Eigentlich war der Start in den Horrorctober sensationell gut (für meine Verhältnisse) – langem Wochenende sei Dank. Die Review zu „Hausu“ habe ich mir da noch gespart und hole die heute nach. Nun in der dritten Oktoberwoche hatte ich wenig Zeit, dementsprechend ist nicht viel geworden. Noch bin ich aber optimistisch die Liste der 13 bis Ende Oktober voll zu machen. Nicht hilfreich ist, dass mein DVD-Verleih mir irgendwelche Filme geschickt hat, aber nicht die, die ich wollte. Ugh. Die Besprechungen sind spoilerfrei.
Hausu
Es ist ziemlich leicht Hausu als einen schlechten Horrorfilm mit schlechten Effekten falsch zu verstehen. Dabei ist es Intention, dass die Dinge sind wie sie sind. Und Hausu eher eine Satire und Horrorkomödie als alles andere. Kein Wunder also, dass Hausu in den Kreisen von Japanfilmliebhaber:innen in denen ich mich bewege oder denen ich folge einen Kultstatus genießt. Der Film beginnt mit Oshare (Kimiko Ikegami), deren Sommerurlaubspläne zunichte gemacht werden. Hatte sie sich doch auf den Urlaub mit ihrem Vater gefreut, schleppt der seine neue Freundin an. Stattdessen sackt Oshare sie ihre 6 besten Freundinnen ein und fährt lieber aufs Land zu ihrer Tante (Yōko Minamida) und deren Anwesen. Das „Hausu“ hat allerdings nur darauf gewartet Besuch zu bekommen.
HOUSE (1977) Trailer – The Criterion Collection, criterioncollection, Youtube
Da kann sich „Tantchen“ ja bedanken über den nur kurzfristig angekündigten Besuch der Nichte, die sie zuletzt vor zehn Jahren oder so gesehen hat. Tatsächlich freut sich Tantchen aber. Sie wird auch agiler und lebendiger, desto mehr der Mädchen auf mysteriöse Weise auf dem Anwesen verschwinden. Der Film adressiert unterschwellig die Naivität der geschützten Nachkriegsgeneration indem er es als Metapher benutzt wie achtlos und naiv die Freundinnen in ihre Verderben laufen. Klar, sie wundern sich ein wenig, dass eine nach der anderen verschwindet. Aber bis dahin sind sie v.A. eines unbesorgt, selbstvergessen, lächeln alles weg mit ihren lustigen, westlich beeinflussten Spitznamen wie Fanta (Kumiko Ōba) oder Melody (Eriko Tanaka).
Das ist tatsächlich sehr witzig anzuschauen und weist eigentlich alles auf, was man erwartet. Tantchen selber schüttelt einiges an Foreshadowing aus dem Ärmel. Fanservice gibt es auch. Die Effekte sind einerseits unterirdisch nach heutigen Maßstäben betrachtet und doch wieder kreativ und vielseitig. Ich denke da nur an den gläsernen Boden durch den der Horror in einigen Einstellungen gefilmt ist. Die Greenscreen-Sequenzen lassen soviel Greenscreen erkennen, dass es zumindest psychedelisch ist. Alles scheint zu Satire beizutragen. Wäre es doch nur nicht so leicht als Satire auf Horrorfilme zu verstehen und mehr tatsächlich auf die Nachkriegsgeneration. Auch ist es schwer den Anschlüssen zu folgen. Hier hätten die filmischen Mittel gern geschlossener sein können. Beispielsweise hat mir ab der Hälfte Tantchen gefehlt. Dass sie vielleicht die ganze Zeit über das Gesicht des dämonischen Hauses war – da muss man sich schon etwas anstrengen um das nachvollziehen zu können.
Hausu, Japan, 1977, Nobuhiko Ōbayashi, 88 min, (7/10)
Something Wicked This Way Comes
Seltsam, dass der Film es noch nicht in das Segment von Disney+ geschafft hat, obwohl eine Walt Disney Produktion. Noch seltsamer, dass der Film in Deutschland noch nicht mal richtig angekommen ist? Liegt’s nach 40 Jahren immer noch an Raufereien über Script Credit und Kohle? Jack Clayton, bekannt als Regisseur von vorrangig Literaturadaptionen und als Regisseur, der „noch nie einen Film gedreht hat, den er nicht drehen wollte“, verfilmte damit Ray Bradburys gleichnamigen Schauerroman. In Something Wicked This Way Comes werden die Freunde Will Halloway (Vidal Peterson) und Jim Nightshade (Shawn Carson) Zeuge seltsamer Vorkommnisse als die Karnevalstruppe rund um den enigmatischen Mr. Dark (Jonathan Pryce) in die Stadt kommt. Ist das es Zufall oder steht das Verschwinden einiger Anwohner ihres Städtchens Green Town im Zusammenhang mit dem Jahrmarkt und seinen seltsamen Attraktionen?
Something Wicked This Way Comes (1983) – Teaser Trailer HD 1080p, Grindhouse Movie Trailers, Youtube
Allen voran gibt es eine Menge Dinge, die in dem Film sogar sehr viel besser funktionieren als in dem Buch. Es gibt keine seltsamen Kommentare, die Othering über Frauen betreiben und Wills Vater Charles (Jason Robards) stiehlt den Kindern die Show. Aber es gibt auch einiges, das im Film weniger gut funktioniert. So verbringen wir verhältnismäßig wenig Zeit auf dem Jahrmarkt, obwohl das Dreh- und Angelpunkt der Handlung sein sollte. Von dem im Buch prominenten Trauermarsch Chopins müssen wir uns auch verabschieden, obwohl es durchaus stimmungsvoll gewesen wäre das Stück zu hören. Hätte, hätte, Fahrradkette. Deutlich weniger Augenmerk liegt auch auf den Parallelen zwischen Will und Jim als Freunden, die aber auch sehr unterschiedliche Charaktere, Wünsche und Hoffnungen haben. Das Driften zum Guten/Hoffnungsvollen und zum Dunklen/Abgründigen kommt nur mäßig durch, obwohl im Buch ein wichtiges Motiv. Laste ich das nun den Film an? Nein, es ist eben eine Adaption. Lediglich die wenige Zeit auf dem Jahrmarkt wiegt schwer.
Was eher befremdet ist bekannt, erwartungsgemäß, eine alte Leier. Handgemachte Effekte funktionieren gut, digitale sind schlecht gealtert und machen mäßig Spaß. Neben dem gemächlichen Tempo der ersten Hälfte des Films wirken auch die Kreaturen des Karnevals schwer greifbar. Insbesondere das was im Buch als „Dust Witch“ bekannt ist, hat vollkommen unscharf umrissene Fähigkeiten. Mal kann sie alles, mal nichts. Auch sind die Erklärungen für das Verschwinden der Dorfbewohner:innen etwas müßig. Man kann durchaus kritteln: und das fällt keinem auf? Was hingegen meisterlich funktioniert ist der Film als ein Familienfilm, der Schattierungen von Beziehungen zwischen Kindern und Eltern einfängt. Der Schauer bereithält, die verschiedene Altersgruppen tangiert. Leider nur hängt Jims Geschichte in der Luft, bedarf keines runden Endes. Eine Adaption hätte das schon ruhig reinadaptieren können. Das wohl auffälligste Merkmal ist aber wie gut der Film zu Halloween passt und wie unglaublich gut Jonathan Pryce als Mr Dark ist!
Something Wicked This Way Comes, USA, 1983, Jack Clayton, 95 min, (7/10)
The Innkeepers – Hotel des Schreckens
Bevor Ti West sich mit You’re Next, V/H/S, ABC’s of Death und X als Regisseur von Slasher Schrägstrich Horrorstoffen etabliert hat, war da Innkeepers. Er machte hier „einen klassischen Ti West“ – führte Regie seines eigenen Drehbuchs und war selber für den Schnitt verantwortlich. Er entführt uns in die letzten Tage des Hotels Yankee Pedlar Inn, wo die Angestellten Luke (Pat Healy) und Claire (Sara Paxton) vor dessen Schließung noch versuchen wollen mit Geistern in Kontakt zu treten. Denn es soll im Yankee Pedlar Inn spuken.
The Innkeepers Official Trailer #1 (2012) Ti West Horror Movie HD, Rotten Tomatoes Trailers, Youtube
Man brauch schon einen langen Atem für The Innkeepers. Über weite Strecken passiert nichts oder zumindest weniges. Einige Jump Scares werden gestreut. Die meisten davon gehen auf das Konto Lukes, der Claire erschrecken will. Die gepflegte Langeweile wird gedehnt mit schon fast komödiantischen Szenen wenn Claire versucht Müll wegzuschaffen ohne sich dabei schmutzig zu machen. Was bei Laune hält ist die von Anfang an gestreute Erwartung: es spukt im Yankee Pedlar Inn. Erwartungen des nächsten Jump Scares oder Hinweises auf Spuk halten also bei Stange, verlieren einen aber auch gegen Ende bevor der Film plötzlich doch noch abliefert. Das Spiel Spukt es nun wirklich oder nicht? trägt natürlich dazu bei, dass man dranbleibt. The Innkeepers ist ein Film, der unter Horror gelabelt werden kann, obwohl nicht mal klar ist, ob der Horror real ist. Ob es klar wird, sei hier nicht verraten.
Dann kommt’s dicke. Das Ende ist ein Schocker, kurz, nicht schmerzlos und v.A. von bitterer Ironie geprägt. Lohnt es sich aber nun den Film zu schauen? Ja, absolut. Aber mit Abstrichen. Nicht alle kreativen Entscheidungen wirken fundiert und dienlich. Die Aufteilung in 3 Episoden hätte mir nicht gefehlt, wenn man sie weggelassen hätte. Die Langatmigkeit zu Beginn genauso wenig. Es hätte The Innkeepers nicht geschadet gute 15 Minuten kürzer zu sein. Und wie genial wäre es gewesen, wenn man Ende nochmal die Glocke an der Rezeption gehört hätte statt eines anderen (Vielleicht-)Hinweises auf Spuk?
The Innkeepers – Hotel des Schreckens (OT: The Innkeepers), 2011, USA, Ti West, 109 min, (7/10)
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Ankündigung
Woche 1-2 „His House“, „After Midnight“, „Fresh“
Mal schauen ob ich das noch hinbekomme mit den 13 erwarteten Filmen oder ob ich auf meine Liste mit Ersatztiteln zurückgreifen muss. Wie läuft’s bei eurem Horrorctober? 😈
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