Guy Ritchie ist einer meiner Lieblingsregiesseure. Die Filme, deren Drehbücher er selbst verfasst, sind meistens komplexe und irrwitzige Gangstergeschichten. Die, bei denen er nicht selbst Feder führte, sind v.A. in letzter Zeit große, aber gute Actionkracher. Er hat Sherlock Holmes Dr. John Watson zu Actionhelden gemacht, sich fast an Madonna und diversen Remakes die Zähne ausgebissen und er versteht sein Handwerk. Wenn seine Vision in die Schnitte (cross cuts, match cuts, …) und Kameraarbeit (centre frame, …) fließt, dann gibt es in alleine einem Film mehr zu sehen als manche Multiplex-Programmwoche zu bieten hat. Umso erstaunter war ich, als ich neulich erlesen habe, dass er gar keine Ausbildung im klassischen Sinne hat. Damit meine ich nicht nur die Ausbildung an einer Filmhochschule oder sonstwas, sondern gar keinen Abschluss. Er ist von seiner Schule geflogen und hat dann irgendwie so sein Ding gemacht. Durch Nebenjobs und Kontakte kam er ins Filmgeschäft. Der Mann hat bestimmt ein paar irre Geschichten zu erzählen. Und die, die er in seinen Filmen erzählt, sind nicht minder irre. In dem Sinne – heute gibt’s sieben Filme mit dem gemeinsamen Nenner, das Guy Ritchie bei ihnen Regie führte.
Bube, Dame, König, grAS
Guy Ritchies erster Langfilm ist verglichen mit seinen anderen Gangsterfilmen und späteren Popcornkino-Actionern etwas ungeschliffen, aber ein wahrer Rohdiamant. Was den Schnitt und die optische Qualität betrifft, hat Ritchie später gelernt wie der Hase läuft. Aber das erzählerische weist auch schon hier das auf, was Guy Ritchie zu einer Instanz gemacht hat. In Lock, Stock & Two Smoking Barrels, so der Originaltitel des Films, geht es um ein paar Freunde, die versuchen sich mit halbseidenen Geschäften über Wasser zu halten: Eddy (Nick Moran), Tom (Jason Flemyng), Soap (Dexter Fletcher) und Bacon (Jason Statham). Sie versuchen es mal eine Nummer größer und sammeln eifrig ihren Einsatz für ein illegales Pokerspiel. Eddy spielt gut und soll die Vier reich machen. Aber bei einer illegalen Pokerrunde, ausgestattet von einem Mafiaboss, der sich selbst „Hatchet“ (P. H. Moriarty … man fragt sich, ob er wirklich so heißt 🙂 ) nennt, ist zu erwarten, dass das nicht gut ausgeht. Das Spiel ist gezinkt und die Vier verlieren alles und schulden ihm am Ende sogar noch eine halbe Millionen Pfund. Mit ihren Straßenverkäufen von gefälschten Uhren kriegen sie das Geld nicht innerhalb von den geforderten paar Tagen rein und sie müssen umdenken. Da kommen ihnen die dünnen Wände in ihrer WG recht. Denn da hören sie was für ein Coup nebenan geplant wird.
Guy Ritchie führte bei dem Film selbst Drehbuch und Regie und das merkt man. Seine typische Handschrift ist in seinem ersten Spielfilm deutlich spürbar. Viele verschiedene Gangster unterschiedlichster Couleur und Charaktereigenschaften verstricken sich in ein dichtes Geflecht. Wenn man mal kurz wegschaut, kann man schon verpasst haben, wer jetzt eigentlich das Geld hat und wer das Gras und wer die Gewehre. Auch wenn die schnelle Erzählweise leider noch nicht die schlauen Schnitttechniken späterer Ritchie-Filme aufweist, machen die Charaktere und wahnwitzigen Verflechtungen es wieder wett. Da outen sich unauffällig Fernsehen schauende Nebencharaktere später als große Gangsterbosse und Feuerlöscher bekommen später als erwartet eine irre Bedeutung. Bei der Auflösung und Qualität des Streifens bekommt man aber ein bisschen Zweifel. Auf der einen Seite mag das körnige Bild das Problem meiner Leih-DVD sein, vielleicht aber auch Fakt. Wenn es tatsächlich so schlecht aufgelöst ist, dann ist das etwas unter dem Standard von 1998 und hilft dem rauen Gangsterfilm-Charme auch nur bedingt.
Bube, Dame, König, grAS (OT: Lock, Stock & Two Smoking Barrels); UK, 1998, Guy Ritchie, 107 min, (8/10)
Snatch – Schweine und Diamanten
Bube, Dame, König, grAS und Snatch sind zwei von Ritchies frühen Filmen, in denen aber seine Handschrift schon deutlich erkennbar ist. Das schnelle Erzähltempo und die vielen Schnitte wird man noch über zehn Jahre später in seinen Filmen sehen. Insbesondere bei den beiden Vertretern des Heist-Films begegnen uns aber v.A. auch zahlreiche Charaktere und Handlungsstränge, die später ineinander münden. In Snatch begegnen wir sovielen Gangstern, dass man manchmal meint den Überblick zu verlieren. V.A. was ihre Interessen betrifft. Turkishs (Jason Statham) Geschäft sind illegale Boxkämpfe. Als aber durch eine Reihe unglücklicher Deals und Umstände sein bester Kämpfer ausfällt, muss er Ersatz besorgen. Kurzerhand entscheidet er sich für denjenigen, der seinen Mann erst ausgeknockt hat: den Pikey Onepunch Mickey (Brad Pitt). Der hält sich aber nicht wirklich oft an Regeln. Parallel dazu sind diverse Leute hinter dem 86-Karat-Diamanten her, den Franky Four Fingers (Benicio del Toro) in Antwerpen gestohlen hat. Der versucht ihn zu seinem Auftraggeber zu bringen, kreuzt aber dabei den Weg der planlosen Kleinganoven Sol (Lennie James) und Vinny (Robbie Gee), die ihm nicht unbedingt Glück bringen. Letztendlich laufen sich wirklich fast alle Akteure über den Weg und beeinflussen das Schicksal der anderen. Dabei immer mit Vollgas und manchmal ohne es wirklich zu merken wie sie gerade dem anderen die Tour vermasseln oder sogar den Tod des anderen besiegeln. Humor und Brutalität sind zwischendurch derb, das Tempo irre schnell – das macht das ganze zu einer rasanten Fahrt. Neben den irrwitzigen Verstrickungen, sind es aber v.A. die eigenwilligen und schroffen Charaktere, die den Film zum Kult machen. Unbedingt im O-Ton schauen. Allein die diversen Dialekte sind klasse. Nur bei Mickey macht es keinen Unterschied, den soll man nicht verstehen. Die kleine Details sind es, die dem Film seinen derb-witzigen Charme geben. Beispielsweise der Hund, der zu gern zu den Pikeys zurückrennt, ein Spielzeug frisst und ab dann beim Bellen quietscht. Ich komme aber auch nicht drum herum zu erwähnen, dass der Madonna Song „Lucky Star“ zwischendurch mal im Radio läuft.
Snatch – Schweine und Diamanten (OT: Snatch.), UK, 2000, Guy Ritchie, 104 min, (8/10)
„Snatch (2000) – Trailer“, via YouTube-Filme (Youtube)
Stürmische Liebe – Swept Away
Wie sah das wohl aus? Saßen Guy Ritchie und Madonna, damals noch verheiratet, eines schönen abends auf der Couch, sahen den Film Swept Away von Lina Wertmüller aus dem Jahr 1974 und sagten sich: Hey, lass uns den Film remaken. Du, Madonna, spielst in dem Film die weibliche Hauptrolle. Eine zickige Millionärin, die im Urlaub auf einer Yacht das Personal so rumscheucht, dass dich alle hassen und für eine furchtbare, verwöhnte Trophy Wife halten. Allen voran einer aus der Crew, der Fischer Guiseppe. Zwischen der verwöhnte Millionärin und dem Fischer entbrennt das eine oder andere Mal eine Diskussion, v.A. um Kommunismus und Kapitalismus, arm und reich und was das Geld mit den Menschen macht. Die Welten und Meinungen der Beiden scheinen unvereinbar zu sein und sie hassen sich leidenschaftlich. Als sie aber durch einen dummen Zufall auf einer einsamen Insel stranden, drehen sich die Machtverhältnisse. Guiseppe ist nun der, der das Essen ranschaffen und überleben kann, während Amber Leighton (Madonnas Rollenname) von ihm abhängig ist. Nicht, dass sie das nicht auch schon vorher gewesen wäre. Und nach und nach wachsen die Beiden zusammen. Bedingt durch ihre unterschiedlichen Charaktere und Ansichten zuerst in einer Art leidenschaftlichem Kampf, dann vielleicht sogar aus tiefstem Herzen? Zumindest sollte das so sein, abkaufen kann man es ihnen leider nicht. Ich kenne das Original nicht, aber das Remake ist eine Farce.
Punkt 1: Man kann Madonna und Adriano Giannini nur schwer abkaufen, dass sie sich verlieben und die Differenzen ihrer Gesellschaftsbilder überwinden. Punkt 2: Es ist fast schon ein bisschen lachhaft wie stark sich der Verdacht aufdrängt, dass Madonna oder irgend jemand anders Guy Ritchie irgendwie das Hirn vernebelt haben muss, dass er einen Film macht, der so stark von seinen typischen Stilmitteln abweicht. Statt Gangstern und Überlebenskünstlern geht es um verwöhnte Bling-Bling-Tussis, die erst mit einem Fischer auf einer einsamen Insel stranden müssen, um zu erkennen, dass sie mit ihrem Leben im Überfluss eigentlich unglücklich sind. Hm ja. Generell ist nichts gegen das Thema einzuwenden, aber an Ritchies filmisches Schaffen erinnern zwar einige schnelle Schnitte und Wiederholungen (man erinnere sich alleine wie oft Guiseppe in die Küche platzt und von einer neuen Eskapade der Zicke erzählt), aber das war’s dann auch. Ansonsten wird der Film v.A. durch unfreiwillige Komik dominiert. Manche Komik ist auch gewollt und wirklich witzig. Beispielsweise wenn er sie dazu anstiftet ihn nur noch Master zu nennen. Man weiß aber nicht wie man es finden soll, wenn er die Reiche schlägt, sie tritt, sie dazu auffordert zu singen und zu tanzen oder sie kurz auch mal überfällt. Das tut ziemlich weh anzuschauen. Kurz meint man es witzig zu finden, wenn Madonna schief singt, aber irgendwie liegen witzig, fremdschämend und schlimm anzusehen hier nah beieinander. Und mir fällt auf: ich will nicht sehen wie er sie überfällt. Wenn Guiseppe Amber in einer Halluzination tanzen sieht – muss man sich fragen: ist das Abhandensein anderer Frauen der Grund, warum er sich nun plötzlich so unsterblich in sie verliebt? Der Plan geht nicht auf, die zwei Welten scheinen sich nur bedingt anzunähern, es gelingt einfach nicht. Dabei ist Swept Away aber kein per se schlechter Film, nur dummerweise einer, der mehr Komödie ist als angedacht war. Und v.A. mehr Komödie als alles andere. Immerhin habe ich einige Dinge gelernt. Beispielsweise, dass ich das Original mal sehen möchte. Und dass das Original den klingenden Namen Travolti da un insolito destino nell’azzurro mare d’agosto hat, der dieses Mal im Deutschen sogar originalgetreu übersetzt wurde, einen aber trotzdem erschlägt: Hingerissen von einem ungewöhnlichen Schicksal im azurblauen Meer im August. Das ist doch mal ein Titel wie eine Wand. Übrigens ist Adriano Giannini, der hier den Guiseppe spielt, der Sohn von Giancarlo Giannini, der im Original den Seemann spielt. Und ja: das ist derselbe, der in Hannibal den Inspektor Pazzi spielt. 😉 Madonnas Rollenname ‚Amber Leighton‘ ist übrigens der Name von Ritchies Mutter, die übrigens den Titel Lady hat. Nobel nobel. Vielleicht steckt doch mehr Ritchie in dem Film als man vermutet.
Stürmische Liebe – Swept Away (OT: Swept Away), UK/Italien, 2002, Guy Ritchie, 86 min, (5/10)
Rock N Rolla
Nach 6 Jahren, einem weiteren Film mit Jason Statham (Revolver) und nach der Scheidung von Madonna kehrte Guy Ritchie mit wehenden Fahnen zu kommerziell erfolgreichen Filmen zurück. Rock N Rolla erzählt erneut eine Geschichte von Kleinkriminellen, die mehr oder weniger erfolgreich versuchen bei den big playern mitzuspielen. Diesmal sind es One Two (Gerard Butler), Mumbles (Idris Elba) und Bob (Tom Hardy), die auf dem Immobilienmarkt mitmischen wollten, aber gnadenlos am alles beherrschenden und im Geheimen lenkenden Mogul Lenny Cole (Tom Wilkinson) scheitern. Plötzlich schulden sie ihm horrende Summen, anstatt mit seiner Hilfe Geld zu machen. Das wiederum wollen sie richten, indem sie Überfälle für die Buchhalterin Stella (Thandie Newton) durchziehen, die weiß wo das Geld versteckt gehalten wird. Die wiederum arbeitet für den Russen Uri Omovich (Karel Roden), der wiederum bald Lenny drankriegt, weil der sein Lieblingsgemälde geliehen bekam und es ihm gestohlen wurde. Daraus strickt sich ein diesmal etwas koordinierter im Kreis verlaufender Abwärtsstrudel als das Bild plötzlich bei denen auftaucht, die dessen Wert gar nicht schätzen können. Das Gemälde wird ein 1A-MacGuffin, ein Stilmittel des Films. Es ist ein wiederkehrendes Element, dass alle Charaktere verbindet, aber der Zuschauer bekommt es nicht einmal zu Gesicht. Man sieht es stets von hinten, nie von vorne. Rock N Rolla wirkt etwas feingeschliffener als frühere Filme von Guy Ritchie. Die Schnitte sind vielfältig wie eh und je, die Kameraarbeit setzt eins drauf. Die Verfolgungsszene mit der stets auf die Gesichter der Flüchtenden und Jagenden zentrierten Kamera ist ein herrlicher Gegenentwurf zur shaky cam und gibt trotzdem die atemlose und wahnwitzie Verfolgsjagd wieder. Und ist extrem cool. Was die verzwickten Pfade der Handlung betrifft, nimmt Ritchie das Tempo sogar etwas raus. Es ist nicht mehr so schwierig der Handlung zu folgen, aber auch kein Film, den man mit brain off schauen kann. Vielleicht sogar das Optimum. Das einzige, was nicht so recht in den Film passen will ist leider der titelgebende Rock N Rolla – Lennys Sohn (Toby Kebbell), der als tot gilt, das aber so gar nicht erst. An seinem Beispiel wird das leben als echter Rock N Rolla gezeigt, zündet aber nur bedingt, da er trotz betonter Coolness wenig für die Handlung tut. Okay, außer dass er das Bild initial klaut. Vielleicht ist es dann auch gar nicht so schlimm, dass es nie zu dem angekündigten Spin-Off kam. Für die an Pulp Fiction angelehnte Tanzszene, Bobs und One Twos Tête-á-Tête und die spleenigen Charaktere liebe ich den Film aber sehr.
Rock N Rolla (OT: RocknRolla), UK, 2008, Guy Ritchie, 110 min, (9/10)
Sherlock Holmes
In Guy Ritchie Film-Interpretation des Stoffes von Sir Arthur Conan Doyle, sehen wir einen Sherlock, der ziemlich schnell und modern wirkt für das Ende des 19. Jahrhunderts, aber trotzdem erstaunlich nah am Buch ist. Vielleicht nicht was seine Fixierung auf Watson betrifft oder seine chaotisch-wahnwitzige Ader, aber sehr wohl was das Verkleiden betrifft und auch den Kampfsport. Robert Downey Jr.s Sherlock geht gerne mal selber in den Ring, wettet und setzt sich schon mal falsche Nase und Perücke auf, um jemanden zu verfolgen. Aber das sind alles Dinge, die im Buch vorkommen, wenn auch sehr gering dosiert. Auch wenn das Drehbuch dieses Mal nicht auf Guy Ritchies Kappe geht, beweist er zumindest, dass es mehrere Arten gibt die Geschichte zu erzählen. Wir begegnen Sherlock (Robert Downey Jr.) und Dr. Watson (Jude Law) in einem London, das gerne dreckig, gerne dekadent sein darf, zu einer Zeit wo die Tower Bridge gerade erst gebaut wurde. Ein Anblick, der einen auf angenehme Art aus dem Jetzt reißt und daran erinnert, das all die bekannten Monumente irgendwann mit viel Schweiß und Dreck errichtet werden mussten. Eine schöner Aufhänger. Vor dieser Kulisse vereitelt Sherlock ein Menschenopfer durch Lord Henry Blackwood (Mark Strong), dem magische Fähigkeiten nachgesagt werden. Nach Blackwoods Hinrichtung dauert es nicht lange und jemand meint Zeuge von Blackwoods Auferstehung geworden zu sein, sein Grab wird tatsächlich leer vorgefunden. Sherlock zweifelt an den übernatürlichen Fällen und ist scheinbar sehr bald einer Verschwörung auf der Spur. Dabei gibt es hier in der Hollywod-Pseudo-Brit-Variante des Stoffs eine sehr actionreiche Verfilmung. Sherlock und Watson hat man ansonsten nur in der britischen TV-Serie Sherlock so gesehen wie sie auch mal die Fäuste spielen lassen und sich den Bösen von Angesicht zu Angesicht stellen. Die Bromance kommt dabei auch nicht zu kurz. Rachel McAdams darf außerdem eine weitere bekannte Figur aus den Büchern verkörpern und tut das sehr kokett und gewieft: sie ist Irene Adler mit der Sherlock offenbar schon eine Vergangenheit hat. Und dieses Gesamtpaket funktioniert gut. Das einzige, was etwas weh tut ist, dass Guy Ritchie einen Film gemacht hat, den so auch viele andere hätten machen können. Seine Handschrift fehlt zu großen Teilen. Es gibt zwar Slow Motions, insbesondere wenn Sherlock die Events durchspielt, deduktiv schließt.
Sherlock Holmes, USA/UK/Deutschland, 2009, Guy Ritchie, 128 min, (8/10)
Codename U.N.C.L.E.
Im Jahr 1963 bilden der amerikanische Geheimagent Napoleon Solo (Henry Cavill) und der sowjetische Agent IIllya Kuryakin (Armie Hammer) widerwillig ein Team, um eine internationale Verbrecherorganisation zu stoppen. In deren Händen befindet sich ein deutscher Wissenschaftler und wird gezwungen eine Atombombe zu bauen. Der Schlüssel um zu ihm durchzudringen ist seine Tochter, die ostdeutsche Gabi Teller (Alicia Vikander). Als beide Agenten sich an deren Fersen heften, begegnen sie sich das erste Mal und stehen sich gegenseitig im Weg. Zwei Mentalitäten, die auch während der späteren Zusammenarbeit mit Potential für Zündstoff aufeinanderprallen … .
Codename U.N.C.L.E. basiert auf der Serie „The Man from U.N.C.L.E.“, wobei das Kürzel für United Network Command for Law Enforcement steht. Die Serie wurde 1964 ins Leben gerufen. Denkt man mal über das Szenario nach, ist es eigentlich erstaunlich, dass das funktioniert hat. Ein Amerikaner und ein Russe arbeiten zusammen – mitten im kalten Krieg. Und sie sind ein gar nicht mal so übles Team. Die Serie erfreute sich einiger Beliebtheit, es wurden mehrere Spielfilme produziert, einer sogar weit nach dem Ende der Serie 1968. Was ich erstaunlich finde, ist dass der Film im Gegensatz zu vielen anderen Medien kein festgetretenes Feindbild überstrapaziert. Jeder hat ein bisschen eine Meise, Makel und schräge Ansichten. Klar, irgendwer ist der Böse – und die sind auf die überkandidelte Bond-Bösewicht-Art böse und selbst das macht Spaß. In pointierten Dialogen wird mit den Gegebenheiten, Vorurteilen und Macken gespielt (Cowboy vs. Genosse). Zwar finden sich Hinweise und Kritik, beispielsweise wenn Ilya Gabi weismachen will, dass in Wirklichkeit ein Russe die berühmte Spanische Treppe in Rom gebaut haben soll. Ritchie findet dabei genau die richtige Schattierung zwischen Spitzfindigkeit und Humor ohne Vorurteilen zuviel Raum zu geben. Das macht Napoleon/Henry Cavill und Illya/Armie Hammer zu einem Gespann deren Gezanke ich für meinen Teil stundenlang zuschauen könnte. Insbesondere für Armie Hammer (The Social Network, J. Edgar) würde ich mir auch mehr Aufmerksamkeit wünschen. Das Gerangel und der Humor tragen den Film nicht umsonst. Und wie man es von Ritchies Filmen gewöhnt ist, kommt die Action nicht zu kurz. Anfangs noch ohne große Höhen und Tiefen, später dann mit einer rasanten, rauen Verfolgungsjagd mit verdammt guter Kamera, gutem Schnitt und tollen Einstellungen. Das Sixties-Flair, die Settings, der Soundtrack(!) und Kostüme(!) machen richtig Spaß. Ritchie lebt die Serie – hat er sie als Kind geschaut? Alle Darsteller liefern eine solide Arbeit. Nur ein Mü mehr Klamauk hätte aus dem Film ausgemachten Trash gemacht. Ein bisschen mehr Charaktertiefe hätte vielleicht nicht geschadet, aber es behauptet auch niemand, dass der Film ein schwieriges Charakterdrama sein will. Es ist kein Verbrechen, dass ein Film einfach mal Spaß macht.
Codename U.N.C.L.E. (OT: The Man from U.N.C.L.E.), USA, 2015, Guy Ritchie, 116 min, (8/10)
King Arthur: Legend of the Sword
Der König Uther Pendragon (Eric Bana) hat gerade erst einen mächtigen Zauberer in die Knie gezwungen, wird dann aber von seinem eigenen Bruder Vortigern (Jude Law) hintergangen. Der übt sich heimlich in Magie und geht einen unheiligen Pakt ein. Letzten Endes wird er der neue König und beginnt eine Schreckensherrschaft. Aber sein Neffe konnte als kleines Kind entkommen, genauso wie das magische Schwert des Königs, Excalibur, Vortigern quasi unter den Fingern entglitt und verschwand. Viele Jahre später taucht das Schwert wieder auf, steckt aber in einem Fels fest. Die Sage geht um, dass nur der wahre Thronfolger das Schwert aus dem Fels ziehen kann. Der Aufruhr im Volk ist Vortigern zuwider. Er lässt alle jungen Männer des Landes zu sich bringen, sie sollen versuchen das Schwert aus dem Stein zu ziehen. Dabei entgeht ihnen ein junger Mann, der in einem Bordell aufwuchs. Arthur (Charlie Hunnam) ahnt nichts von seiner Herkunft. Spätestens als er das Schwert aus dem Fels zieht und die Hölle losbricht.
Guy Ritchie hat Fantasy gemacht. Man merkt’s. In seiner Version der Artussage ist Arthur ein kleiner Gangster, ein charmant-arroganter Typ, der als Kind oft genug die Fresse poliert bekam, um zu lernen wie man sich durch Londiniums (London) Gassen und Gossen schlägt. Er kümmert sich in Ruhe um seinen Stadtteil, legt ein bisschen mehr Gold zur Seite als nötig und beschützt die Frauen, die ihn einst großzogen. Obwohl Hunnam Darstellung von Arthur etwas zu glatt ist und ihm zuviel gelingt, kann einem der Typ aus dem Volk nur sympathisch sein, denn er gibt nichts auf den Königstitel und will nichts von seiner Herkunft wissen. Als aber die Menschen in seiner Umgebung bedroht werden, weil seine Herkunft aufgeflogen ist, gibt es kein Zurück mehr. Es ist allerdings anzuzweifeln, dass harte Artus-Fans mit der Umsetzung glücklich werden. Da kontrollieren die Zauberer riesengroße Kampf-Elefanten und Schlangen, Mordred ist ein böser Zauberer und nicht ein Sohn von Arthur und die Kostüme könnten auch alle ein bisschen dreckiger sein. Insbesondere die gelackten Uniformen der Garde des Königs sind nichts für Frühmittelalter-Romantiker. Guy Ritchie dehnt das Spektrum des Möglichen dieses Mal etwas. Zwar ist die Formel seiner Klassiker-Neuinterpretation wie bereits bei Sherlock Holmes gewohnt gut, aber einige moderne Elemente sind etwas over-the-top und zu gelackt. Andere wiederum sind gekonnt und erinnern uns, dass London/Londinium von Römern gegründet wurde. Und so sieht es auch aus – eine unerwartet aufschlussreiche, filmische Zeitreise. Aber zurück zu gelackt: Arthur übersteht die einen oder anderen Endgegner-Kämpfe etwas zu leicht, was man ihm nur deswegen verzeihen kann, weil er zwischendurch ziemlich oft aufs Maul bekommt und einige herbe Verluste einstecken muss. Die anderen Charaktere neben ihm wie Goosefat Bill (Aidan Gillen), Mage (Àstrid Bergès-Frisbey), Sir Bedivere (Djimon Hounsou) und viele andere wurden zwar wunderbar divers gecastet, aber weisen leider einen Mangel an starken Frauencharakteren auf und einen ebenso großen Mangel an Hintergrund-Geschichte. Über diese kleinen Schwächen kann man v.A. dank der rasanten Story hinwegsehen, die in gewohnter Guy-Ritchie-Manier mit cleveren Dialogen, vollgestopft mit cross cuts, jump cuts, match cuts und allerlei anderen smarten Schnitten und Transitions den Zuschauer einfängt. Die allseits beliebte Sprintszene (u.a. auch so ähnlich in Rock’n’Rolla zu sehen) ist auch wieder dabei. Auf Guy Ritchie kann man sich verlassen. Langweilig wird es definitiv nicht, eingestaubt ist es auch nicht. Fast schon ein bisschen zu rasant um noch allem folgen zu können. Aber mit einem gekonnten Hauch von Komik und schnoddriger Badass-Attitüde. Ich muss an dieser Stelle mal festhalten, dass Jude Law hervorragend den Bösen mimt. Dazu der wirklich geniale Soundtrack des mir bis dahin unbekannten Daniel Pemberton voller Schnaufen, Atmen, Stampfen, mittelalterlichen Gesängen gepaart mit harten Bässe. Extrem gut
„OFFICIAL: Assassins Breathe – Daniel Pemberton – King Arthur Soundtrack“, via WaterTower Music (Youtube)
King Arthur – Legend of the Sword, USA, 2017, Guy Ritchie, 127 min, (8/10)
Schaut man sich so Guy Ritchies Filmografie an, dann merkt man unweigerlich, dass er etwas kommerzieller geworden ist. Aber er ist meines Erachtens nach einer der wenigen Regiesseure, bei denen das nicht weh tut. Nur zwei Filme fehlen mir hier übrigens. Sherlock Holmes: Spiel im Schatten (ich glaube das ist tatsächlich meine erste Filmreview, die ich hier im Blog geschrieben habe) und Revolver. Letzteren schaue ich demnächst und dann habe ich alle mindestens einmal gesehen. Und einige davon noch viel öfter. So richtig wird er das Massenkino nach Sherlock Holmes vielleicht nie wieder rocken, wenn er seinen Stil beibehält. Gerade, wenn ich an ‚Snatch‘, ‚Lock, Stock …‘ und ‚Rock N Rolla‘ denke, dann sind die Handlungen viel zu verstrickt und benötigen zuviel Aufmerksamkeit beim Schauen. Unterschätze ich die Kinogänger, wenn ich die Mehrheit über einen Kamm schere und sage, dass sie das vielleicht gar nicht zu schätzen wissen? In jedem Fall ist er für mich ein Ausnahmeregiesseur, der ohne die klassische Film-Ausbildung mehr aus dem Repertoire des Mediums rausholt als die meisten. Welche seiner Filme habt ihr gesehen? Welche gefallen euch und welche eher nicht? Gibt es ikonische Szenen, die ihr feiert? Und was sagt ihr zu dem Shift vom Gangsterfilm zum Popcornkino?
„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.
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