Horrorctober 2019 – Woche 3 („Das siebte Zeichen“, „Bis das Blut gefriert“ & „Monsters“)

Mit immerhin sechs von dreizehn Filmen bin ich ungefähr in der Mitte des Horrorctobers angekommen – und ein bisschen Oktober ist sogar noch übrig um aufzuholen. 🙂 Ich bin dran. Leider steigt gerade meine Neugier auf Filme, die nicht auf meiner Liste sind. So würde ich nach „Bis das Blut gefriert“ auch gerne noch einen Rewatch von „Das Geisterschloss“ machen. Beide sind nämlich Verfilmungen desselben Buches …

Das siebte Zeichen

Wenn die Wüste zufriert, Blut in den Bächen fließt und sich der Mond blutrot färbt, dann naht der Tag des jüngsten Gerichts. Die schwangere Abby (Demi Moore) nimmt all das in den Nachrichten und ihrer Umwelt wahr, ahnt aber noch nicht, was für eine Bedeutung all diese Zeichen für sie haben. Sie und ihr Mann vermieten ein freies Zimmer, wissen aber noch nicht wie sie den etwas distanzierten David Bannon (Jürgen Prochnow) einschätzen sollen. Als Abby in seinem Zimmer seltsame Schriften findet, die auf das berechnete Geburtsdatum ihres Kindes deuten, bekommt sie Panik und lässt die Schriften übersetzen. Demnach ist Guf, die Halle der Seelen, leer und das siebte und letzte Zeichen der Apokalypse ist ein Baby, das ohne Seele zur Welt kommt. Ihr Baby? Abby will die Apokalypse verhindern. Leider muss ich sagen, dass Demi Moore, Jürgen Prochnow und die Laufzeit wohl das Beste an dem Film sind. Vor dreißig Jahren hätte ich das wahrscheinlich anders gesehen. Damals waren die Ansprüche an Filme anders. Heute wirkt das Grundmotiv nur schemenhaft aufgegriffen. Was hilft es, wenn Abby dafür kämpft, das das sechste oder wievielte Zeichen verhindert wird? Selbst wenn sie ein Vorkommnis derart verhindert, wieso sollte das Zeichen nicht irgendwo anders auf der Welt ausgelöst werden? Ein anderes Kind ohne Seele zur Welt kommen? Man kann sich das mit Schicksalhaftigkeit erklären und damit, dass sie eine Auserwählte ist. Der Film tut das übrigens nicht, er fährt einfach seine Schiene, ohne viel Plausibilität zu erzeugen. So kann man sich als Zuschauer nur wundern, wenn Abby im einen Moment in eine Klinik eingewiesen wurde, im anderen Moment wieder zuhause ist – um nur ein Beispiel für die fehlende Plausibilität und Kontinuität zu nehmen. Das Trauma, dass sie durchlebt, weil sie schon Fehlgeburten hinter sich hat, wird ansatzweise aufgegriffen. Aber eben nicht konsequent, weswegen es je nach Zuschauerinterpretation leicht fällt ihr Trauma als Hysterie wegzuinterpretieren und der Figur die Ernsthaftigkeit nimmt. Dabei geht es schon sehr ans Herz, wenn sie um ihr Baby fürchtet. Leider spart der Film auch etwas an der Figur Prochnows, die aber interessant und angenehm under-acted ist. Die Apokalypse schafft der Film immerhin ohne übermäßiges Gemetzel zu erzählen. Die Zutaten waren abgesehen vom Drehbuch nicht verkehrt. Die Umsetzung gelingt nur, wenn man als Zuschauer nichts hinterfragt.

Das siebte Zeichen (OT: The Seventh Sign), USA, 1988, Carl Schultz, 93 min, (5/10)

Sternchen-5

Bis das Blut gefriert

Passt auf, jetzt wird es kompliziert: Shiley Jacksons Roman The Haunting of Hill House wurde im Deutschen zu Spuk in Hill House übersetzt. Noch bevor es als die gleichnamige Netflix-Serie oder als Film mit Catherine Zeta-Jones als Das Geisterschloss umgesetzt wurde, gab es eine Verfilmung von Robert Wise (hat u.a. auch The Sound of Music gemacht, Schnitzels with noodles *sing*). Bis das Blut gefriert heißt im Original The Haunting, was eher eine Verbindung zur Literaturvorlage erkennen lässt. Kenner der Serie werden aber umso verwunderter sein, wenn sie den Inhalt hören: der hält sich nämlich sehr stark an das Buch und handelt vom Forscher Dr. Markway (Richard Johnson), der das Paranormale erforschen will und daher einige übersinnlich begabte Menschen einlädt in einem angeblichen Geisterhaus zu übernachten: Hill House.


„Bis das blut gefriert – Trailer“, via YouTube-Filme

Lediglich zwei der eingeladenen Begabten erscheinen. Die bisher zurückgezogen lebende Eleanor (Julie Harris) und die hellsichtige Theodora (Claire Bloom). Zu ihnen gesellt sich der künftige Erbe von Hill House, Luke (Russ Tamblyn). Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, warum man Details wie den Namen des Doctors von Montague auf Markway ändern musste!? Vielleicht weil es amerikanischer oder englischer klang und damit „eher akzeptabel“ für die Mehrheit der Zuschauer erschien. Warum es aber so wichtig war, Dr. Markway statt Luke als Eleanors Love Interest zu platzieren, kann ich mir weniger erklären. Der Kern der Geschichte ist aber so gleich geblieben, dass man stellenweise mitsprechen kann, wenn man das Buch kennt. Robert Wise verzichtet auf das präsentieren des Spuks mit Geistern oder Jump Scares. Er inszeniert das Haus als den Ort des Schreckens und lässt wie die Vorlage auf angenehme Weise offen, ob sich der Horror nicht vielleicht lediglich in den Köpfen der Besucher abspielt oder ob die angeblich Begabten vielleicht sogar Urheber des Ganzen sind. Julie Harris gibt eine aus heutiger Sicht etwas überdramatische Performance von Eleanor ab, die aber wahrscheinlich in den 60er Jahren anders empfunden wurde. Eleanor ist eine getrieben Seele, die viele Jahre ihres Lebens in die Pflege ihrer kranken Mutter investiert hat und diese Zeit als verloren empfindet. Sie sucht einen Platz in der Welt. Ein Gedanke, der zusammen mit Hill Houses Ruf als ein Ort, der seine Besucher nicht loslässt, ähnlich wie im Buch eine folgenschwere Mischung ergibt. Dramaturgisch und narrativ leidet der Film etwas durch die überdrehte Darstellung Eleanors, gewinnt aber an der Atmosphäre des Films. Der für mich überzeugendste Darsteller ist dabei allerdings  Ettington Park. Das Anwesen, auf dem der Film gedreht wurde und das heute ein Hotel ist. Ich plane dann schon mal einen Urlaub dort. Dass Horror nicht über jump scares und Geister gelöst wird und trotzdem funktioniert, zeigt übrigens, dass Bis das Blut gefriert und Robert Wises Formel Genrekollegen wie Crimson Peak einiges voraus hat.

Bis das Blut gefriert (OT: The Haunting), USA/UK, 1963, Robert Wise, 107 min, (6/10)

Sternchen-6


„MONSTERS | Trailer deutsch german [HD]“, via vipmagazin (Youtube)

Monsters

Gareth Edwards Monsters war Anfang der 2010er Jahre ein Indiefilm-Hit, der den Regisseur berühmt machte und in meiner Blognachbarschaft hochgelobt wurde. Da Hypes mich manchmal eher abstoßen als anziehen, habe ich mich damals nicht auf den Film gestürzt. Nicht immer, aber zumindest dieses Mal wurde das auf belohnt. Denn der Film ist wie für die Ära Trump geschaffen und aktueller denn je. Monsters handelt vom Fotografen Andrew Kaulder (Halt and Catch Fires Scoot McNairy), der nach Mexiko reist um Bilder aus der Umgebung der sogenannten „Infizierten Zone“ zu machen. Dort stürzte vor Jahren eine NASA-Sonde ab, die ins All geschickt wurde um nach extraterrestrischem Leben zu suchen. Und sie brachte etwas mit. Die Umgebung der Absturzstelle wurde nach und nach von Kreaturen bevölkert, die enorm groß werden und zur Gefahr für die Menschen erklärt wurden. Das Gebiet wurde daher geräumt, überwacht und eingezäunt. In die infizierte Zone geht man nur auf eigene Gefahr. Und sie ist eine Sensation. Die militarisierte Umgebung hat sich an den Alltag aus Beinahe-Katastrophen und Luftangriffen gewöhnt. Die Frage ob man sich sicher fühle wird oft damit beantwortet, dass es zum Alltag gehören würde. Kaulder bekommt tausende Dollars für Bilder von verletzten oder toten Kindern. Auch er selber hat kein Interesse daran diese Aspekte des Lebens in und um der Zone abzubilden, aber das ist das Business. Noch weniger Interesse hat er die Tochter seines Chefs aus Mexiko nach Hause zu eskortieren, aber er willigt ein und versucht nun mit Samantha (Whitney Able) zurück in die USA zu kommen.

Und wie der geneigte Leser und Zuschauer sich vorstellen kann, ist das alles andere als einfach. Infolge einer Verkettung von unschönen Umständen führt letzten Endes der einzige Weg durch die infizierte Zone. Was sie dort sehen ist brutal, aber auch wunderschön. Die verlassene Gegend hat den seltsamen Charme von Lost Places und mündet für beide Figuren in einer Art Rückkehr zu sich selbst. Dass man die infizierte Zone mit einer riesigen Mauer eingezäunt hat, ist ein trauriges und brutales Bild. Zwar ist die Bedrohung und Zerstörung durch die Kreaturen bewusst, aber Zäune zu bauen hilft offensichtlich nicht. Ein Schelm wer jetzt an die Vorhaben orangegesichtiger Politiker denkt. Tatsächlich kennzeichnet der Film hier weniger der Kreaturen als die titelgebenden Monsters. Das heißt die Menschen, die mit übertriebener Härte viele Leben in Luftangriffen fordern, statt sich irgendwie auf andere Weise mit der Situation zu arrangieren. Oder wie Ted Chiang es nicht ganz unähnlich in einer seiner jüngsten Kurzgeschichten andeutete. man wollte das Leben da draußen, aber man ist nicht in der Lage dem zuzuhören, was vor der eigenen Nase sitzt. So gut Monsters war, so entsetzt bin ich, dass es eine Fortsetzung gibt. Das einzige, was ich übrigens an Monsters in irgendeiner Form bemängeln kann ist wie lange es sich mit dem Vorgeplänkel aus Krankenhausbesuchen und Zugfahrten aufhält, statt uns mehr infizierte Zone zu geben. War aber wohl nicht unwichtig für die Charakterisierung der Figuren.

Monsters, UK, 2010, Gareth Edwards, 94 min, (8/10)

Sternchen-8

Und sonst so?

Horrorctober läuft hier auf Hochtouren. 😈 Und das in allen Belangen was Medien und Eskapismus betrifft XD Shirley Jacksons The Haunting of Hill House habe ich zu Ende gelesen, war begeistert und habe es inzwischen sogar schon auf dem Blog besprochen. Jetzt widme ich mich gerade Hawksmoor von Peter Ackroyd. Das Buch handelt von einem Architekten verschiedener Londoner Kirchen, der satanische Absichten in die Konstruktionen einfließen ließ, deren Auswirkungen sich bis in das Jetzt ziehen. Leider ist der Anfang des Buches doch eher sehr mühsam zu lesen, weil in Alt-Englisch verfasst. So habe ich aktuell auch noch wenige Ideen was mich erwartet und kämpfe mich bisher eher so durch. Das Hörbuch Ghostbox habe ich auch beendet und es mehr als Thriller empfunden. Mit einigen Charakteren bin ich nicht warm geworden und empfinde das eine oder andere als zu konventionell. An anderen Punkten konnte ich schwer folgen und müsste das Hörbuch wohl nochmal mit mehr brain-on hören. Es gibt eben Aspekte, die sehr labyrinthisch erzählt sind. Was smart ist! Aber wenn man halt wie das bei Hörbüchern ab und zu passiert nur mit 80% seines Bewusstseins bei der Sache ist … kann schon mal was verloren gehen, weshalb ich mir über die Plausibilität nicht ganz sicher bin. Daher wird es wohl einer der seltenen Fälle, die ich nicht wirklich rezensieren kann. Durch die Charaktere wird es aber wohl keinen zweiten Lauf für mich geben und ich bin zum nächsten Hörbuch übergegangen – einer Audible-Produktion: The Monster Collection. Damit höre ich nun die von prominenten britischen Stimmen gelesen Schauer-Klassiker Dr Jekyll und Mr Hyde, Frankenstein und Dracula. Los ging es für mich mit Jekyll und Hyde, gelesen von Richard Armitage. Und das macht er gut.

Und da Grusel überall im Oktober im Programm ist, habe ich Call of Cthulhu zu Ende gespielt. Das hatte Atmosphäre. Hat einiges aus Lovecrafts Cthulhu-Mythos importiert, aber auch einiges hinzugefügt. Jetzt habe ich gerade ein Indie-Spiel am Wickel, das eigentlich nicht dem Horror-Genre zuzuordnen ist, aber irgendwie so ein Gefühl von Nachdenklichkeit, unausgesprochenen Geheimnissen und Lost Places hat. Dear Esther heißt das Spiel und hat so einen ganz eigenen Charme, der für mich auch ziemlich gut in die Jahreszeit und das Thema passt. Man wandert dort eigentlich nur über eine verlassene(?) Insel und zitiert Briefe an eine gewisse Esther (Überrraschung!). Und als Spieler versucht man daraus und anhand der wenigen Spuren des Lebens auf der Insel abzulesen, was dem Protagonist und oder Esther eigentlich widerfahren ist. Interessant! Aber sehr introspektiv, poetisch und eventuell deprimierend. Auf der Mattscheibe flimmert derweil The Terror Season 2 und Chilling Adventures of Sabrina Season 2. Beides hat Atmosphäre. Das erstere hat die bessere Geschichte. Das zweitere hat das Halloween-Flair. Ich fand die Geschichte mit dem Tarot Karten legen schon ganz cool – und eine der „Visionen“ hatte dicke Lovecraft-Einflüsse.


„Dear Esther – Official Trailer“, via brisck1 (Youtube)

Zu den bisherigen Artikeln

Ankündigung und Filmliste
Wochen 1 und 2 mit „Apostle“, „Cam“, „Ghost Stories“

Wie weit seid ihr in eurer Filmchallenge? Es ist noch nicht zu spät aufzuspringen 😉 In welcher Form ist euch „Hill House“ zuerst begegnet? Als Buch, Serie oder Film? Und welches schaurige Spiel könnt ihr empfehlen?

3 Antworten

  1. Tja, und ehe ich mich versah, war ich auch schon mittendrin – noch einen Horrorctober wollte ich nicht verstreichen lassen – die letzten beiden habe ich ja schon verpasst. Und ta-daa, ich komme auf 13 Filme, habe 4 aber noch nicht gesehen, die folgen in den nächsten Tagen, und am Ende des Monats gibt es dann noch einen kleinen Rückblick auf diesen Monat.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Woah, nicht schlecht. Dann hast du jetzt im akkord neun Horrorfilme geschaut? 🙂 Das is ne Leistung

  2. […] eigentümlich wie KI dargestellt und verwendet wird. Trotzdem war mein erster Gedanke „Oh, Gareth Edwards neuer Film!“ Die Vorfreude auf Edwards innovatives Storytelling war aber schnell dahin, denn […]

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