments. Gespannt warten wir dann auf den Moment wo allen Beteiligten die Zusammenhänge klar werden: was passiert, wenn’s rauskommt? Wilders Hinarbeiten auf zwei, drei Wendepunkte der Handlung geht auf. Das Dreamteam aus Regisseur Billy Wilder und Drehbuchautor I. A. L. Diamond nutzt viele kleine Quirks, um den Charakteren Format zu geben. Baxters ständiger Ausspruch „likewise, solutionwise, apartmentwise, …“ wird definitiv hängen bleiben. 🙂 Das Appartment hat Witz, Gesellschaftskritik, einen tollen Cast (ich liebe auch den armen Nachbarn Dr. Dreyfuss, der viel Arbeit mit Baxter hat) und tolle Kameraeinstellungen wie Kulissen. Seht’s mir nach. Der Film spielt u.a. an Weihnachten und Silvester, aber die Themen sind relativ austauschbar. Wenn auch die Büro-Weihnachtsfeier … sagen wir mal in mancherlei Hinsicht überbordend ist.

Das Appartement (OT: The Apartment), USA, 1960, Billy Wilder, 125 min, (9/10)

Sternchen-9

Gremlins – Kleine Monster

Produzent Steven Spielberg, Drehbuchautor Chris Columbus und Regisseur Joe Dante dürften auf verschiedene Weise vieler Menschen Kindheit mit ihren Filmen beeinflusst haben. Aus ihrer Kooperation ging hier ein weiterer 80er Jahre Klassiker hervor, der Comedy und einen Anflug von Horror verbindet wie es viele andere Werke seiner Epoche tun. In Gremlins – Kleine Monster bringt „Billy“ Peltzers (Zach Galligan) Vater ihm von einer Dienstreise in Fernost einen Mogwai mit. Sie taufen den kleinen plüschigen mit den großen Augen Gizmo und versuchen sich tunlichst an die drei Regeln zu halten: Gizmo darf nicht nass werden, keinem direkten Licht ausgesetzt werden und man soll ihn nicht nach Mitternacht füttern. Und ja, die Regeln halten sehr rationalen Denkern nicht stand. Obwohl Billy sich ziemlich Mühe gibt, brechen sie in schöner Regelmäßigkeit alle der Regeln. Und dann bricht die Hölle los: Gremlins!

Anfangs war ich etwas verwundert, dass Gremlins eine FSK 16 Freigabe hat. Ist das nicht ein Kinderfilm? Aber wenn die Gremlins dann erstmal wüten, wird einem einiges klarer. Der Film ist dank seiner teils verschrobenen, teils liebevollen Charakterzeichnung unheimlich spaßig und Gizmo wahnsinnig kuschelig und herzig – das Kindchenschema funktioniert! Auch der Horror funktioniert und ist nie zu derb, weil er entsprechend einfachen Mustern folgt. Zwar müssen einige Charaktere durch die Gremlins ins Gras beißen, aber das wird optisch immer weitestgehend ausgespart. Nur fiesen Gremlins muss man beim Platzen zusehen. Schabernack an Weihnachten – ein witziges, wenn auch formelhaftes Kontrastprogramm. Erklärt, warum es ein Festtagsklassiker ist. 😉 Davon abgesehen wird versucht die „urban legend“ hinter den Gremlins zu erklären. Wer aber wie ich bisher davon verschont blieb, findet die Erklärungsversuche eher ungeschickt eingestreut. Immer den Sinn zu suchen, kann aber wie wir wissen den Spaß verderben. Ansonsten war ich beeindruckt von der sehr düsteren und leider irgendwie schwarzhumorigen Side-Story um Kates (Phoebe Cates) Weihnachtstrauma. Uff.

Gremlins – Kleine Monster (OT: Gremlins), USA, 1984, Joe Dante, 106 min, (8/10)

Sternchen-8


GREMLINS – Trailer Deutsch HD German, Warner Bros. DE, Youtube

Nightmare Before Christmas

Oh, was ließe sich alles zu Nightmare Before Christmas erzählen. 🙂 Beispielsweise dass Tim Burton eben nicht Regie führte, sondern Henry Selick. Seines Zeichens ebenso ein ehemaliger Angestellter des Disney-Konzerns, der mit dem Film eine Story Burtons umsetzte. Dass man in der Landschaft von Halloween Town keine rechten Winkel findet. Oder auch dass eine Filmminute eine Woche filmen erforderte – schließlich ist es ein gekonnter Mix aus Stop-Motion-Film und Animation, mit Überhang zu ersterem. Nightmare Before Christmas entführt uns in die wundersame Welt von Halloween Town, in der das ganze Jahr Halloween vorbereitet wird bis es endlich gefeiert werden kann. Einer der Hauptdarsteller des Festes ist der König des Schreckens: Jack Skellington (Danny Elfman). Zu dumm nur, dass der eine profunde innere Leere verspürt und gern mal was anderes als Halloween sehen würde. Als er sich aus Versehen nach Christmas Town verirrt, hat das Konsequenzen. Für alle.

Nightmare Before Christmas strotzt nur so vor quirligen bis schaurigen Figuren, Details und wunderbaren Songs. Als Filmmusical aus der Feder Danny Elfmans vereint es den abstrusen Charme eines Festes des Schreckens mit der kindlichen Neugier auf das fröhliche, besinnliche, bunte Weihnachten. Das beste Beispiel dürfte der Song What’s this sein, wenn Jack bewundert, dass die Kinder so artig früh ins Bett gehen und unter ihren Betten gar kein Monster lauert. Mit wissenschaftlicher Neugier versucht er zu erörtern, was an Weihnachten nur so anders ist. Und worum es da eigentlich geht!? Ähnliche Fragen dürfte man sich stellen, wenn man sich an einem Adventssamstag in ein Einkaufszentrum verirrt. Auch andere Untertöne finden sich zwischen den Zeilen der Songs und den Bildern. So beispielsweise wenn die Menschen ins Spiel kommen und zu Jacks Plänen eine sehr resolute Meinung haben. Plötzlich sind die Bewohner von Halloween Town weniger gruselig als was Menschen anrichten können. Aber das sei nur nebenbei erwähnt und ist vielleicht interessanter für die etwas älteren Zuschauenden. Definitiv alle können sich an den Figuren Halloween Towns, den Songs und Ideen erfreuen.

Nightmare Before Christmas (OT: The Nightmare Before Christmas), USA, 1993, Henry Selick, 73 min, (8/10)

Sternchen-8

The Lodge

Na dieser Vater wird dann wohl vom Vater-des-Jahres-Award ausgeschlossen. Richard (Richard Armitage) fährt mit seinen Kindern und seiner neuen Freundin Grace (Riley Keough) über die Weihnachtsfeiertage auf seine Hütte. Alles etwas optimistisch. Die Kinder Mia (Lia McHugh) und Aidan (Jaeden Martell) sind noch vom Tod ihrer Mutter traumatisiert, von einer Stiefmutter wollen sie da erst recht nichts wissen. Als sie erfahren, dass die Teil eines Kults war und einzige Überlebende eines Massensuizids, steht einem friedvollen Fest noch mehr im Weg. Als Richard arbeiten muss und die Kinder und Grace abgeschnitten von der Außenwelt eingeschneit werden, überschlagen sich die Ereignisse.

Das österreichische Duo Veronika Franz und Severin Fiala hat zuvor schon einmal eine Mutter-Kinder-Beziehung in Ich seh, Ich seh seziert und als psychologischen Horror aufbereitet. Grundsätzlich gelingt das auch hier. Stetig und sehr clever wird das Mysterium um Riley Keoughs Figur der Grace aufgebaut. Anfangs sieht man sie nur von hinten, kurz hinter einer Tür verschwindend, als Schatten am Fenster oder durch Milchglas. Nie kann man sie greifen. Die Gerüchte und ihr Schatten sind früher da als die tatsächliche Grace. Langsam zerfällt das Bild als sie den Eindruck erweckt sich wirklich bemühen zu wollen. Kurze Einblicke in ihr Psychogramm drehen den Spieß dann um bis das Ende des Films in einer gekonnten, selbst erfüllenden Prophezeiung mündet. Das einzige was stört ist die unheimliche dumme Idee Richards über Weihnachten glückliche Familie spielen zu wollen und der lähmende Beginn der Handlung.

The Lodge, USA/UK, 2019, Veronika Franz/Severin Fiala, 112 min, (7/10)

Sternchen-7


THE LODGE Trailer German Deutsch (2020) Exklusiv, KinoCheck, Youtube

Fatman

Chris Cringle (Mel Gibson) und seine Frau Ruth (Marianne Jean-Baptiste) erleben rückläufige Nachfrage in ihrer Spielzeugfabrik. Wie aber die ganzen Arbeiter:innen beschäftigen? Sollen sie sich nach neuen Einkommenszweigen umsehen und alte Werte verletzen? Während Chris und Ruth darüber brüten, findet der verwöhnte Billy Wenan (Chance Hurstfield) unter dem Christbaum am nur eine Kohle statt des erwarteten Geschenks. Billy stammt aus einer reichen Familie. Niemand kümmert, was er wirklich tut. Und deswegen kriegt Billy auch immer was er will. Und jetzt will Billy, dass der Weihnachtsmann dafür bestraft wird, dass er versucht hat ihn zu bestrafen. Er setzt den „Skinny Man“ genannten Auftragskiller (Walton Goggins) auf Chris Cringle an. Das kommt dem sehr gelegen, denn der Skinny Man hat auch noch ein Hühnchen mit dem „Fatman“ Chris Cringle zu rupfen.

Tatsächlich wird die ganze Zeit über nicht ein einziges Mal direkt gesagt „Chris Cringle ist der Weihnachtsmann“. Aber es wird auf viele verschieden Weise gezeigt wie der Weihnachtsmann alias Chris arbeitet, woher er seinen monetären Lebensunterhalt bezieht, etc. Witzigerweise lässt das noch genug Raum für Mythos. Gibson ist eine zu recht umstrittene Person, der hier einen launigen Weihnachtsmann mit entsprechendem Rauschebart und gewisser Kampferprobung gibt. Leider nimmt sich der Film wahnsinnig viel Zeit für die Exposition. Zuschauer*innen wird parallel gezeigt was für ein kleines Aas Billy ist, dass der Killer Skinny Man ein Problem mit dem Weihnachtsmann hat und wie Chris Cringle sich auf das Fest vorbereitet. Bis dann der Auftragskiller soweit ist, dass er sich Cringle stellt, sind wir dann schon bei den fast letzten zehn Minuten des Films. Das übersteigt das Maß an Erwartungshaltung, das man für den Film im speziellen und Filme im Allgmeinen übrig hat. Insbesondere verliert sich der Film darin Signifikanz für die Figur des Skinny Man aufzubauen außer „einen coolen Auftragskiller charakterisieren“. Wenn er so viel Beef mit Cringle hat, warum wartet er dann auf den Auftrag von Billy um Santa aufzusuchen? Der Rest funktioniert erschreckend gut und danach würde ich als böses Kind lieber nicht mehr böse sein wollen. Aber ich bin ja nicht böse. Denke ich jedenfalls.

Fatman, UK/USA/Kanada, 2020, Eshom Nelms & Ian Nelms, 100 min, (6/10)

Sternchen-6

The Green Knight

Basierend auf der Rittersaga von Sir Gawain und dem grünen Ritter hat David Lowery eine originelle, eigene Version geschrieben und inszeniert. Dev Patel stellt hier den Neffe von König Arthur dar, Sir Gawain. Der darf noch nicht an der Tafelrunde sitzen und wurde auch noch nicht zum Ritter geschlagen. Seine Abenteuer sucht er bisher in Bordellen. Es lastet auf ihm, dass er nicht die Größe all dieser Ritter erreicht, aber es fehlt ihm an Mut Herausforderungen zu suchen. Als am Weihnachtsabend ein „grüner Ritter“ die Tafelrunde und König Arthur herausfordert, nimmt Gaiwan an. Die Herausforderung ist, dass er den grünen Ritter hier und jetzt schlagen muss. Überlebt er, wiederholt er denselben Schlag an Sir Gawain, wenn dieser ihn zu Weihnachten in einem Jahr in seiner Grünen Kapelle aufsucht. Sir Gawain willigt ein, setzt an, leider steht der grüne Ritter aber wieder auf.


The Green Knight | Official Trailer HD | A24, A24, Youtube

Tja, will Gawain ritterlich sein (dazu gehört Ehrlichkeit, zu seinem Wort zu stehen und Mut), dann tritt er die Reise zur Grünen Kapelle an. Das bedeutet aber auch wahrscheinlich seinen Tod, denn nach einer Enthauptung steht er im Gegensatz zum grünen Ritter sicherlich nicht wieder auf. David Lowerys Take auf die Sage von Sir Gawain und dem grünen Ritter erlaubt sich einige Interpretationen, die sehr spannend sind. Und die beginnen schon bei Camelot, Arthur und Guinevere selber. Camelot verströmt Gravitas, aber kein prunkvolles. Arthur und seine Guinevere sind Figuren, denen Tribut gezollt wird, sie sind aber inzwischen auch betagt, später krank und bettlägerig. Gawain ist als ihr Neffe ein möglicher Thronfolger, aber er spürt selber, dass es ihm an den ritterlichen Tugenden mangelt. Auf seiner Reise zur Grünen Kapelle stolpert er über mehrere Prüfungen, die testen, ob er ritterlich sein kann.

Es wäre eine schöne Sage, wenn er an jeder von ihnen wachsen würde. Aber wie schon bei der unglamourösen Darstellung Camelots, entschied sich Lowery dafür Gawain an den Prüfungen durchaus auch mal scheitern zu lassen. Aber sicherlich eine Lehre daraus zu ziehen. Er wird eine Geistererscheinung haben, ausgetrickst werden, Verführungen werden ihn locken. Aber er wird auch unerwartete Freundschaften schließen – ich mochte den Fuchs sehr. Lowerys Take auf die Sage ist exzellent in Intention und Ausführung. Die Kamera-Arbeit von Andrew Droz Palermo fängt auf vielfältige Weise Atmosphäre und Botschaft ein. Das altehrwürdige der Bauten in Camelot, aber auch wie sich zum Schluss der grüne Ritter (die Natur) alles zurückholt, weil sie/es/er das einzige ist, das alles überdauert. Nicht umsonst fragt Gawain gegen Ende: und das ist alles? Ja, das ist alles. Vielleicht wird er erkennen, dass wer wirklich „Ritterlichkeit“ beweist eine Geschichte hinterlässt, die bleibt, wo es keine physischen Überreste geben wird. Die Musik unterstreicht das alles mit sehr facettenreicher Palette. Mittelalterlichen Gesängen, Instrumentalstücken, aber auch Folk-Musik. Länglich, unerwartet, aber sehr gut.

The Green Knight, USA/Irland, 2021, David Lowery, 130 min, (9/10)

Sternchen-9

Silent Night – Und Morgen Sind Wir Tot

Ist der Titel im deutschen Verleih ein Spoiler? Ja und nein. Der Film beginnt mit den Weihnachts-Vorbereitungen des Paares Nell (Keira Knightley) und Simon (Matthew Goode) und ihrer drei Söhne. Insbesondere Art (Roman Griffin Davis) scheint alles tun zu wollen, damit das Fest schön wird. So langsam trudeln die Freunde mit ihren Partner:innen und Kindern ein. Nicht alle mögen sich gegenseitig, es gibt Geflüster. So richtig überrascht bis hierher nichts. Außer einige seltsame Bemerkungen, die man anfangs noch auf den Humor der Gruppe schieben kann. Dann wird aber klar: das sind keine Späße, sie werden den Abend möglicherweise nicht überleben. Soviel hat der Titel nun schon verraten. Ich werde die Wucht der Offenbarung nicht schmälern und nicht den Grund verraten, denn der hat es in sich und einen starken Gegenwartsbezug. Bis dahin hat Silent Night dann aber das Pulver plötzlich zur Hälfte des Films schon verschossen.

Es werden noch ein paar moralisch harte Denkanstöße gegeben. Besonders spannend fand ich aber die leise eingestreuten Untertöne zu Verschwörungstheorien und den Situationen in denen die Eltern den Kindern händeringend erklären, dass sie ja schließlich nicht schuld sind! Das wissen sie doch, oder? Oder?? Danach geht es bergab, wenn der Film alle seine aufgebauten Szenarien aufgibt, Skeptizismus Tür und Tor öffnen will und dabei aus Versehen auch jenen Argumente gibt, die gern Wissenschaftsleugnung betreiben. Ich würde sogar am Ende von einem Fuck-up sprechen. Was ich selten und ungern tue, da wir hier von der Arbeit einer Menge Menschen sprechen. Vermutlich hätte ich den Film vor zehn oder fünf oder drei Jahren deutlich anders geschaut. Vielleicht schaue ich den in ein paar Jahren anders. Tatsächlich könnte ich mir vorstellen, dass die Entwicklungen in der Realität dem Film das Ende einfach tonal verhagelt haben, ihn vor seiner Veröffentlichung einholten und die Pointe vergeigen.

Silent Night – Und Morgen Sind Wir Tot (OT: Silent Night), UK/USA, 2021, Camille Griffin, 92 min, (5/10)

Sternchen-5

Was ich mir als Abschlusssatz bei „Fatman“ verkniffen habe, aber jetzt doch noch auspacke ist die Frage, wie das für Mel Gibson lief den Weihnachtsmann zu spielen? Schließlich ist er aufgrund andauernder antisemtischer Äußerungen selber ein ziemlich böses Kind. Oder habe ich was nicht mitbekommen? Trennt ihr Kunst und Künstler? Und wenn ja, wie macht ihr das? Oben habe ich den Film bewertet ohne Mel Gibson zu bewerten. Das geht schon. Man kann darüber munkeln, ob das nicht die Aufgabe der Filmkritik ist, sich einer gewissen Objektivität zu bedienen. Alles in allem hat mir die Werkschau zu Weihnachtsfilmen mit einem düsteren, nachdenklichen oder abstrusen Beigeschmack sehr gefallen. Welche Filme kennt ihr noch, die in dieses Muster passen? Und wie haben euch oben genannte gefallen?

„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.

15 Antworten

  1. Gremlins ❤ 🙂

    Ach, Silent Night gefiel mir gar nicht so schlecht. Allerdings lief der damals als OV ohne den spoilernden, deutschen Titelzusatz. Vielleicht macht das den Unterschied.

    Aber so eine Liste ohne Stirb Langsam?

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Gremlins hat mir auch sehr gut gefallen. 🙂
      Ja … ich glaube der deutsche Titelzusatz relativiert das, was mich an „Silent Night“ stört, auch nicht mehr.

      Stirb Langsam war halt „leider“ schon in der Alan Rickman Werkschau und durfte deswegen hier nicht mehr mitspielen.

  2. Ich liebe die Gremlins! Die Trilogie hab ich als Kind so oft gesehen (wobei Teil 2 und 3 natürlich nie mit Teil 1 mithalten konnten). Hach, jetzt werde ich wieder nostalgisch.

    The Green Knight kannte ich noch nicht und kommt auf die Liste. Danke fürs Entdecken für uns 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Bitte gern! „The Green Knight“ wurde aber auch soviel in der Filmbubble gefeiert, dass ich da letztes Jahr gar nicht drum rum kam. Musste mich nur zusammenreißen mir die Besprechung noch etwas aufzuheben.

      1. Was Filme betrifft, bekomm ich irgendwie kaum noch was mit – auch weil ich in den letzten Jahren eher für Serien als für Filme zu gewinnen war. Vielleicht muss ich mir für 2023 einfach bewusst ein paar Filmdates setzen 😀

  3. Ich kenne bisher nur ‚The Lodge‘ von den hier aufgeführten Filmen und der war nicht wirklich mein Ding. Überzeugend fand ich da nur die Bildsprache, aber ich bin auch generell kein großer Freund dieses Genres.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Es ist auch schwierig von allem Fan zu sein bzw käme für mich „keiner Meinung“ gleich. Und das ist ja nicht so toll. Denke ich jedenfalls. 🙂 Also alles gut.
      Aber welches Genre meinst du? Speziell das von „The Lodge“, was ich mal als Thrillerdrama oder Horrordrama einordnen würde? Oder „Locked In“ als Subgenre? Oder meinst du generell düstere Weihnachtsfilme?

      1. Speziell das Genre von ‚The Lodge‘. Ja, ich würde den Film auch unter ‚Horrordrama‘ verorten, was jetzt, wie gesagt, nicht unbedingt meins ist

  4. Avatar von BoomHoschi
    BoomHoschi

    Ich kenn „The Lodge“ und „Silent Night“ nicht, habe aber heraus gelesen nicht wirklich was verpasst zu haben;-)

    Die anderen Filme aus Deiner Liste kann ich nur empfehlen.
    Ja, auch „Fatman“. Nach einem langen Spätdienst an den Feiertagen – PERFEKT!
    Bei dem konnte ich wunderbar meinen Kopf frei kriegen. Dafür sind solche Filme gemacht :-))

    Ich habe aber in den letzten Jahren auch neue Filme entdeckt die wunderbar zum Thema passen, wie „Anna und die Apokalypse“ oder „Rare Export“. Für mich gehört auch jedes Jahr „Krampus“ und „Die Glücksritter“ dazu.
    Und Nerds vergessen bestimmt auch nicht das „Batmans Rückkehr“ und „Eyes Wild Shut“ an Weihnachten spielen.

    Also „Frohes Fest“!!

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      An „Eyes Wild Shut“ musste ich tatsächlich auch denken, aber ich hatte wenig Lust den nochmal zu schauen. Ist dann scheinbar doch zu sehr „Anti-Weihnachtsfilm“. Dass „Batmans Rückkehr“ an Weihnachten spielt, wusste ich wiederum echt nicht mehr.

      Krampus durfte schon ein anderes Jahr hier in der Beitragsreihe mitmachen. 🙂 Und „Die Glücksritter“ verbinde ich immer v.A. mit Silvester. Könnte ich auch mal wieder schauen …

      Danke für den Tipp mit „Rare Exports“ – den kannte ich noch nicht!

  5. Ich geb zu, ich hab die Gremlins bis heute noch nie gesehen, weiß aber schon irgendwie, worum es geht. 😀

    „Silent Night“ fand ich ziemlich gut, ich hatte immer auf den Schluss gehofft, den ich wollte, und der auch so passiert ist.

    Shirley MacLaine und Jack Lemmon waren in „Das Appartement“ genial, ich mag die beiden. Bis heute denke ich gelegentlich an diesen Dialog: „The mirror… it’s broken?“ – „Yes, I know. I like it that way. Makes me look the way I feel“. Muss ich mal wieder schauen. 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja den Gremlins kann man nicht aus dem Weg gehen, die haben sich ganz gut in die Popkultur eingebrannt. Aber die in dem Film erwähnte Sage oder Urban Legend von Gremlins, die angeblich heimlich Maschinen zerlegen würden, kannte ich nicht. Zumindest die „Sage“ hat mich nicht erreicht.

      Naja, das Ende von „Silent Night“ hat ja auch was ermutigendes. Aber für das Thema Vertrauen in die Wissenschaft hat es eine ganz schön üble Botschaft, die mir nach fast drei Jahren Pandemien und Misstrauen gegen die Wissenschaft einfach nicht schmeckt. Ich denke 5 Jahre plus oder minus kann man den Film anders schauen.

      Das war in der Tat eine herrliche Szene in „The Apartment“, die tief blicken lässt. 🙂

  6. […] ausgelesen: Hanya Yanagihara „Das Volk der Bäume“ 04.12. * Blogophilie November 2022 05.12. * 7ème art: Weihnachtsfilme (VI) „Dark Christmas“ 06.12. * angelesen: „Chainsaw Man“ Bd. 3 & „Forest of Rabbits“ Bd. 1 07.12. * Neulich […]

  7. Nightmare before Christmas is einfach nur genial!
    Und die Gremlins habe ich damals sogar im Kino geschaut. Lang’ ist’s her, aber ich kann mich an den Hype damals gut erinnern. War ein absolutes Muss!
    Sehr schöne Tipps!

    LG,
    Ute

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Vielen Dank liebe Ute 😀
      Ich weiß auch nicht wie es sein kann, dass ich die Gremlins so lange ignoriert habe… war jedenfalls ein großer Spaß.

      Ebenso liebe Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert