Manchmal braucht es nur eine Pause auf Twitter. Ein Gespräch mit Arthelfer:innen beim Gesundheitscheck. Smalltalk am Mittagstisch. Einen Familienbesuch. Und plötzlich rücken die Kontroversen näher, die so gar nicht zur eigenen Weltsicht zu passen scheinen. So normal, aber auch manchmal so aufrüttelnd. Repräsentation, Diversity und Inklusion scheint besonders zu polarisieren. Ich höre selten Meinungen zwischen starker Abneigung und absoluter Unterstützung. Den Vorwurf „das ist doch nur Marketing“ kann ich nicht komplett von der Hand weisen, was ich aber auch sehe ist ein profunder, tief in Menschen verwurzelter Bias. Anette und ich haben uns in jeweils einem Artikel des Themas angenommen. Edit: Inzwischen gibt es auch einen Artikel dazu von Herba.
Repräsentation und Bias – dieser Weg wird kein leichter sein
Wenn du es am wenigstens erwartest …
… ist da plötzlich ein Bias in deinem engeren Umfeld. Einer meiner besten Freunde, ein dufter Typ, kann mit der Serie The Handmaid’s Tale nichts anfangen, weil sie so weit weg von seiner eigenen Lebensrealität wäre. Ein Mitglied meines Buchclubs äußert sich abfällig über den Dune-Film, weil er nicht versteht, warum man „unbedingt“ weiße Buch-Charaktere mit People of Color (PoC) besetzen muss. Wäre doch alles nur Marketing. Meine liebe Bloggerfreundin Anette hat in ihrem Artikel die verschiedenen Reaktionen auf den diversen Cast der Fantasy-Buchadaption Wheel of Time zusammengefasst. Von freude über Repräsentation bis hin zu Ablehnung aus demselben Grund. In der Serie Archive 81 wird ein im zugrunde liegenden Podcast lesbischer Charakter straight-washed („Check These Interesting Observations That Fans Are Making In ‘Archive 81’ On Netflix“ netflixjunkie; Reddit). Also unnützerweise in der Serienadaption als heterosexuell dargestellt. Beim Smalltalk über Bücher und Serien erwähnte vor nur ein paar Tagen ein Kollege, dass er die Serie Hannibal mit Mads Mikkelsen nicht gut findet, weil „die so homosexuell geworden ist“. Als das Theaterstück Harry Potter and the Cursed Child mit der schwarzen Darstellerin Noma Dumezweni als Hermine gecastet wurde, gab es teilweise heftige Kommentare. („‚Black Hermione‘ Backlash Proves Outrage Is About Race, Not Canon“). All das macht mich müde, traurig, wütend – abwechselnd.
In the early to mid-2010s, audio fiction and webcomics were the two places I got my queer media
Taking audio fiction from 2016 and straightwashing it in 2022–taking something that was generally ahead of its time wrt representation and setting it back–is so misguided??
— leehama 🍞 robyn (@leeehama) January 15, 2022
Niemand leugnet die persönliche Komponente
Warum macht mich oben genanntes müde, traurig, wütend? Weil es zu oft darauf hinausläuft, dass Diversität und Inklusion von vornherein abgelehnt wird. Klar – manchmal will man eben einfach unbedingt, dass Triss aus der Witcher-Reihe rote Haare hat, weil sie im Buch oder den Videospielen oder wo auch immer rote Haare (oder so) hat. Das ist dann wohl eine Frage von Fanrage oder Nerdrage. Ich sage nicht, dass ich das nicht ab und zu habe bei den Medien, die mir wichtig sind. 😉 Aber leider bleibt es manchmal nicht dabei wie wohl die Reaktionen auf der Webseite zeigen: Why is Triss Merigold not a redhead in the Witcher show? (Quelle: Quora, siehe auch Screenshots). Und plötzlich sind wir mittendrin in einer Debatte über „forced diversity casting“, obwohl die faktenbasierte Antwort eine ganz einfache und wesentlich unschuldigere sein könnte. Mal abgesehen davon, dass eine 1:1-Adaption ein Fabelwesen ist.
Nein, stattdessen entsteht manchmal der Eindruck, Diversität von vornherein ablehnen zu wollen. Ob Intention oder nicht, wird das häufig als das Ablehnen der angeblich marginalisierten Gruppe verstanden. Und ja, vielleicht macht mich das müde oder wütend, weil ich mich ab und zu selber als marginalisiert betrachtet gesehen habe. Mein einziges, angeblich marginalisierendes Merkmal? Nur, dass ich eine Frau bin. Man könnte annehmen, dass das nicht so marginal ist. Trotzdem habe ich als Heranwachsende bis Studentin häufig Sätze gehört wie „Frauen und andere Minderheiten“. Oder „Frauen und andere Randgruppen“. Ähm, hallo? Minderheit ist faktisch falsch und Rangruppe platziert einen an den Rand von was? Der Gesellschaft? Huch, wie ist das denn passiert? Als ich letztes Mal nachgeguckt habe, fühlte ich mich noch mittendrin.
Das Witzige ist, dass mir das manchmal keiner glaubt, dass es solche Sätze gibt. Meistens wird dann auch der Gender Pay Gap angezweifelt, oder dass Frauen ja nicht wirklich marginalisiert werden, dass die Frauenquote Quatsch ist. Woher die das wohl so genau wissen? Sicherlich nicht aus eigener Erfahrung. Haben sie mich mal gefragt, bevor sie ihre eigene Meinung kund tun? Nein. Ich wurde das überschaubar oft in meinem Leben gefragt. Woher kommen all die Frauen-(Angelegenheiten-)Versteher? Und das bin nur ich. Das ist nur ein Merkmal einer Person. Schauen wir uns mal in der Bahn um wieviele Menschen mit unterschiedlichen sichtbaren Merkmal wir sehen.
„Marginalisierung bezeichnet die Verdrängung von Individuen oder Bevölkerungsgruppen an den Rand der Gesellschaft. Die Verdrängung kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen, also zum Beispiel geografisch, wirtschaftlich, sozial oder kulturell sein; meist spielt sie sich auf mehreren Ebenen gleichzeitig ab.“ Quelle: [1]
Die Sache ist aber halt auch die: auch diejenigen, die gegen Diversity wettern, reagieren aus Emotionalität heraus. Ja, auch die, die von sich behaupten „rationale Denker“ und „kalte Kommunikationstypen“ zu sein. 😉 Das kann einfacher Fan Rage sein, siehe Beispiel oben. Oftmals fühlen sich diejenigen aus der „größeren“, repräsentierten Gruppe angegriffen, weil sie im Glauben sind, nicht selber zu diskriminieren. Tupoka Ogette nennt diese Menschen in ihrem großartigen Buch EXIT RACISM Happylander. Klar fühlen die sich angegriffen und beginnen zu argumentieren. Wer will schon gern wiederum wegen seiner:ihrer Merkmale als diskriminierend dastehen? Denn so viel wissen wir alle viele die meisten von uns: Diskriminieren ist scheiße.
„Alles soll so bleiben wie es war. War doch jut!“ – Na für dich vielleicht.
Warum gehen Menschen automatisch davon aus, dass die Lebensrealität der anderen „Quatsch“ ist? Weil sie sie nicht erlebt haben. Das einfachste Mittel dagegen wäre der Perspektivwechsel. Oder eine unschuldige Frage. Wie ist es dann als schwarze Frau? Als schwarze, lesbische Frau? Als schwarzes kleines Mädchen, das nie eine schwarze Superheldin in Film oder Serie gesehen hat? Usw. Der bleibende Eindruck bei der Ablehnung von Diversität und Repräsentation scheint zu sein „Alles soll so bleiben wie es war, weil es war doch gut so“ und darin schwingt mit „Alle sollen so aussehen wie ich, weil das ja immer so war und weil ich ich bin und ich bin doch ok!“ und gemeint ist damit zu oft „weiß, männlich, heterosexuell“.
Wie spricht man konstruktiv über diese Themen? Zu schnell fühlt sich alles nach einem Fingerzeig und Anprangern an, wo es ein sanftes Heranführen und Hinterfragen bräuchte, um zu wirken. Auch für mich um zu verstehen, ob die Kritik nicht vielleicht auch berechtigt ist. Muss es einen weiblichen James Bond geben oder ist es nicht viel besser, wenn eine ähnlich epische und ikonische Rolle für eine Frau geschaffen wird, die „etwas ganz Eigenes“ sein darf? Ist tatsächlich eine Debatte, die ich sehr spannend finde. Da ich Diskussionen dieser Facon schon mein Leben lang führe, habe ich gelernt erstmal zuzuhören, zu verstehen, wo die Sichtweisen herkommen. Aber manchmal ist das ein Mal zu oft, ein Mal zu deprimierend, ein Mal zu verbohrt und zu vernarbt. Vor Allem weil selten zurückgefragt wird „Und was ist deine Meinung?“ Dabei basiert alles (meiner derzeitigen Ansicht nach) auf einer Sache, die ganz unschuldig sein könnte: Bias.
Welcher Bias bin ich und wenn ja, wie viele?
„Der Begriff Bias kommt aus dem Englischen und beschreibt kognitive Verzerrungen, wie z.B. automatische Stereotype und andere fehlerhafte Neigungen bei der Wahrnehmung, Erinnerung und Beurteilung. Biases treten meist unbewusst (= Unconscious Bias) auf.“ Quelle: Anti-Bias Definition Unconscious Bias
Auch ihr kennt Bias. Habt ihr bei euch vielleicht schon mal erlebt, dass ihr automatisch denkt, der Job von jemandem anderem wäre leichter als eurer, obwohl ihr nie in dem anderen Job gearbeitet habt? Dieser Bias wird auch als Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet. Oder der Mini-Me-Effect. Ihr fühlt euch zu Personen eher hingezogen oder ihnen wohlgesonnen, die dasselbe Buch oder dieselbe Serie mögen wie ihr. Oder die andere ähnliche Eigenschaften haben, beispielsweise dieselbe Hautfarbe. Auch der Gender Bias ist ein solcher, in dem man Geschlechtern bestimmte Eigenschaften zuweist. „Ein Mann ein Wort, eine Frau ein Wörterbuch.“ So sagt eine unbeliebte Redensart.
Wie man auf der Webseite Anti-Bias[2] weiter nachlesen kann, resultieren aus Bias Stereotype („unvollständiges Wissen“), daraus Vorurteile, wiederum daraus Marginalisierung und Diskriminierung. Bias sind dabei Mechanismen des Nervensystems bzw. Gehirns, um aus Gründen der Effizienz einen Filter zu entwickeln, der uns erlaubt, schnell Dinge einsortieren zu können. The Cognitive Bias Codex [3] listet Bias als eine interaktive Karte auf, sortiert nach Kategorien wie [dieser Bias existiert um fertig zu werden mit…] „too much information“ oder „need to act fast“.
Bias – das ist natürlich ganz fein, denn dadurch bleibe ich nicht wie angewurzelt stehen, wenn ich mich in einer Gefahrensituation befinde und das Unglück auf mich zurast. Aber was passiert, wenn ich dadurch „aus Versehen diskriminiere“? Wenn mein Bias mich lehrt, diejenigen lieber zu mögen, die mir ähneln, nur weil meinem Urmensch-Vorfahren dadurch erleichtert wurde, nicht von einem anderen Klan erschlagen zu werden? Urmensch ist halt sehr lange her. Wichtig ist, dass wir uns bewusst sind, dass Bias keine Entschuldigung für Diskriminierung sein darf. Die Lösung heißt nicht „darauf ausruhen“, sondern „hinterfragen“. Dazu muss man Diskriminierung allerdings auch als Problem wahrnehmen. Wer noch nie diskriminiert wurde oder sich sagt „ich nehm die Welt halt so hin, wie sie ist“, der:die hat daran u.U. kein Interesse, weil vielleicht noch nie Diskriminierung erfahren. Und das Wegschauen ist bedauernswert, weil es uns als Gemeinschaft nicht weiterbringt.
Diese Sache mit Diversity …
Wollen wir uns von Diskriminierung lösen, ist das Bewusstmachen des eigenen Bias der erste Schritt. Hast du als Mann schon mal „automatisch“ andere Männer in dein Team geholt statt eine Frau, ohne dir über deren Qualifizierung Gedanken zu machen? Hast du als Frau schon mal über Männer gedacht, dass sie „alle nur das eine“ wollen? Oder schon mal den Satz gesagt „du bist doch ein Junge, da muss man sich mal prügeln können“? Alles Vorurteile, alles Bias. Nur wenige von vielen denkbaren Beispielen. Es hilft die eigene Sichtweise zu hinterfragen. Vielleicht helfen auch die im oberen Absatz erwähnten Links mit Übersichten zu Bias.
Repräsentation hilft Bias aufzubrechen. Natürlich kann es auch BIPoC (Black, Indigenous, People of Color)- oder MENA (Middle East and North Africa)-Protagonist:innen geben, natürlich auch queere Held:innen oder solche die in einem Rollstuhl sitzen oder neurodivers sind. Würden wir das öfter sehen, wäre das alles nicht mehr so „unwahrscheinlich“ in den Augen der Masse. Nichts wäre marginalisiert, weil es nie am Rand platziert wurde. Die Autorin Reni Eddo-Lodge ist selber PoC und berichtet in ihrem Buch Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche über die oben erwähnte Debatte über die schwarze Hermine, dass sie selber immer gedacht habe, dass Hermine in Harry Potter weiß sein müsse, obwohl das Buch es nicht vorgibt. Einfach weil es nach ihrer Erfahrung „keine schwarzen Heldinnen in Büchern oder dem Fernsehen gibt“. Ist das nicht traurig und ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft? Ich würde gern sagen die Gesellschaft der Vergangenheit.
In der Öffentlichkeit werden häufig die Begriff Diversity & Inklusion (D&I) benutzt, um Repräsentation messbar zu machen. Der Unterschied der beiden Begriffe wird im nachfolgenden Zitat erklärt. Das bedeutet, dass die Vielfalt (Diversity) der Eigenschaften der Weltbevölkerung abgebildet und respektiert wird. Warum sollten alle Charaktere einer Serie weiß, männlich, cis-heterosexuell sein? Oder der Vorstand eines großen deutschen Unternehmens?
„Diversity is the „what“; inclusion is the „how.“ Diversity focuses on the makeup of your workforce — demographics such as gender, race/ethnicity, age, sexual orientation, veteran status, just to name a few, and inclusion is a measure of culture that enables diversity to thrive.“ Quelle: betterup.com
Die Argumentation
Häufig führt die Argumentation gegen Diversity in Medien an, dass diese dem falschen Zweck diene. Eine aktueller (vorübergehender) Trend sei oder sich auf die falschen Aspekte konzentriere. Statt guten Inhalt zu produzieren, würden Film- und Serienschaffende ihre Zeit und Ressourcen in diverses Casting und Umdichten der Inhalte investieren, etc. Beispielsweise würden unterschiedliche Hautfarben „nichts für den Inhalt tun“. Ich befürchte das können auch nur Weiße sagen. Exakt diese Diskussion fand in unserem Buchclub statt und wurde sehr schön von einem Mitglied unterbunden, das den Bias auf den Punkt brachte: „Das sagst du ja aber auch nur, weil du bisher nur Weiße gesehen hast in Filmen und Serien. Wäre das schon immer divers gewesen, hättest du ja auch nix zu meckern.“
Mit einer fremden Person kam ich über den Umweg genderneutrale Sprache darauf zu sprechen. Wir kamen in die mir verhasste Grauzone in der meine Gesprächspartnerin nicht-binäre Personen als „ausgedacht“ und „Menschen mit psychischen Problemen“ verklärte. Offenbar war oder ist sie Anhängerin der Auffassung, dass es keine Trennung zwischen biologischem Geschlecht und Geschlechtsidentität gäbe. „Und überhaupt“ sagte sie „Homosexuelle im Fernsehen. Dei sind jetzt plötzlich überall. Ich drücke ja auch nicht jedem meine Sexualität ins Gesicht“. Ja klar, weil sie (wie ich jetzt mal frei interpretiere) heterosexuell ist und damit ihr Leben sowieso schon überall um sich herum repräsentiert sieht. In der Ablehnung sehe ich nach wie vor den Beweis, dass es mehr Repräsentation braucht und eigener Bias weitläufig noch nicht verstanden wird.
Das sind jetzt nur meine Erlebnisse, relativ unbelegt und nur von mir erlebt. Wenn ihr ähnliche Diskussionen führen musstet, gern in die Kommentare. Was ist nun aber mit der professionellen Sicht? Nun ja, ich bin mir ja nicht sicher, ob Wolfgang M. Schmitt aka „Filmanalyse“ nicht doch nochmal eines Tages in Hoodie und Sweatpants vor dem Greenscreen sitzt und erklärt, dass „Wolfgang M. Schmitt“ eigentlich nur eine Kunstfigur ist, aber bisher hat das noch niemand geleakt. In seinem Video aus dem August 2021 hat er sich den Regeln und Guidelines der Amazon Studios gewidmet, die zu der Zeit striktere Diversity-Vorgaben einrichtete. Ich finde auch einige der Vorhaben „stark“ im positiven, aber auch im negativen Sinne. Aber wie soll Repräsentation erreicht werden, wenn sie nicht messbar gemacht wird? Schmitt sagt „Wer Kunst in Regeln pressen will, verstümmelt die Kunst“. Über die Aufgabe der Kunst für alle da zu sein, hat er noch nix gehört. Selbst wenn er in einigen Punkten recht hat. Beispielsweise dass das reine Durchzählen wie viele Frauen und wie viele Männer in einem Film auftreten nichts über die Qualität der Repräsentation aussagt, wie in dem inzwischen vier Jahre alten Video „Gegen pseudofeministsche Filmkritik & Frauenquote auf der Leinwand – DIE FILMANALYSE“ bemängelt. Trotzdem findet Schmitt keine Antwort für die Lösung des Repräsentationsproblems. Und scheint die mangelnde Repräsentation auch nicht als Problem zu betrachten. Alles für die Kunst – oder sollte ich besser sagen „bloß nicht zu viel für die Kunst“?
„Die irren Diversity-Regeln der Amazon Studios“, via Filmanalyse (Youtube)
Eigentlich sollte aber klar sein, dass sich Repräsentation und Kunst sowie Unterhaltung nicht ausschließen muss. Auf gar keinen Fall! Ist es nicht viel mehr sogar ein Kriterium und Recht von Kunst, dass sie zugänglich sein soll? Neue Chancen und Perspektiven öffnet? Voranschreitet und zeigt wie man es machen kann? Gerade mit den Mitteln von Kreativität, Fakt und Fiktion sollte das doch möglich sein? Ich verweise nur auf das Beispiel von Anette und Wheel of Time. Wenn in einer fiktiven Fantasy-Welt keine Diversität möglich ist, wo dann? Wer Zahlen für die krasse Unterrepräsentation sucht, findet die in „The State of Diverse Representation in Media and Entertainment“[4] des World Economic Forum und kann im Nielsen-Report[5] nachlesen wie stark die aktuelle, gemessene Repräsentation unter der wirklichen Verteilung in der Population liegt, und das auch hinter der Kamera [6]: „The 2020 Hollywood Diversity Report also includes a workplace analysis of 11 major and mid-major studios, which found that 91% of C-level positions are held by white people and 82% are held by men. Among all senior executive positions, 93% percent are held by white people and 80% by men.“ Psychology today fand dafür im Dezember 2021 deutliche Worte:
„For example, when women (and women of color specifically) don’t see themselves represented in STEM fields, they may internalize that such careers are not made for them. When people of color don’t see themselves in the arts or in government positions, they likely learn similar messages too.“ „Why Representation Matters and Why It’s Still Not Enough“, Psychology Today, Kevin Leo Yabut Nadal, Ph.D.; 27. Dezember 2021
Aisha Thomas findet sehr deutliche Worte für den Mangel an Repräsentation und die Konsequenzen: „What if you do not see yourself anywhere?“
„Why Representation Really Matters | Aisha Thomas | TEDxBristol“, via TEDx Talks (Youtube)
Medien als Vierte Gewalt, um Bias aufzuheben
Was verlieren wir, wenn wir uns Diversität öffnen? Nichts! Nur einige Personen ihren Stolz oder ihre Fantasie darüber welche Hautfarbe ihr Lieblingscharakter haben muss. Erfindet euch neu, seid offen und profitiert davon, dass ihr einen Perspektivwechsel schafft. Viele Personen aus der Industrie machen sich inzwischen stark und zeigen den Idiotismus der Ablehnung von Diversität. Neil Gaiman kämpft den Kampf („Neil Gaiman Fights Toxic Backlash Over Netflix’s ‘Sandman’ Casting Non-Binary, Black Actors“, IndieWire, 1. Juni 2021), Riz Ahmed setzt sich für die Darstellung von muslimischen Personen in der Branche vor und hinter der Kamera ein, um noch zwei weitere Stimmen zu nennen. Klar ist: Diversität und Repräsentation muss sinnvoll geschehen. Aber der erste Schritt ist es sie zuzulassen und sensibel dafür zu sein.
Misrepresenting #MuslimsinFilm costs lives. Dehumanising and demonising people legitimises hate, discriminatory laws, violence, and war. Enough is enough.
Full speech: https://t.co/bsfpQw4Wfe pic.twitter.com/pAFelWX8Dg— Riz Ahmed (@rizwanahmed) June 15, 2021
I give all the fucks about the work. I spent 30 years successfully battling bad movies of Sandman.
I give zero fucks about people who don’t understand/ haven’t read Sandman whining about a non-binary Desire or that Death isn’t white enough. Watch the show, make up your minds. https://t.co/KcNzap8Kt4
— Neil Gaiman (@neilhimself) May 29, 2021
Spannende Quellen zum Nachlesen:
[1] Diversity Arts Culture, Definition Marginalisierung
[2] Die Plattform ANTI-BIAS im Web
[3] The Cognitive Bias Codex – interaktive Karte zum Ergründen von Bias
[4] Reflecting Society: The State of Diverse Representation in Media and Entertainment, World Economic Forum (September 2021)
[5] Representation Is at an All-Time High on Screen, but Still Inaccurate, Nielsen Report Says, Variety (9. Dezember 2021)
[6] 2020 Hollywood Diversity Report: A different story behind the scenes, UCLA (6. Februar 2020)
Es ist übrigens kein Zufall, dass der Beitrag ausgerechnet heute am deutschlandweiten Girls‘ und Boys‘ Day erscheint, an dem Interessierte an Arbeitsplätzen überall in Deutschland in Jobs reinschnuppern können, in denen sie unterrepräsentiert sind. Warum ich mich übrigens so stark auf den amerikanischen Medienmarkt konzentriere, ist: weil er so verdammt groß ist. Schaue ich mich alleine in meinem Freundeskreis und der Blogosphäre (mich eingeschlossen) um, habe ich den Eindruck, dass hieraus auch überwiegend konsumiert wird. Wie es auf dem deutschen Markt aussieht, ist für einen anderen Artikel. 🙂 Ob der Beitrag hier das richtige Publikum adressiert? Tut das überhaupt ein Artikel über Diversity? Diejenigen, die ihn lesen, sind wahrscheinlich eh offen genug für das Thema und kämpfen regelmäßig den Kampf gegen „Happyland“-ing. Diejenigen, die den Artikel nicht zu Ende lesen, kommen nie zu der Pointe. Ich glaube an das Gute in uns allen (außer gewissen Diktatoren) und sage: Danke fürs Lesen. Was ist deine Meinung? 🙂
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