Serien-Besprechung: „Supernatural“ Season 1 (Rewatch)

Haltet mich gern für verrückt, aber ich habe es tatsächlich getan. Nachdem ich Anfang diesen Jahres die fünfzehnte(!) und letzte Staffel von „Supernatural“ gesehen habe, verfiel ich in eine schwere Serienkrise. Ich war mit dem Serienende unzufrieden und wie so oft, wenn der Fall eintritt, fällt es schwer loszulassen. Mein Freund gab mir einen Anlass, indem er sagt „Eigentlich müsste man das nochmal von vorn schauen“ und ich lenkte aus Nostalgie ein. So da sind wir nun … wie ist das nach 15 Jahren auf eine Serie zurückzublicken, die einen so lange begleitet hat (und deren Ende man kennt)? Die Besprechung ist spoilerfrei.

„Supernatural“ Season 1

„Saving people, hunting things – the Family Business!“ Wie oft wurde der Satz in der Anfangssequenz gesprochen!? Jedenfalls so oft, dass ich ihn jetzt auswendig kann und gemäß pawlowscher Konditionierung höre, sobald ich den Supernatural-Schriftzug sehe. Die erste Staffel von Supernatural beginnt mit Sam Winchester (Jared Padalecki), der eifrig studiert, in einer glücklichen Beziehung mit seiner Freundin Jess (Adrianne Palicki) lebt und dem ein wichtiges Vorstellungsgespräch bevorsteht. Da taucht sein älterer Bruder Dean (Jensen Ackles) auf, der ihm verkündet, dass ihr Vater (Jeffrey Dean Morgan) während einer Jagd verschwunden ist. Sams Normalität verschweigt, dass er in eine Familie von Jägern hineingeboren wurde. Sie jagen Monster, Geister und alles Übernatürliche, das Menschen bedroht. Auch ihre Mutter fiel einst einem „Etwas“ auf grausame Art zum Opfer. Sam wollte sich aus diesem Leben zurückziehen und verließ im Streit mit seinem Vater die Familie. Aber Blut ist offenbar dicker als Wasser und er willigt ein Dean zu helfen. Noch weiß er nicht, dass es kein Zurück in sein Wahl-Leben geben wird.


„Supernatural Season 1 Trailer“, via blueblenderfilms (Youtube)

Bedeutet: Die Ereignisse überschlagen sich, Sam und Dean werden weiter durch Amerika reisen, um ihren Vater zu suchen und zwischenzeitlich Fälle zu lösen, die ihnen begegnen oder zugespielt werden. Sie werden es mit Geistern, Wendigos und Dämonen aufnehmen – manchmal leider auch mit allzu menschlichen Monstern. Die Cases of the Week sind solide, spannend und sehr düster. Wenn man aus Staffel 7-15 von Supernatural zurückkommt, muss man sich erstmal wieder daran gewöhnen, dass was später mehr Fantasy war, einst als Horror anfing. Die episodenübergreifende Handlung um das Finden des Vaters entpuppt sich allmählich als eine weiterführende Handlung in dessen Zentrum Rache steht. Genauer gesagt das Auflösen des Mordes an ihrer Mutter (Samanta Smith) und die Rache an dem Täter – zumindest wenn sie den finden. Als Langzeit-Supernatural-Zuschauer, gibt es genau zwei große Erkenntnisse des Rewatches der ersten Staffel: „Wow ist das düster!“ und „Wow, was für Babys!“ Denn die Darsteller sehen nun rückblickend aus wie Teenager – zumindest im Piloten.

Auch sehr spannend zu beobachten ist die Charakterentwicklung, die hier v.A. anfangs noch in starren Bahnen verläuft. Dean ist ganz der treue Jäger-Sohn, der alles tut, was der weise Jäger-Vater befiehlt, wohingegen Sam rebelliert. Die offenbar relativ einseitige Charakterisierung wird aber dankenswerterweise auch schon in der ersten Staffel aufgebrochen und entlarvt, dass beider Brüder Beziehung zum Vater gelitten hat. Insbesondere für Dean, der nach außen den coolen und abgebrühten Typen gibt, ist „verlassen werden“ ein sehr starker Trigger. Kein Wunder: alles was er tut, tut er wegen der oder für die Familie. Zumindest den Teil, der noch übrig ist.

Nennenswerte Momente der Staffel sind die Episoden 1×04 „Phantom Traveler“, die man auch als „Demon on a plane“ bezeichnen könnte und mich wegen zweierlei Dinge überrascht hat 1. ich habe total verdrängt, dass Dean Angst vor dem Fliegen hat, aber es ist sehr witzig anzuschauen und 2. Exorzismus im Flugzeug, wow! Die Episode 1×06 „Skin“ hat einige der besten Effekte der Staffel, die wortwörtlich unter die Haut geht. Es handelt von Gestaltwandlern. 😉 Und sie offenbart auch wie smart und vorausschauend die Serie war: dass das aus Kreditkartenbetrug bestehende Nomadenleben der Brüder nicht ewig ohne Konsequenzen bleibt. Außerdem mag ich sehr, dass sich die erste Staffel vieler Urban Legends und bekannter Geistergeschichten wie der von Bloody Mary widmet.


„supernatural ● just tone it down a little bit, father [season1.humor]“, via jυѕтcαllмeмιcнelle (Youtube)

Eine der atmosphärischsten Folgen ist für mich 1×12 „Faith“, die Dean mit dem Thema Tod und Krankheit konfrontiert und u.a. von Wunderheilern handelt. Faszinierend wie ich total vergessen habe wie früh sich die Serie mit solchen Konzepten wie Moral, Glaube, etc auseinandersetzt und wie gut das mit den Classic Rock Songs funktioniert. Abgesehen davon endet die Staffel mit einem ziemlich fiesen Cliffhanger. Durch den verglichen zu späteren fantasy-lastigeren Staffeln wesentlich düsteren Ton und die teilweise wirklich gut gealterten Effekte hat man das Gefühl ein ganz anders budgetiertes „Supernatural“ zu schauen als das einer Staffel 13 oder 14.

Schwache und banale Drehbuchentscheidungen wurden aber auch hier getroffen. Spoiler ausklappen zum lesen …

Als die Brüder endlich ihren Vater finden, trennen sie sich gleich wieder, weil ihr Vater „durch ihre Anwesenheit verwundbarer ist“. Seit wann ist jemand alleine weniger verwundbar als zu mehreren? Banaler Vorwand um Jeffrey Dean Morgan direkt wieder verschwinden zu lassen und John Winchester also harten, einsamen Hund dastehen zu lassen. Duh.

Davon mal abgesehen ist es teilweise schon sehr hanebüchen wie ihr Vater sie an der Nase herumführt, nicht ans Handy geht und sich dabei stets besonders mysteriös gibt. Das ist wohl das einzige was vor 15 Jahren besser funktioniert hat, während der Rest der Serie überraschend gut gealtert ist und echt Spaß macht.

(8/10)

Sternchen-8

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Wann habt ihr das letzte Mal eine Serie nach so langer Zeit geschaut und wie hat sie auf euch gewirkt? Was war das überraschendste? Und was an „Supernatural“ im Speziellen?

13 Antworten

  1. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Ich hadere immer noch mit mir, ob ich Supernatural mal anfangen soll. Ich habe die Serie nie gesehen, habe aber nur Fans in meinem Umfeld

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Naja … wenn du damit anfangen willst, dann am besten jetzt. ^^“ Denn im Moment ist die ganze Serie auf Amazon verfügbar (letzte Staffel nicht in Prime inbegriffen) und außerdem altert der Pilot schlecht. Aber der Rest ist echt ziemlich ok. Und als durchaus Fan wie auch Kritikerin der Serie, kann ich sagen Staffeln 1-5 machen echt Spaß. Darüber hinaus ist … diskutabel. Also ich habs ab dann nur wegen meines Lieblingscharakter geschaut.

      1. Avatar von donpozuelo
        donpozuelo

        Hmmm… okay. Setze ich mich vielleicht wirklich mal dran. Wer weiß, wie lange das Ganze noch bei Prime sein wird.

  2. Avatar von Malchus
    Malchus

    Das einzige Mal, daß ich nach so langer Zeit eine Serie erneut geschaut habe, war Anfang der neunziger Jahre „Star Trek“, als mir endlich Videokassetten im O-Ton zur Verfügung standen. Das überraschendste war der mir als Siebenjährigem völlig entgangene Humor und wie gut doch die deutsche Synchronisation war.

    Bei „Supernatural“ überrascht mich immer wieder, wie im besten Sinne „schauerlich“ die Serie ist.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ha, witzig, „Star Trek“ habe ich vor einer Weile auch angefangen, aber eben als First Watch, nicht als Rewatch. 🙂

      Meinst du mit „schauerlich“ gruselig im Sinne von Horror/Mystery als Genre oder meinst du damit „gruselig schlecht“? ^^‘ Zumindest die Staffel hier und einige kommende fand ich sehr gut. Aber es gibt auch Handlungsbögen über die ich lieber den Schleier des Vergessens sinken lassen würde …

      1. Avatar von Malchus
        Malchus

        Gruselig/spukig meine ich. Horrorelemente sind auch genehm, ist aber nicht das Gleiche. Die Atmosphäre wie z.B. in dem Spielfilm „The Others“ meine ich.

        Insgesamt habe ich – soweit ich gekommen bin – bis auf den Durchhänger so Staffel 7/8, wenn ich mich recht entsinne, einen positiven Gesamteindruck von Supernatural.

  3. […] beim Rewatch von Staffel 1 macht mir „Supernatural“ mehr Spaß als ich dachte. Wahrscheinlich trägt es nochmal […]

  4. *seufz* Warum entdecke ich die besten Serien immer erst für mich, wenn sie schon seit Jahren abgelaufen sind?
    Aber besser spät als nie, nehme ich an, und so habe ich die erste Staffel inzwischen durchgesuchtet und schon mit der zweiten begonnen.
    Es hat bei mir zwei Versuche und drei Folgen gebraucht, bis es geklickt hat. Was erst nach etwas veraltetem Grusel und oberflächlichen Figuren aussah, hat sich inzwischen als solide monster-of-the-week show entpuppt, mit zwei Hauptfiguren, hinter deren Fassade doch einiges mehr abläuft als zunächst erwartet. Mir gefällt diese ganze Geschwister-Thematik und das emotionale Gepäck, was die beiden mit sich rumschleppen – Dean (meist) gut verborgen hinter flapsigen Sprüchen und Sam eher offen, dafür mit einem Geheimnis um ihn, das er selbst nicht versteht.
    Jedenfalls fand ich die Staffel teils auch echt gruselig (ich bin kein Horror-Fan), vor allem die Folgen mit Bloody Mary, mit der Vogelscheuche, dem Hakenmann und dem Mädchen aus dem Gemälde. Auch mir haben dabei die urban legends gefallen.
    Wie du auch, gefällt mir, dass das Thema Glauben und Religion zusehends thematisiert wird, und ich bin gespannt, wo sich das noch hin entwickelt.
    Erstmal freue ich mich, noch so schön viele Folgen vor mir zu haben. Und jetzt höre ich mir noch mal „Eye of the Tiger“ an, und die Tatsache, dass ich dir das mit Sicherheit nicht erklären muss, ist ein gutes Gefühl. 🙂
    Bleibt mir noch eine Frage an dich: Dean oder Sam? Welcher ist dein Favorit? Und noch eine Frage: Welche Folge aus Staffel 1 ist deine Lieblingsfolge? Die mit dem Wunderheiler?

    LG,
    Ute

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Hi Ute,
      ich hype das ja schon ein bisschen, dass ich endlich jemanden zum rumnerden über Supernatural habe. Das ist der Vorteil wenn man soviele Jahre später damit anfängt … denn die meisten anderen, die ich kenne habe die Serie vor 10 Jahren dann irgendwie „verloren“ oder einfach nicht weitergeschaut.
      Du hast noch soviele großartige Folgen aber auch seltsame Drehbuchentscheidungen vor dir, das ist doch auch irgendwie der Zauber daran. Egal wann man eine Serie schaut. Idealerweise muss man bis dahin nicht gespoilert werden. Aber wenn das geklappt hat, ist das doch großartig!

      Und ja, „Eye of the Tiger“ ist auch einer meiner liebsten ungeskripteten Momente 😉 Man sieht, dass die Spaß mit SPN hatten.

      Ich war immer eher ein Dean-Girl. Und du?
      Witzigerweise sehe ich das heute nach sovielen Jahren etwas differenzierter. Lass uns darüber nochmal quatschen, wenn du bei Staffel 14 oder so bist 😀
      Bei der Lieblingsfolge kann ich mich nur schwer zwischen der mit dem Wunderheiler und der mit dem Gestaltwandler entscheiden. Ich mochte das gruselige Supernatural. Was ist deine Lieblingsfolge?

      Ebenso liebe Grüße

      1. Hach, nur allzu gerne nerde ich mit dir rum!
        Und “Der Wunderheiler” war thematisch auch meine Lieblingsfolge. Da klingen mal überraschend tiefgründige Töne über Leben und Tod an, und jetzt, ein gutes Stück in Staffel 2 hinein, sehe ich, dass das noch an Bedeutung gewinnen wird. Die ganze Frage, was nach dem Tod kommt, ob es einen Gott gibt etc. – alles sehr spannend.
        Für mich war auch die 3. Folge mit dem See wichtig. Die Folge selbst war eher so lala, aber da gab’s die ersten Momente, wo man die ersten Blicke hinter Dean’s coole Fassade bekommt, und das hat mich überrascht (zusammen mit der Tatsache, dass Jensen Ackles tatsächlich ein guter Schauspieler ist!). Dean fand ich bis dahin sehr Macho und eher eindimensional – und inzwischen ist er definitiv mein Favorit. Seine Figur bekommt bisher auch mehr Entwicklung als Sam. Aber wie du andeutest, kann sich das ja alles noch ändern.
        Teils bin ich, was den Ausgang der Serie und Castiel’s Rolle darin angeht, leider schon gespoilert, aber nur grob. (Wenn man auf tumblr abhängt, bleibt das nicht aus.) Details kenne ich allerdings nicht, und ich freue mich, die freien Ostertage schön weiter zu bingen!
        Staffel 2 hat ja auch direkt mit einem Hammer angefangen.
        Im Gegensatz dazu konnte ich mit der Trickster-Folge wenig anfangen. Meine Güte: düstere Emotionalität und alberne Comedy liegen in dieser Serie wirklich nah beieinander!
        Dir frohe Ostern!

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Witzigerweise ist mir das Thema Glaube und wie interessant das in der Serie umgesetzt wurde erst jetzt im Erwachsenenalter aufgefallen. Als Teen habe ich die Serie ja gesehen und mich mehr daran als Fantasymotiv aufgehangen. Wie verstörend, aber auch wichtig, es sein kann an „etwas“ zu glauben, handhaben sie aber ganz spannend bis zu einem gewissen Punkt, wo es dann wohl weniger einfallsreich wird. Sei es jetzt ob im Sinne von Familie oder Religion, usw.

          Ah verstehe, Tumblr als „Destiel“-Hochburg oder wahrscheinlich Hachburg von allem Shipping und Fangirling:boying ist da wohl … ergiebig mit Foreshadowing. ^^ Aber naja, das hat auch den Vorteil, dass du dir davon jetzt selber ein Bild machen und das bewerten kannst. Hat ja auch was.

          Ja, allerdings, Staffel 2 geht echt spannend weiter.
          Wenn das die Trickster-Folge ist an die ich jetzt denke, dann fing die zumindest ganz witzig an. Ist das die mit der pseudo-Alien-Entführung!? Und wo man die Perspektive der Brüder übereinander einnimmt? Das Ende fand ich glaube auch so-so, aber den Anfang schon sehr witzig. 🙂
          Leider nimmt ja der Gore-Anteil und das gruselige nach und nach etwas ab. Wiederum gut, wenn man Grusel nicht so mag.

          Danke, dir auch frohe Ostern und hoffentlich ruhige Feiertage :3

          1. Ist es nicht spannend, wie anders man Serien wahrnimmt, wenn man sie mit mehr Lebenserfahrung nochmal schaut? Gerade bei dieser Serie, die ja wirklich sehr verschiedene Schichten von haarsträubend über cheeky bis hin zu quasi-philosophisch und archaisch bedeutungsvoll hat, kann ich mir das sehr gut vorstellen.

            Was tumblr angeht, so bin ich keiner, der mit Shipping viel am Hut hat, und von den teils extremen pairings und hashtags halte ich mich fern, bin aber durchaus gespannt, wie es zu der riesigen destiel Community gekommen ist und wie die Show damit umgeht. Für mich gilt: Fangirling ja gerne, aber bitte immer mit Bodenkontakt und ohne irgendwelche shipper wars.
            Ja, ich meinte die Trickster-Folge mit der Alien-Entführung. Da musste ich mich echt drauf einlassen. Ich meine: zum Slow-dancing mit einem Alien gezwungen? WTF?
            Ich muss aber zugeben, dass Jared Padalecki und Jensen Ackles echtes Comedy-Talent haben, und je weiter die Serie fortschreitet, umso mehr Spaß haben sie ganz offenbar an solchen Folgen – vor allem, wenn sie sich und die Serie selbst dabei auf den Arm nehmen können.
            So, habe jetzt ein Stündchen für mich und muss das zum Weitergucken nutzen!

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