Ich liebe den Anfang solcher Filmchallenges. Alles ist noch offen, noch hat man nichts gesehen. Bei soviel Auswahl fühlt man sich ja fast wie ein Kind im Süßwarenladen 🙂 Mein erster Film für den Horrorctober sollte „It Comes at Night“ sein. Danach ging es trotz oder vielleicht gerade wegen der hohen Erwartungen erstmal bergab. 👿
It Comes at Night
Hat man schon Mal von Trey Edward Shults gehört? It Comes at Night ist nicht ein Debut, aber auch erst der zweite Feature Length Film, bei dem er auf dem Registuhl Platz nahm. Sein post-apokalyptischer Horrorthriller ist ein Indie-Geheimtipp, der bisher sehr durchwachsen besprochen wurde. Joel Edgerton spielt darin Paul, der zusammen mit seiner Frau Sarah (Carmen Ejogo) und seinem Sohn Travis (Kelvin Harrison) zurückgezogen in einem Haus lebt und sich vor der Außenwelt abschirmt. Sie wissen schon lange nicht mehr, was da draußen vor sich geht, seitdem der Virus um sich griff. Mensch und Tier wird seit langer Zeit krank – der Virus ist ansteckend, schnell und tödlich und hat die Gesellschaft in die Knie gezwungen. Auf der Suche nach Wasser und Essen versucht Will (Christopher Abbott) in das Haus von Paul einzubrechen, dass er für leerstehend hielt, wird aber von Paul geschnappt. Kann man Will Vertrauen? Soll man ihm Asyl gewähren?
An der Stelle geht meine Meinung etwas von der anderer Besprechungen ab: ich empfand It Comes at Night als wirklich wirklich gut, obwohl er in ein ähnliches Horn bläst wie Genrekollegen der jüngeren Zeit wie Z for Zachariah. It Comes at Night vermeidet als einer der wenigen Filme mit post-apokalyptischem Szenario die Fehler, die aus Verzweiflung, Emotionalität und zu simplen Drehbüchern entstehen, die nur geschrieben wurden, um Zuschauern zu gefallen. Die Familie lebt hier ein Leben mit einer Handvoll Regeln zum Überleben in ihrem eigenen kleinen Subkosmos in dem Haus mit der roten Durchgangstür. Das bedeutet manchmal nicht nett zu sein und unpopuläre Entscheidungen zu treffen, aber es sichert ihr Überleben. Shults zieht das in seinem Drehbuch konsequent durch wie wenige Genrekollegen es beherrschen, wodurch It Comes at Night zusammen mit Genrekollegen wie The Road einige der wenigen wirklich guten Beispiele für post-apokalyptische Filme ausmacht. Erst wenn andere Akteure dieses Gefüge ins Wanken bringen, kommen die emotionalen Zwickmühlen und moralischen Zwangslagen zum Tragen, die plötzlich und hart eskalieren. Das Ende stößt mit Sicherheit den einen oder anderen Zuschauer vor den Kopf, aber es stellt eine Frage: was hättest du getan? Und dass man mit etwas zum darüber sprechen aus den Filmen geht, ist ein Qualitätsmerkmal. Der (wenige) Einsatz von Musik ist etwas ungeschickt und die Wahl des Scores ist nicht passig, aber der Film glänzt sowieso durch die stillen Momente. Joel Edgerton sticht in seiner Rolle besonders hervor. Der Mann kann eigentlich nichts falsch machen. Und den Namen Trey Edward Shults sollte man sich merken.
It Comes at Night, USA, 2017, Trey Edward Shults, 91 min, (8/10)
„IT COMES AT NIGHT Exklusiv Trailer German Deutsch (2018)“, via KinoCheck (Youtube)
Suspiria
Mache ich mich jetzt unbedliebt, wenn ich diesen Klassiker des Giallo-Kinos, der scheinbar eine große Fangemeinde hat nicht als exzellent und lebensverändernd bewerte? Vielleicht. Dario Argento, der „Giallo-Papst“, erzählt in seinem Film von der Amerikanerin Suzy Banyon (Jessica Harper), die an einer Tanzschule in Freiburg studieren will und unter schlechten Vorzeichen anreist. In der Schule kommt ihr bereits eine scheinbar verwirrte oder verstörte Frau entgegen, die in die Nacht davonrennt. Am nächsten Tag wird Suzy von den Lehrerinnen Madame Blanch (Joan Bennett) und Frau Tanner (Alida Valli) freundlich empfangen, die Schule hat aber auch die Nachricht ereilt, dass eben diese Frau aus der Vornacht tot aufgefunden wurde. Suzy freundet sich mit ihrer Mitschülerin Sandra (Stefania Casini) an, die zu wissen glaubt, dass an der Schule etwas mysteriöses vor sich geht und dass das Mordopfer der Sache auf der Spur war. Wir alle ahnen schon: natürlich ist was dran an der Sache und natürlich geht das mehr oder minder gut für die Frauen aus. Ohne viele Giallo-Filme gesehen zu haben, liegt es auf der Hand: schöne, junge Frauen, die einem Mörder entkommen müssen und blutige, derbe Szenen – das muss wohl Giallo sein.
Der Auftaktgeber des Slasher-Genres macht seinem Ruf alle Ehre, aber mit seinen mehr als 40 Jahren auf dem Buckel ist der Film für heutige Zuschauer unter Umständen schlecht gealtert. Etwas überzeichnetes Schauspiel; Handlungssprünge, die keinen Sinn machen (eben stand sie noch am Fenster des Appartments? Wie kommt sie jetzt auf das Glasdach?), das künstlich hell-quietschrote Blut und fast komische Szenengestaltung (wenn sich die Hand des Mörders comichaft rechts und links in das Bild schiebt und zusticht), dann kommt nicht mehr ganz die Stimmung auf, die der Film 1977 erzeugt hat. Außerdem fehlt es etwas an Substanz. Im Film, der an einer Tanzschule spielt, wird schon ziemlich wenig getanzt oder unterrichtet – gerade mit Musik hätte man hier wirklich mehr machen können. Und mit Weiblichkeit. Man sieht sehr deutlich, dass der Film diese gar nicht ausspielt, sondern genießt zarte Frauen in Opferrolen zu sehen. Giallo eben? Dann ist das wohl nicht mein Ding. Aber in vielen Gesichtspunkten ist er auch stimmungsvoll und lässt den Kult verstehen. Beispielsweise angesichts der Kulissen, die vor dunklem Pomp, Jugendstil und Design im Stil von M.C. Escher nur so überquillen. Oder die Farbgestaltung, bei der Dario Argento wortwörtlich extra am Regler gedreht hat und mit glühendem Rot, Blau und Grün die Szenen und Stimmungen vorgibt und vorhebt. Die grausigen Szenen in denen wir die Opfer des Mörders (oder der Mörderin) wiederfinden sind in jedem Fall kreativer als in vielen heutigen Slashern. Filmen, die im Vergleich zu heutigen schlecht gealtert zu sein scheinen, sind deswegen nicht schlecht. Nur eben anders und ungewohnt und können ihren Reiz in anderen Zeitaltern schwerer transportieren. Für mich wird der Film kein Meilenstein, dafür war mir die Handlung zu gestelzt. Aber der Klassiker-Aspekt ist unverkennbar.
Suspiria, Italien, 1977, Dario Argento, 94 min, (6/10)
„SUSPRIA – 40th Anniversary Re-Release Trailer Deutsch“, via Vierund Achtzig (Youtube)
The Nun
Warum genau wollte ich The Nun schauen? Achso, weil der Trailer gruselig war. Denn Conjuring 2 habe ich schon nicht gesehen, obwohl die Figur der geisterhaften Nonne eigentlich in dem Film eingeführt wird. Tatsächlich kann man den Film ziemlich gut ohne Vorwissen aus Conjuring 2 schauen, da The Nun als Prequel angelegt ist. Die Handlung spielt im Jahr 1952 und zeigt wie sich zwei Nonnen im rumänischen Kloster St. Carta einer dämonischen Präsenz (Bonnie Aarons) stellen. Tage später findet ein Lieferant (Jonas Bloquet) aus dem nahe gelegenen Dorf die Leiche einer Nonne vor dem Tor des Klosters, die offenbar Selbstmord begangen hat. Der Vatikan beauftragt Pater Burke (Demián Bichir) und die Novizin Schwester Irene (Taissa Farmiga) in dem Kloster nach dem Rechten zu sehen. Ein scheinbar ungleiches Paar, die aber verbindet, dass der Vatikan sie für diesen Auftrag für besonders geeignet hält. Das ist darin begründet, dass Schwester Irene Visionen hat und Pater Burke schon einiges gesehen und einige Exorzismen durchgeführt hat. Das was in dem Kloster allerdings vor sich geht, stellt beide vor eine große Herausforderung. Das Problem bei dem Film ist allerdings, dass er einige denkwürdige und tatsächlich cinematografisch gut gedrehte Szenen hat, aber irgendwann nicht mehr gruselig ist. Wenn alle 10 Sekunden eine Geisternonne aus der Ecke springt, ist das halt nicht mehr gruselig oder stimmungsvoll. Wir wussten es ja alle – „viel hilft viel“ ist Quatsch. Das Drehbuch hinkt kräftig und hat eine „Origin-Story“ erdichtet, dessen Umsetzung an die eine oder andere Szene aus Filmen erinnern lässt, die schon eine Weile auf dem Markt sind (bspw. Hellboy). Vielleicht ist es doch kein so kluges Konzept James Wans das Conjuring-Filmuniversum auf immer mehr Schultern zu verteilen. In jedem Fall steckt The Nun voller wirkungsvoller jump scares, die sich aber zu schnell abnutzen und gut gefilmter Szenen, aber eine Story voller Plattitüden und einem Soundtrack, der erst im Abspanntitel überhaupt (positiv) auffällt.
The Nun, USA, 2018, Corin Hardy, 98 min, (5/10)
„THE NUN Trailer German Deutsch (2018)“, via KinoCheck (Youtube)
Und sonst so?
Da ja quasi erst vor ein paar Tagen die Ankündigung und Filmliste online gegangen und der Oktober noch jung ist, gibt es noch nicht viel zu berichten 🙂 Aber ich habe inzwischen angefangen American Horror Story: Roanoke zu schauen. Sehr stimmungsvoll, keine Frage XD Aber irgendwie wird AHS den Effekt des „Haunted House“ nicht los. Viele Staffeln fühlen sich zwangsläufig so an, obwohl eigentlich nur die erste dieses Thema bedienen sollte. Beispielsweise Hotel und auch Roanoke. Oder empfinde das nur ich so?
Zu den bisherigen Artikeln
Das wahrscheinlich seltsamste und verrückteste waren in dieser ersten Horrorctober-Woche wohl weniger die Filme, sondern v.A. Amazon Instant Video. Ich Sparfuchs wollte mir dort „It Comes at Night“ anschauen, da es zu dem Zeitpunkt nur 0,99€ kostete – ehrlich alle anderen Preise sind bei Amazon I.V. einfach Unfug. Aber zurück zum Thema. So bestellte ich dort den Film und las die Beschreibung. In der einfach mal das Ende beschrieben steht!!11!elf! Bitte was!!?? Also … an alle von euch, die den Film dort sehen wollen: nicht die verdammte Beschreibung lesen! Und welche Überraschungen hielt eure erste Horrorctober-2018-Woche für euch parat?
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